Imposant, geschichtsträchtig, wertvoll
24.04.2024
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Nicht ohne Grund sind historische Gebäude eine besondere Art von Immobilie, denn sie sind Symbol für den Lauf der Zeit und bilden einen Kontrast zur Moderne, wie wir sie kennen. Bekanntlich haben Wände Ohren, aber hätten sie auch Stimmen, einen Mund zum Sprechen… welche Geschichten sie wohl erzählen könnten? Ihre besondere Position auf dem Immobilienmarkt bleibt jedenfalls genauso zeitlos wie die Gebäude selbst.
In Deutschland gibt es rund eine Million Denkmäler (Kulturfinanzbericht 2022). Zu diesen zählen neben Burgen, Schlössern und Kirchen auch Gärten, Parks, bewegliche Denkmäler wie etwa Lokomotiven oder Kleidungsstücke sowie Bodendenkmäler in Form von beispielsweise Grabhügeln oder Überresten von Befestigungsanlagen. Wer allerdings das Privileg besitzt, Privateigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes zu sein, darf sich nicht nur über sein persönliches Stück Geschichte freuen, sondern auch über Steuererleichterungen. Eine solche Erleichterung: Die Gewinne im Fall eines Wiederverkaufs sind steuerfrei. Aus (unter anderem) diesem Grund ist dieses Segment als Kapitalanlage besonders beliebt.
Auch als Gewerbeimmobilie sind Denkmalimmobilien eine gute Alternative zu Glasfassaden und Stahlbalken. Da bei ihnen auch die Sanierung bedacht werden muss, stellt sich die Frage: Sind sie ins Value-Add-Segment einzuordnen? „Denkmalschutz bedeutet nicht automatisch Value-Add, aber de facto gibt es natürlich oft diesen Zusammenhang“, meint Carolin Brandt, stellv. Bereichsleiterin Asset Management bei HIH Real Estate. „Es gibt durchaus wunderbar sanierte Denkmalimmobilien am Markt.“ Fabian Spindler, Geschäftsführer und Managing Director von Jamestown US Immobilien, stimmt seiner Branchenkollegin zu. Besonderen Wert könnten Investoren heben, wenn sie das Erbe einer Immobilie fortführen und so nachhaltig für heutige und künftige Generationen in zeitgemäße Nutzungskonzepte umsetzten. Historische Objekte könnten auf eine andere Art und Weise nachhaltige Nachfragepotenziale bieten, so Spindler: „Etwa, wenn sie sich als Landmark-Immobilie im jeweiligen Stadtbild etablieren. Es geht also eben nicht um Neubau-Standard und Effizienz, sondern um die kulturelle und historische Bedeutung.“
Denkmalschutz ist nicht gleich Denkmalschutz
Es käme im Wesentlichen darauf an, ob das komplette Gebäude oder nur Teile davon unter Denkmalschutz stünden, betont die Asset Management-Expertin von HiH Real Estate, Carolin Brandt. Grundsätzlich schränke der Denkmalschutz die Eigentümerrechte aber ein. Mit dem Kauf eines solchen Gebäudes verpflichten sich Eigentümer – daher auch die Investoren – schließlich dazu, es instand zu halten und vor allem, es vor dem Abriss zu bewahren. Für gewünschte, beziehungsweise geplante Veränderungen müssen entsprechend Genehmigungen der zuständigen Behörden eingeholt werden. „Die damit verbundene Komplexität kann zusätzliches zeitliches oder finanzielles Investment erfordern“, meint Jamestown-Managing Director Fabian Spindler. Insbesondere die energetische Aufrüstung historischer Gebäude könne enorm schwierig und teuer sein. „Je nach Struktur des Gebäudes und der Art des Denkmalschutzes kann die Fassadendämmung etwa deutlich erschwert bis unmöglich sein“, so Brandt. „Das hat natürlich enorme Auswirkungen auf eine mögliche Sanierung und den individuellen Dekarbonisierungspfad einer Immobilie.“ Gerade in solchen Fällen seien vertikal integrierte Investoren im Vorteil, die sowohl das strategische Konzept als auch die operative Umsetzung aus einer Hand anbieten können, fügt Spindler hinzu. Es brauche neben Asset-Management-Expertise auch Kompetenz im Bereich Architektur, Projektentwicklung, Marketing, Vermietung und Technologie. Auf einer solch breiten und interdisziplinären Grundlage ließen sich Innovation und Restauration vereinen.
Besonders im Hinblick auf das immer wichtiger werdende Thema Umnutzung gibt es bei Denkmalimmobilien einige Schwierigkeiten zu meistern. Fassadeneingriffe wie beispielsweise Fenstervergrößerungen seien aufgrund des Denkmalschutzes nicht möglich, bringt Carolin Brandt an, was für eine moderne Wohn- und Büronutzung eine große Herausforderung darstelle. Nutzungskonzepte müssten also noch kreativer sein, um trotz der Einschränkungen nachhaltige Aufwertungen und Vermietungserfolge sicherstellen zu können. Die genannten Punkte sind an sich schon zeitintensiv. Bedenkt man Deutschland als Land der Bürokratie und Behörden, kann man sich den Rest vorstellen. Die stellv. Bereichsleiterin rät – um das gemeinsame Ziel der Effizienz zu erreichen – ein pragmatischeres Vorgehen: „Man sollte den Schulterschluss mit Investoren bzw. Eigentümern suchen, um unseren historischen Gebäudebestand zu schützen und nachhaltigen Nutzungen zuzuführen.“
Etwas ganz Besonderes
Denkmalimmobilien wirken wie die Königsdisziplin der Branche, das Kronjuwel. Sie in das moderne Heute zu führen, ohne dabei den Glanz vergangener Zeiten zu trüben, erfordert besonderes Feingefühl; vor allem erfordert es aber Geduld, Zeit und Geld. „Es gilt, die individuelle Geschichte eines Objektes mit dem jeweiligen Standort, den lokalen Bewohnern sowie einem maßgeschneiderten Design- und Nutzungskonzept sinnvoll zu verknüpfen“, betont Spindler abschließend. Hierin liegen das Alleinstellungsmerkmal und die potenziell attraktive Wertschöpfung. Laufen diese Faktoren erfolgreich zusammen, erstrahlt ein altes Gebäude in neuem Glanz. (ml)