Goldpreis auf Rekordhoch, Goldaktien so billig wie nie – was steckt dahinter?

10.01.2025

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Der Goldpreis erreicht im Jahr 2024 immer wieder neue Höchstwerte und liegt zum ersten Mal in der Geschichte über der Marke von 2.700 US-Dollar. Goldaktien hingegen waren paradoxerweise selten billiger. Was steckt hinter diesem Widerspruch und was lässt sich daraus für die Zukunft ableiten?

Der letzte große Bullenmarkt bei Gold dauerte von 1999 bis 2011. In dieser Zeit verachtfachte sich der Preis von 252 USDollar auf 1.900 US-Dollar pro Unze. Nach einer deutlichen Kurskorrektur zwischen 2011 und 2015 nahm der Goldpreis seinen Aufwärtstrend wieder auf und notiert nun 45 % über seinem Höchststand von 2011. Die Goldaktien haben diesen Trend jedoch nicht mitgemacht. Der NYSE Arca Gold Bugs Index (HUI), eine Benchmark für Goldaktien, liegt bei 348 (Stand: 24. Oktober 2024) und damit nahezu 45 % unter seinem Höchststand vom September 2011. Noch auffälliger ist, dass der HUI heute nur 25 % über dem Niveau vom August 2016 liegt – als Gold nur 1.300 US-Dollar pro Unze kostete. Inzwischen wird erwartet, dass sich der HUI-Gewinn pro Aktie verglichen mit 2016 im nächsten Jahr versechsfachen wird.

Diese Diskrepanz zwischen Goldpreis- und Goldaktienentwicklung lässt sich weitgehend durch die Geldpolitik erklären. Zwischen 2020 und Sommer 2024 sind die realen Zehn- Jahres-Zinsen in den USA von -0,40 % auf 2,1 % gestiegen. Westliche Investoren verkaufen bei steigenden Realzinsen üblicherweise Gold. So war es auch in diesen Fall: Von 2020 bis Mitte 2024, als die Realzinsen ihren Höchststand erreichten, verloren börsengehandelte Goldfonds 31 Millionen Unzen beziehungsweise 25 % ihrer Bestände. Der größte börsengehandelte Goldaktienfonds, der GDX, verzeichnete Abflüsse in Höhe von fast 20 % seines Vermögens. Dies erinnert an vergangene Zyklen: Zwischen 2012 und 2015, als die Realzinsen von -0,20 % auf 0,80 % stiegen, verloren die börsengehandelten Goldfonds 36 Millionen Unzen.

Zentralbanken treiben die Goldnachfrage

Der jüngste Zinserhöhungszyklus weist jedoch einen entscheidenden Unterschied zu damals auf: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sind die Zentralbanken bedeutende Goldkäufer. Zwischen 2020 und 2024 häuften sie mehr als 56 Millionen Unzen Gold an. Das gleicht die Veräußerungen durch westliche Investoren mehr als aus. Folglich hat sich der Goldpreis trotz des starken Anstiegs der Realzinsen fast verdoppelt. Zum Leidwesen der Goldminenmanager sind die Zentralbanken aber an Goldbarren und nicht an Goldaktien interessiert. In diesem Bereich gibt es keinen Akteur, der den Verkäufen westlicher Investoren entgegenwirkt. Goldaktien sind daher ins Hintertreffen geraten und werden nun zu historisch niedrigen Bewertungen gehandelt.

Als Value-Investoren mit antizyklischem Ansatz sehen wir in dieser Diskrepanz eine außerordentliche Chance und haben unsere Positionen in Goldaktien aufgestockt. Häufig stellen wir uns aber die Frage, ob ein grundlegender Wandel in der Goldminenindustrie die extreme Unterbewertung rechtfertigen könnte. Es bestehen Befürchtungen, dass die gestiegenen Kosten der Minenbetreiber das Wachstum der Gewinnspannen, das aus dem steigenden Goldpreis hätte resultieren sollen, aufgezehrt haben. Der Vergleich des HUI mit dem Goldpreis ist zwar eine nützliche Methode, vermittelt jedoch kein vollständiges Bild von der grundsätzlichen Verfassung des Goldminensektors. Dafür lohnt sich ein Blick in die für Goldaktien verheerenden Jahre nach 2011.

Goldminenbetreiber mit starken Margen

Bis Ende 2015 war der Goldpreis im Vergleich zu 2011 um fast 50 % auf 1.051 US-Dollar pro Unze gefallen. Der Bärenmarkt, der 2015 endete, war eine Zeit extremer Unterbewertung, die eine hervorragende Gelegenheit für antizyklische Investoren bot. In den folgenden fünf Jahren stiegen Goldaktien um 218 % und übertrafen damit bei weitem den S&P 500, der um 75 % zulegte, und sogar den technologielastigen Nasdaq, der um 146 % anstieg. Heute befinden wir uns an einem ähnlichen Punkt. Gold hat sich seit seinem 2015er-Tief von 1.051 US-Dollar auf ein Allzeithoch von mehr als 2.700 US-Dollar erholt, während der HUI von 100 auf 348 gestiegen ist. Trotzdem liegt die Marktkapitalisierung von Goldminenunternehmen nach wie vor bei 283 Mrd. US-Dollar und damit nur 28 % höher als 2011 – obwohl der Goldpreis um 45 % gestiegen ist und die Marktkapitalisierung des S&P 500 viermal so hoch ist. Der Anteil der Goldaktien am S&P 500 beträgt nur noch 0,56 %, eine Zahl, die eher an den Tiefpunkt des Marktes im Jahr 2015 erinnert als an spekulative Höchststände.

Im April 2024 waren Goldaktien so günstig wie nie zuvor. Im Gegensatz zu 2015 befindet sich Gold jetzt aber auf einem Allzeithoch. Damals musste ein Value-Investor mit einem Anstieg des Goldpreises rechnen, um eine Anlage in Goldaktien zu rechtfertigen. Das ist heute nicht mehr der Fall. Darüber hinaus waren die Gewinnspannen der Branche im Jahr 2015 mit nur 12 % gering. Heute liegen sie bei fast 50 %. Aus operativer Sicht ist die Sicherheitsmarge viel größer als in der Vergangenheit.

Goldaktien mit niedriger Bewertung und hohem Ertragspotenzial

Im Grunde genommen bieten Goldaktien heute eine noch nie dagewesene Kombination aus niedriger Bewertung und hohem Ertragspotenzial. Wenn ein Rohstoff neue Höchststände erreicht, ist das Interesse der Anleger in der Regel groß und die Bewertungen sind überzogen. Im Falle von Goldaktien bleibt das Interesse der Anleger jedoch gedämpft. Selbst während der Erholung des Goldpreises haben die Anleger weiterhin Mittel aus den börsengehandelten Goldaktienfonds abgezogen. Im Jahr 2024 wurden bisher 125 Mrd. US-Dollar aus dem GDX zurückgezogen – ein Beleg für das weit verbreitete Desinteresse an diesem Sektor. Auch wenn die jüngsten Kursgewinne bei Goldaktien eher auf die Abdeckung von Shortpositionen als auf einen neuen Enthusiasmus zurückzuführen sind, ist das zugrunde liegende Potenzial klar: Gold erreicht neue Höchststände und Goldaktien sind nach wie vor stark unterbewertet. Die derzeitige Gelegenheit ist daher so günstig wie nie zuvor in der Geschichte des Goldmarktes.

Adam Rozencwajg,
Geschäftsführer und Rohstoffexperte
Goehring & Rozencwajg Associates LLC