Hausarbeit als Beruf in der BU

28.07.2023

RA Bernhard Gramich - Foto: © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Ist Hausarbeit im Sinne der Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung als versicherter Beruf anzusehen? Maßgeblich für die Beurteilung des Grades der Berufsunfähigkeit jedenfalls ist der „Beruf“, den die versicherte Person in zuletzt gesunden Tagen konkret ausgeübt hat. Über ein aktuelles Urteil des OLG Saarbrücken berichten Jöhnke & Reichow Rechtsanwält.

Das Recht der Berufsunfähigkeitsversicherung versteht unter einem „Beruf“ jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und die der Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage zu dienen bestimmt ist. Die Tätigkeit muss also grundsätzlich darauf angelegt sein, mit dieser ein Einkommen zu erzielen. Es darf sich ferner nicht um eine von vorneherein nur kurzfristige Tätigkeit, wie beispielsweise Ferienjobs oder Gelegenheitsarbeiten handeln. Bei diesen fehlt es nämlich daran, dass der Beruf auch geeignet sein muss, die Lebensstellung der versicherten Person zu prägen.

In der Regel wird in der Rechtsprechung angenommen, dass Tätigkeiten, die weniger als sechs Monate ausgeübt werden, die Lebensstellung noch nicht prägen. In Ausnahmefällen kann aber schon die Ausübung einer Tätigkeit für einen Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten geeignet sein, die Lebensstellung der versicherten Person zu prägen. Schließlich darf es sich auch nicht um eine strafbare, rechts- oder sittenwidrige Tätigkeit handeln, auch wenn diese auf die Erzielung von Einkommen zum Bestreiten des Lebensunterhaltes gerichtet ist. Derartige Tätigkeiten fallen grundsätzlich nicht unter den Begriff des Berufs im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung, weswegen beispielsweise auch Verdienste, die „schwarz“ erwirtschaftet werden, bei der Einkommensermittlung keine Berücksichtigung finden.

Mit Hausarbeit wird in der Regel kein Einkommen erzielt, so dass eine Tätigkeit als Hausfrau oder Hausmann nicht unter den klassischen Begriff des „Berufs“ fällt. Dennoch kann auch Hausarbeit einen versicherten Beruf im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung darstellen.

Zum einen kann zwischen dem Versicherten und dem Versicherer sowohl konkludent als auch explizit vereinbart sein, dass die Haushaltstätigkeit ein versicherter Beruf sein soll. Die konkludente Vereinbarung kann beispielsweise darin gesehen werden, dass der Versicherer sich mit seiner Werbung direkt an Hausfrauen oder Hausmänner wendet oder der Versicherer den Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages annimmt, wenn dort als Beruf „Hausfrau“ oder „Hausmann“ angegeben wurde. Häufiger ist jedoch der Fall, dass die Versicherungsbedingungen eine Sonderklausel enthalten, nach der die Haushaltstätigkeit explizit auch einen versicherten Beruf darstellen kann.

Die meisten Bedingungswerke der Berufsunfähigkeitsversicherungen enthalten jedoch keine entsprechende Sonderklausel. Es erscheint rechtlich gesehen jedoch unbillig, dass versicherte Personen, die als Hausfrau oder Hausmann tätig sind, keinen Schutz in der Berufsunfähigkeitsversicherung haben sollen. Es stellt sich also die Frage, unter welchen Voraussetzungen Hausarbeit unter den Schutz der Berufsunfähigkeitsversicherung fallen kann, auch wenn dies nicht vereinbart wurde.

Mit dieser Frage hatte sich das OLG Saarbrücken auseinandergesetzt. Das OLG Saarbrücken sieht in einer Haushaltstätigkeit dann einen versicherten Beruf, wenn deren Übernahme auf einer bewussten beruflichen Entscheidung beruht und unter Aufgabe des bisherigen Berufs zum Lebensunterhalt einer Familie oder Partnerschaft nunmehr ganz oder teilweise und dauerhaft der Erziehung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen durch Hausarbeit beiträgt oder beitragen soll.

Zum einen muss der ursprüngliche Beruf zugunsten der Haushaltstätigkeit also bewusst auf unbestimmte Zeit aufgegeben werden. Hiervon abzugrenzen ist die nur vorübergehende Aufgabe des ursprünglichen Berufs wegen Elternzeit und Mutterschutz, um sich in dieser Zeit um die Kinder zu kümmern, bei der die versicherte Person aber von vornerein plant, nach der Elternzeit und dem Mutterschutz wieder in ihren ursprünglichen Beruf zurückzukehren. Tritt während der Elternzeit oder dem Mutterschutz eine Berufsunfähigkeit ein, ist in diesen Fällen der zuvor ausgeübte Beruf maßgeblich für die Beurteilung des Grades der Berufsunfähigkeit und nicht die Haushaltstätigkeit.

Ferner wird auch eine wertige Haushaltstätigkeit erwartet, klassischerweise handelt es sich hierbei um die Kindererziehung oder die Pflege von Familienangehörigen. Bleibt man also bloß zu Hause und putzt, kocht oder verrichtet andere übliche Haushaltstätigkeit, so wird dies in der Regel nicht unter den Begriff des Berufs im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung fallen. (fw)