Im Süden ist die Welt noch in Ordnung

02.08.2015

Foto: © famveldman - Fotolia.com

Der deutsche Immobilienmarkt besticht im Vergleich mit (Nachbar-)Ländern wie Frankreich, Polen und England durch seine polyzentrische Struktur: Nicht nur in der Hauptstadt pulsiert das Leben, sondern auch in den Bundesländern ziehen eine ganze Reihe von vitalen Städten Arbeitskräfte, Wohnbevölkerung und in Folge auch Investoren an. Dies gilt insbesondere für den Süden.

Bereits vor einem Jahr stellte die Postbank als Ergebnis ihrer regelmäßigen Studie in Zusammenarbeit mit Prognos zur Attraktivität von deutschen Immobilienstandorten fest, dass außer den Metropolen (Hamburg, Berlin, Frankfurt, München) der süddeutsche Raum das höchste Wertsteigerungspotenzial für Immobilien bietet. Unter den 10 Landkreisen, die in der diesjährigen Studie am besten wegkommen, befinden sich allein 9 aus Südbayern; Platz 10 geht an Breisgau-Hochschwarzwald in Baden-Württemberg.

Woraus resultiert diese Dominanz des Südens?

Immobilien sind immer dort am werthaltigsten, wo die Bevölkerung wächst – denn Grund und Boden sind nur begrenzt vorhanden und nicht vermehrbar und markieren bei steigenden Einwohnerzahlen den Engpassfaktor, der sich auf freien Märkten in erster Linie finanziell bemerkbar macht – Wohnraum wird teurer, wenn er knapp ist. Wo wächst die Bevölkerung? An Standorten, die für junge Menschen attraktiv sind. Wo Studenten auch nach Abschluss des Studiums gute Berufsaussichten haben, schlagen sie gern mehr als nur ihre Zelte auf. Wo Infrastruktur, kulturelles Angebot und wirtschaftliche Aussichten positiv zusammentreffen und die Erwartung nähren, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird, lassen sich Menschen und Unternehmen gerne nieder – und setzen damit eine sich selbst erhaltende Aufwärtsspirale in Gang. Laut der aktuellen Bertelsmann-Studie zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland wird sich bis 2030 der ländliche Raum mit zum Teil drastischen Rückgängen der Einwohnerzahl überwiegend auf der Verliererseite befinden. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen werden unterm Strich profitieren – allerdings auch hier nicht das flache Land, sondern die Mittel- und Großstädte jeweils im Süden dieser Bundesländer.

Immer wieder wird diskutiert, ob angesichts der hohen Mieten und Kaufpreise bspw. in der Landeshauptstadt München eine Blasenbildung zu befürchten oder gar bereits festzustellen sei. Iris Schöberl, Regionalvorsitzende des ZIA Süd, fasst die Ergebnisse des Frühjahrsgutachtens Immobilienwirtschaft 2015 wie folgt zusammen: „Die Münchener Immobilienwirtschaft befindet sich im Aufschwung. Eine Preisblase gibt es nicht, und wir sollten sie auch nicht herbeireden. Und auch wenn in der öffentlichen Wahrnehmung der Fokus meist auf dem Thema Wohnen liegt …

… für eine nachhaltige Entwicklung von Städten dürfen wir die Büro- und Einzelhandelsimmobilien nicht aus den Augen verlieren.“

Im Jahr 2014 lag München mit einem Investitionsvolumen in Büroimmobilien in Höhe von 4,8 Mrd. Euro und damit 2 % über dem Ergebnis von 2013 auf Platz 2 knapp hinter Frankfurt. Die Leerstandsquote von nur noch 6,2 % ist laut ZIA deutschlandweit spitze, und auch der Markt für Einzelhandelsimmobilien trotzt dem Wettbewerbsdruck durch den Online-Handel und weist zumindest in der Innenstadt eine Rekordsteigerungsrate von 10 % gegenüber dem Vorjahr auf. Wegen der Flächenknappheit in der Innenstadt sind die Nachfrager sowohl von Wohn- als auch von Gewerbeflächen zunehmend gezwungen, in Richtung Stadtrand auszuweichen. Ein Immobilienmarkt ohne große Phantasie für überragende Preissteigerungen also – aber gleichzeitig mit hoher Wahrscheinlichkeit für Werterhalt.

Die Münchener WealthCap setzt deshalb auch weiterhin bei Gelegenheit auf ihren Heimatmarkt und hat aktuell gleich zwei Fonds mit Münchener Immobilien im Angebot: Der „Deutschland 37“ investiert zentrumsnah in ein Bürogebäude in der Nähe der Theresienwiese. Gut 30.000 m² Mietflächen sind bis Februar 2023 an die global tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG vermietet. Da der Fonds nicht risikogemischt ist, müssen Anleger mindestens 20.000 Euro zeichnen. Bereits ab 10.000 Euro steht Privatinvestoren der „Immobilien Deutschland 38“ des Münchener Initiators offen: Hier beteiligen sich Anleger an drei Gewerbeimmobilien in der bayerischen Hauptstadt: dem Business Center am zentralen Omnibusbahnhof ZOB an der Hackerbrücke, das seit dem Boom des Fernbusgewerbes einen erheblichen Aufschwung erfährt, am Campus M Business Park im Gewerbegebiet „Am Schatzbogen“ und an den Gewerbeobjekten in der Hufelandstraße im Gewerbegebiet „Am Hart“. Drei Objekte mit Hauptmietern wie ARAG, BMW, Elsevier, Semcon und Schaltbau bieten einen diversifizierten Kontrast zum 37. Fonds, setzen aber gleichermaßen auf die boomende Isarmetropole.

Doch Bayern ist nicht nur München.

Die Frankenmetropole Nürnberg in Mittelfranken, die zweitgrößte Stadt Bayerns, hat eine gute halbe Million Einwohner mit seit Mitte der 90er Jahre positiver Entwicklung, die Wachstumsrate von um die 2 % liegt über dem bayerischen und erst recht über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Nürnbergs Arbeitsmarkt zieht Pendler aus dem nordbayerischen Raum sowie den südlichen Regionen Thüringens und Sachsens an. Den Schock durch die Insolvenz von Quelle (einem der ehemals größten Arbeitgeber) im Jahr 2009 hat die Stadt inzwischen weitgehend verdaut. Auch in Sachen Einzelhandelsimmobilien ist Nürnberg München dicht auf den Füßen: Mit einem Einzugsbereich von rund 2 Millionen Menschen positioniert sich die Stadt als Magnet für das weitere Umland. Die Erlanger ZBI als ein in Franken tief verwurzeltes Emissionshaus und Assetmanager hat das schon längst erkannt und deshalb mit dem „ZBI Regiofonds“ ein spezialisiertes Angebot für Frankenfans maßgeschneidert. „Durch unsere langjährige Erfahrung im Wohnimmobiliensektor gerade in unserer Heimatregion und der Vernetzung beispielsweise mit den regionalen Banken können wir deren Kunden so die ideale Möglichkeit bieten, am Wachstum der Metropolregion Nürnberg teilzuhaben“, begründet Marcus Kraft, Vorstand Marketing und Vertrieb der ZBI AG, den Schritt.

Ebenfalls in der Metropolregion Nürnberg liegt Bayreuth, das seit der Wiedervereinigung sehr von seiner Lage an der A9 (Berlin-München) profitiert. Früher als verschlafenes Nest in Oberfranken, jenem Regierungsbezirk, der häufig als „Bayerisch-Sibirien“ geschmäht wird, hat sich Bayreuth als Industriestandort und mit seiner wachsenden Universität unter den Hauptwachstumsträgern der vom Wegfall der Zonenrandförderung gebeutelten Region entwickelt. Hier investiert der „Strategische Handelsimmobilie Plus Nr. 4“ der HTB in eine vollvermietete, frisch sanierte Denkmalschutz-Gewerbeimmobilie mit mehreren Mietern aus dem Bereich Lebensmittel-Nahversorgung und medizinische Versorgung. Ankermieter sind REWE und Netto sowie die Barmer Ersatzkasse. Zwar gilt der Fonds als nicht risikogemischtes AIF und hat deshalb eine Mindestzeichnungssumme von 20.000 Euro, die vielen verschiedenen Mieter bieten dennoch eine gewisse Risikostreuung für Franken-Fans.

Bayerns Nachbar im Westen steht seit jeher für wirtschaftliche Solidität: „Schaffe, schaffe, Häusle baue“ ist der schwäbische Wahlspruch und hat dort nichts von seiner Aktualität verloren, schon seit Jahren herrscht in Baden-Württemberg faktisch Vollbeschäftigung. Insbesondere der Stuttgarter Bürovermietungsmarkt ist mit dem Rekordumsatz von 72.000 m² im 1. Quartal 2015 hervorragend gestartet. Alexander Veiel von der Stuttgarter Niederlassung des Immobilienspezialisten Jones Lang LaSalle konstatiert: „Besonders der Vermietungsmarkt profitiert von der guten Konjunktur und den Einstellungen der Industrie. Wie erwartet, ziehen nun viele Dienstleister nach und stocken ihre Personalressourcen ebenfalls auf.“ Zusätzliche Arbeitnehmer wiederum müssen und wollen wohnen und konsumieren – damit steht einer Fortdauer der schwäbischen Erfolgsstory nichts im Wege. Das Mieten-Ranking von empirica weist Stuttgart als zweitteuerste Stadt in Deutschland im Neubau-Bereich aus (s. Tabelle).

Laut Colliers sind an den großen Transaktionen am Stuttgarter Immobilienmarkt vor allem offene Immobilienfonds und Spezialfonds beteiligt, und auch daran dürfte sich so schnell nichts ändern: „Angesichts der für den Immobilieninvestmentmarkt anhaltend günstigen Rahmenbedingungen ist auch für die zweite Jahreshälfte eine überdurchschnittlich hohe Investitionsdynamik zu erwarten – im Hinblick auf bereits in Verhandlung befindliche weitere großvolumige Transaktionen lässt sich ein Transaktionsvolumen von signifikant über 1 Mrd. Euro prognostizieren“, erwartet Frank Leukhardt, Geschäftsführer von Colliers International in Stuttgart. Dementsprechend hat der neue offene „Grundbesitz Fokus Deutschland“ der Deutschen Asset & Wealth Management als erste Assets Büro- und Geschäftshäuser in Stuttgart und Nürnberg erworben. „Wir achten auf eine ausgewogene Mischung der Immobilien und investieren neben den Metropolen in Deutschland auch in Mittelstädten, wie zum Beispiel Nürnberg“, begründet Ulrich Steinmetz, Head of Portfoliomanagement, die Auswahl.

Die Ampel für Immobilieninvestments im Deutschlands Süden steht demnach auf Grün: Billig kann man dort nicht einkaufen, aber preiswert in Relation zu den hervorragenden Zukunftsaussichten. _(sk)

_