Greiffbar – Investments zum Anfassen

16.12.2022

Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG / Foto: © Greiff capital management AG

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Verse oder Ferse

„Kennen Sie den großen griechischen Dichter Achilles, den Sohn der Meernymphe Thetis? Wer, was? Achilles war doch kein Dichter. Wieso, er war doch für seine Ferse bekannt!“ Homonyme nennt man Wörter, die gleichlautend, aber in ihrer Bedeutung sehr verschieden sind. Die sprichwörtliche Achillesferse ist auch heute noch der wunde Punkt bei vielen Entscheidungen. Zum Beispiel Bestechungsgelder im EU-Parlament anzunehmen, oder bei Firmenübernahmen doch mehr Geld zu brauchen als ursprünglich geplant. Elon Musk kann ein Lied davon singen. Diese Woche verkaufte er nochmal Tesla-Aktien im Wert von 3,5 Mrd. US-Dollar, um Löcher bei Twitter zu stopfen.

Die Achillesfersen der Finanzwirtschaft sind die Inflation und die zur Bekämpfung notwendigen Zinserhöhungen der Notenbanken. Jeweils 0,5 % haben die US-Notenbank FED und die europäische Notenbank EZB diese Woche die Zinsen nach oben angepasst. An sich kein Problem, denn das war bereits erwartet worden. Aber Notenbankchef Jerome Powell ist der Inflationsbekämpfung derar t auf den Fersen, dass er das Zinsziel zu Ende 2023 erneut von 4,6 % auf 5,1 % angehoben hat. Zwar hat er das in seiner Pressekonferenz diese Woche in schöne Verse gegossen, aber die Börsianer machten sich darauf ihren eigenen Reim und verkauften erst einmal mehrheitlich ihre Aktien.

Schale oder Schale

„Herr Doktor, mein Sohn hat die Mandarinen mit Schale gegessen. Was soll ich tun? - War die Schale gespritzt? - Nein aus Porzellan.“ Autsch. Homonyme können richtig weh tun. So wie das alljährliche Ritual der Börsenexperten, zum Jahresende einen Ausblick auf das nächste Jahr zu geben. Obwohl diese Vogelschau jedes Jahr aufs Neue zelebriert wird, ist sie keine anerkannte Lehre, sondern vielmehr ein Blick ins Leere. Und wenn es nach den meisten Experten geht, dann brauchen Sie sich für das kommende Jahr gar nicht erst in Schale werfen, denn es wird eh nix.

Zuversicht ist Mangelware, obwohl aus meiner Sicht diese Woche eine echte Knüllermeldung aus den USA kam: Erstmals gelingt Forschern dort eine Kernfusion, die mehr Energie freisetzt, als hineingesteckt wurde. Liebe Leserinnen und Leser, das ist womöglich die Dampfmaschine des nächsten Jahrhunderts. Ein „Game Changer“, der bei Skalierbarkeit das gesamte Energieproblem der Menschheit auf sichere Art und Weise lösen kann. Das sollten Sie im Auge behalten. Das ist diese Innovation, von der immer die Rede ist, wenn man Probleme lösen will, statt durch bloße Ge- und Verbote die Situation nur zu verwalten. Die einen steuern einfach mit der Wirtschaft, die anderen besteuern die Wirtschaft. So einfach ist das mit Homonymen. Apropos:

Ganz oder Gans

Ganz absitzen musste Boris Becker seine Strafe in Großbritannien nicht. Diese Woche kam er nach siebeneinhalb Monaten in Haft frei und wird zur Weihnachtsgans zu Hause in Deutschland sein. Es hieß, er werde im Privatjet abgeholt, der von einem deutschen Sender bezahlt wird, damit dieser das erste Exklusivinterview erhält. Ich glaube, das ist ein Homonym: Ihm wurde lediglich ein Privat-Chat für ein Interview auf Zoom angeboten. Wie dem auch sei, er genießt damit ganz und gar keine besondere Vorzüge, denn die Briten schieben viele ausländische Häftlinge vorzeitig ab. Aber er genießt hoffentlich seine Feiertage bei einem Festessen, am besten Gans und gar! Diese habe ich in der vergangenen Woche mit lieben Freunden auch in unserem Lieblingsgansrestaurant genossen, während andere das WM-Halbfinale wichtiger fanden. Denen kann ich nur zurufen: Ein Tor, wer nur auf Tore aus ist. Bevor mir jetzt noch weitere Torheiten in den Sinn kommen, höre ich lieber auf. Sie lesen von mir in der nächsten Woche.

Ihr Volker Schilling

Kolumne von Volker Schilling, Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff capital management AG