Im Osten geht die Sonne (zaghaft) auf

30.08.2023

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Die Zinswende hat die Laune am Immobilienmarkt verdorben. Laut CBRE summierte sich das Transaktionsvolumen am deutschen Wohnimmobilienmarkt im 1. Halbjahr auf 3,1 Mrd. Euro. Ein deutlicher Rückgang im Vorjahresvergleich. Insbesondere das 2. Quartal zeigte die Schwäche an den Märkten. Mit Blick nach vorne dürfte sich die Lage wieder etwas beruhigen. Regional könnte sich auch der Blick auf ausgewählte Städte Ostdeutschlands lohnen. Industrieansiedlungen sollten Ballungszentren weiter beleben.

Es ist ein Dreiklang, der die Lage an den Immobilienmärkten eingetrübt hat: Zinsen hoch, Materialkosten gestiegen und teilweise rar sowie letztlich ein Investitionsstau. Laut einer Studie der DZ BANK werden die Preise für Wohnimmobilien in diesem Jahr angesichts schwieriger Rahmenbedingungen zwischen 4 und 6 % sinken. 2022 hatten sie noch um 7 % zugelegt. „Gemessen an den erheblich schlechteren Finanzierungskonditionen, der Unsicherheit über zukünftige Investitionen in eine energetische Sanierung und neue Heiztechnik erscheint der Preisrückgang im einstelligen Prozentbereich moderat“, bemerken die Experten. „Möglicherweise halten sich Verkäufer mit Preiszugeständnisse noch zurück, weil sie etwa auf sinkende Zinsen spekulieren“, mutmaßen die Autoren der Studie. Klar scheint, dass insbesondere die Lage und der energetische Zustand bei Bestandsimmobilien bzw. die entsprechende Eingruppierung in die Energieklasse ausschlaggebende Faktoren für die Attraktivität von Wohnimmobilien sind und sein werden. Natürlich konzentriert sich der hiesige Wohnimmobilienmarkt zu großen Teilen auf die westdeutschen Bundesländer. Doch auch der Osten ist zunehmend beliebt. Auch, weil sich Industriezweige teilweise ansiedeln.

Bodenpreise und gute Anbindung

Tesla, CATL oder Intel – drei Konzerne, die im Osten der Republik investieren. Es tut sich etwas in den ostdeutschen Bundesländern, insbesondere in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Für diese Standorte sprechen die relativ kurzen Transportwege innerhalb Europas. Der Flughafen Leipzig-Halle ist ein beachtliches Luftfrachtdrehkreuz. Universitäten und Forschungseinrichtungen genießen teilweise großes Ansehen weit über die Bundesgrenzen hinweg. Es gibt viele gute Gründe für diese Ansiedlungen. „Die vergleichsweise günstigen Bodenpreise und Gewerbemieten, ein unterstützendes politisches Umfeld, die Nähe zu Universität- und Forschungseinrichtungen sowie die sehr gute Anbindung an den deutschen und europäischen Binnenmarkt“, sagt George Salden, CEO der Capital Bay Group, und fügt hinzu, dass mit neuen Arbeitsplätzen in Ostdeutschland auch die Wohnraumnachfrage steige. Vor allem internationale Fachkräfte suchten nach modernen Wohnungen mit Services wie einem Concierge und Raumklimatisierung. Keine Einzelmeinung. Andreas Schrobback, CEO der AS Unternehmensgruppe Holding, pflichtet dem bei: „In Wachstumsstandorten wie Leipzig, Magdeburg, Halle, Erfurt, Dessau, aber zum Beispiel auch in Merseburg und Markkleeberg können unsere Käufer noch Renditen von 3,5 bis 4 % erwarten. Wir sind in Ost- und Mitteldeutschland sehr gut vernetzt. Ich halte diese Regionen langfristig für sehr attraktiv. Leipzig ist weiterhin die am stärksten wachsende Metropolregion in Deutschland.“ Landflucht und der Trend zur Urbanisierung sind in Ostdeutschland ausgeprägter als im Westen. Entsprechend zieht es auch weiterhin die jungen und gut ausgebildeten Menschen vor allem in einige wenige Städte bzw. deren Umland.

Bezahlbarkeit ein treibender Faktor

„Kennzeichnend für die ostdeutschen Städte ist die geringe Eigentumsquote. Der hohe Mietanteil macht die ostdeutschen Großstädte – sofern sie über ein entsprechendes Wachstumspotenzial verfügen – für (institutionelle) Investitionen interessant. Angesichts der vergleichsweisen geringen Einkommen ist der Faktor der Bezahlbarkeit äußerst wichtig. Wer nicht von blühenden Landschaften träumt, sondern die Situation richtig einschätzt, wird in Ostdeutschland gute Einstiegsmöglichkeiten finden“, sagt Petra Müller, Head of Conceptual Development und Communication bei der DLE Land Development. Natürlich kann sich der ostdeutsche Wohnimmobilienmarkt nicht dem allgemeinen Abwärtstrend der vergangenen Monate entziehen. Nach Recherchen von Wüest Partner ist die Zahl der inserierten Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser stark gestiegen, weil viele Objekte deutlich länger auf dem Markt bleiben. Unterdessen, so die Autoren, haben die regionalen Unterschiede auf dem ostdeutschen Wohnimmobilienmarkt weiter zugenommen. So stieg der Median der Angebotsmieten in der Bundeshauptstadt Berlin vom Durchschnittswert des Jahres 2022 bis zum 1. Quartal 2023 um satte 21,2 %. Der Median der Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen ging leicht um 0,5 % zurück. Demgegenüber sanken die Kaufpreise in Cottbus um 8,2 % und in Jena sogar um 9,6 %. Als Beimischung oder bei zu teuren Lagen in den westdeutschen Bundesländern ist der Osten durchaus lohnenswert. Entsprechendes Know-how vorausgesetzt und zentriert auf prosperierende Städte. (ah)