Hohe Risiken für Immobilieninvestments – optimale Marktlagen gab es nie

01.02.2023

Foto: © SasinParaksa - stock.adobe.com

Zweistellige Inflationsraten, Eskalation im Ukraine-Krieg, Zinswende und dysfunktionale Lieferketten. Die Ursachen für die schwierige Situation im Bereich Projektentwicklungen sind längst bekannt, aber sie verstärken sich immer weiter. Daher verwundert es kaum, dass aus dem Anfangsschock im Frühjahr inzwischen eine latente Unsicherheit geworden ist. Investoren halten sich zurück, langfristige Projekte scheitern an der Kalkulation und wer nicht bauen muss, fängt oft gar nicht erst an.

Dabei ist Chance für positive Nachrichten ebenso hoch wie die für negative: Offene Immobilienfonds erhalten weiter Mittelzuflüsse, Banken wollen weiter Geschäfte machen, die Zahl der Erwerbstätigen ist hoch und die Leerstandsraten halten ihr Niveau. Selbst eine drohende Rezession kann der Markt verkraften – das hat die Vergangenheit gezeigt. Doch was die Zukunft bringt, ist ungewiss, zu unvorhersehbar scheinen die einzelnen Variablen, das potenzielle Risiko für Investoren wirkt zu hoch. In dieser Situation schlägt die Stunde der qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Entwicklungen. Denn auch in der aktuellen Marktlage gibt es kein Risiko, das nicht bewältigt werden kann – solange es nur korrekt eingepreist ist. In den vergangenen Jahren wurde das Risiko zu einem geringeren Wert kalkuliert.

Der Markt ist auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht 

Die Unsicherheit hat zu schwächeren Transaktionszahlen auf den Märkten geführt: CBRE-Analysen zufolge lag das Investmentvolumen zum dritten Quartal 2022 15 Prozent unter dem Volumen des Vorjahres. Zwar gab es jüngst wieder vermehrt Transaktionen, doch auf eine dynamische Entwicklung bleibt weiter zu warten. Es sind die Abweichungen zwischen den Preisvorstellungen der Käufer und Verkäufer, die das Transaktionsgeschehen bremsen. In dem Spannungsfeld zwischen sich verändernden Finanzierungsmöglichkeiten, steigendem Kapitaldruck und vorherrschenden Preiserwartungen muss sich der Investmentmarkt erst einpendeln. Diese Unsicherheit missfällt sowohl Unternehmen, Banken und Investoren – höhere Eigenkapitalanforderungen und nachhaltige Projekte sind für Investoren derzeit die größten Stabilitätsanker.

Die Luft wird dünner – wer minderwertig entwickelt, verschwindet vom Markt 

Die angesprochenen Herausforderungen bedeuten eine Belastungsprobe für bestehende Methoden der Fremdkapitalaufnahme beziehungsweise für den LTV: In der Krise zeigt sich, wer bei der Finanzierung auf Sand gebaut hat und zu risikoreich vorgegangen ist, beispielsweise in Form einer übermäßigen Mezzaninkapitalaufnahme.

In der Vergangenheit stetig gestiegene Grundstückspreise eröffneten so manchen Marktteilnehmern die Gelegenheit, sehr stark zu hebeln: Die stetig steigenden Bodenrichtwerte sowie der dadurch begünstigte Weiterverkauf zu einem höheren Preis war die treibende Kraft hinter diesem Geschäftsmodell. Selbst wenn das Grundstück gar nicht erst entwickelt wurde. Nicht selten blieb der Mehrwert des eigentlichen Immobilienkonzepts dabei auf der Strecke – die Bodenspekulation war so erfolgreich, dass letztlich zweitrangig war, was genau auf dem Grundstück entstehen sollte. Bei solchen Vorhaben wurde teilweise noch nicht einmal eine Baurechtschaffung in die Wege geleitet.

Diese Praktik steht nun vor dem Ende: Wer zu offensiv investiert hat und den Bau nicht realisieren kann, muss nun womöglich mit Abschlägen verkaufen, da die Kapitalkosten ansonsten überhandnehmen. Investoren können jedoch nicht jeden beliebigen Preis zahlen, da sie die aktuellen Marktrisiken korrekt einpreisen müssen, um ein ausreichendes Sicherheitsniveau zu erreichen. Die Marktpreise werden sich wieder stabilisieren.

Was aktuell zu beobachten ist, ist nicht mehr und nicht weniger eine Marktbereinigung. Die Baupreise werden sich mittelfristig weiter auf hohem Niveau bewegen, das lässt Spekulanten keinen weiteren Spielraum. Jetzt sind also nachhaltige Strategien und Finanzierungsmodelle gefragt.

Wer schlecht vorbereitet ist, erlebt unangenehme Überraschungen

Bei Projektentwicklungen bleibt für Investoren auch unabhängig der aktuellen Situation immer ein Restrisiko: Planungs-, Vermietungs- und Finanzierungsunsicherheiten lassen sich nie vollständig eliminieren. Spezielle Objektrisiken, die bereits im Vorhinein auszuschließen sind, gibt es nicht. Aber die aktuelle Ausnahmesituation zeigt, dass es für Projektentwickler mit belastbaren Konzepten weitergeht. Mehr denn je entscheidet eine sorgfältig erarbeitete und durchdachte Strategie über Erfolg und Misserfolg eines Projekts.

Grundstein für jedes erfolgreiche Bauprojekt ist ein ausreichender finanzieller Puffer. Mit Pandemie, Krieg und Inflation haben die vergangenen Jahre und Monate gezeigt, dass es ohne finanziellen Spielraum nicht geht. Selbstredend ist es verführerisch, am Posten für „Unvorhergesehenes“ zu sparen, doch im Endeffekt lohnt es sich für Investoren, auf Eventualitäten vorbereitet zu sein. Störungen der Lieferketten rufen ins Gedächtnis, dass die Bauzeit selbst von diversen Variablen bestimmt wird. Auch in dieser Hinsicht müssen Projektentwickler frühzeitig mitdenken, Risiken abwägen und Preise justieren. Dementsprechend gehört es auch dazu, in einigen Fällen abzuwarten, bis potenzielle Verkäufer sich von ihren gegenwärtigen, womöglich überhöhten Preisvorstellungen zu lösen bereit sind.

Ohne einen offenen Dialog bleibt keine Chance 

Der Erfolg eines Projekts entsteht jedoch immer erst im Zusammenwirken der beteiligten Parteien: Der jeweilige Handelspartner spielt eine entscheidende Rolle. Haben Verkäufer und Käufer ein ehrliches Interesse an einer kooperativen Partnerschaft, stehen die Zeichen gut, den richtigen Preis für das Areal zu finden. Gerade bei mittelständischen Unternehmen kann es durchaus sinnvoll sein, einen einzelnen Handel so abzuschließen, dass man dem Partner ein Stück weit entgegenkommt – um eine langfristig positive Beziehung weiter zu stärken oder diese aufzubauen. Das Verhalten in der Krise stellt die Weichen dafür, wie sich die eigene Reputation in den nächsten fünf oder auch zehn Jahren entwickeln kann.

Fazit: Die Risiken für Investoren bleiben beherrschbar

Der Immobilienmarkt befindet sich mitten im Wandel. Angesichts des steigenden Risikobewusstseins reagieren Investoren sensibler. Jetzt kommt es darauf an zwei Faktoren bei der Preisbildung in ein neues Licht zu rücken: Zeit und Geld müssen im Einklang mit nachhaltigen Finanzierungsmodellen, ausreichenden Puffern, langfristiger Planung und transparenter Kommunikation gedacht werden – dieses Zusammenwirken bietet Investoren nach wie vor Sicherheit.

Autor: Ingo Weiss, Geschäftsführender Gesellschafter bei der DRIVEN Investment GmbH