Greiffbar – Investments zum Anfassen

04.03.2022

Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG / Foto: © Greiff capital management AG

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Entrüstung

Die globale Welle der Entrüstung über Russlands Kriegseinsatz in der Ukraine erreichte diese Woche ihren Höhepunkt in der UN-Vollversammlung. Nur vier Staaten stimmten gegen die Resolution zu Russlands Angriffskrieg: Weißrussland, Syrien, Eritrea und Nordkorea. Was für ein Club der menschenverachtenden Despoten. 141 Staaten verurteilen damit Russlands Vorgehen. Ändert sich dadurch etwas? Nein! Der Einzige, der den laufenden Krieg beenden kann, ist Wladimir Putin. Und bei allem Verständnis, dass man sich das Ende wünscht und mit Sanktionen erreichen will, muss man realistisch sein und erkennen, dass Putin wohl nur bei einem selbstdefinierten Sieg das Ende der Kriegshandlungen proklamiert.

Ja, das entrüstet einen und nach allem, was man an den Nachrichten und Bildern glauben darf, wird es auch in der kommenden Woche keine guten Nachrichten aus der Ukraine geben. Die Börsen haben es diese Woche erkannt und sind aus meiner Sicht im russischen Bärenmodus unterwegs. Jetzt braucht es Vitamin (C)ash. Ich hatte bereits in vergangenen Ausgaben erwähnt, dass ich Gold und Rohstoffe für sinnvolle Investments halte. Dies hat sich in der aktuellen Krise mehr als bezahlt gemacht, auch wenn ich dafür im letzten Jahr ebenfalls oft Entrüstung als Kommentar erhalten habe.

Ausrüstung

Zur Ausrüstung eines guten Investors gehört es, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Und die aktuelle Krise zeigt einmal mehr, dass ein guter Mix aus Aktien, Anleihen, Edelmetallen, Kasse, Rohstoffen und Alternative Investments einen Mehrwert liefern. Wer allerdings russische Aktien oder ETFs und Fonds mit russischen Papieren in seinem Depot hat, der könnte erstaunt sein, wie wenig sein Asset gerade noch wert ist. Fonds und ETFs in dieser Kategorie sind zur Notausrüstung mutiert. Denn zum einen ist der Handel nicht nur am russischen Aktienmarkt ausgesetzt, sondern auch die Fonds und ETFs machen der Reihe nach dicht und lassen Anleger nicht mehr raus.

Gut, wer auf meinen Rat letzte Woche gehört hat und die Finger von russischen Papieren gelassen hat. Diese unwillkommene Abrüstung des eigenen Depots sollten Anleger aber genauer unter die Lupe nehmen, denn auch in breit streuenden Fonds und ETFs finden sich mitunter russische Wertpapiere. Eine kurze Rückfrage bei ihrem Berater oder Produktanbieter kann also nicht schaden. Schnelle Antworten sollten zur Standardausrüstung einer Fondsgesellschaft gehören, ansonsten entscheiden Sie sich lieber für den Exit als Rettungsausrüstung. Kommen wir von der Ausrüstung zur

Aufrüstung

Die kommende militärische Aufrüstung scheint für viele bereits eine ausgemachte Sache. Wenn über Nacht 100 Mrd. Euro Sondervermögen ohne jeden demokratischen Diskurs am Verteidigungshimmel erscheinen und gleichzeitig Waffenlieferungen am laufenden Band angestoßen werden, da scheint der Höhenflug von Rüstungsaktien nicht weit. Und in der Tat, in dieser Woche gingen die Kurse der Rüstungswerte durch die Decke. Die Waffenlobby sieht sich schon, wie die Kernenergie, als neues nachhaltiges Investment, denn Sicherheit sei schließlich ein nachhaltig soziales Gut. Verbale Aufrüstung der absurden Art nennt man das glaube ich.

Wer allerdings jetzt noch glaubt, einsteigen zu müssen, der sitzt im wahrsten Sinne des Wortes auf einem explosiven Gemisch, von dem ich dringend abrate, wenn man Kollateralschäden an seinem Depot vermeiden will. Dieses Timing wird mit Sicherheit schiefgehen. Oder um es klarer zu formulieren: Die Hall of Fame der Market-Timer ist ein großer leerer Raum.

Ihr Volker Schilling

Kolumne von Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG