GKV fordert Apotheken- und Pharma-Reform

22.01.2015

Gesetzliche Krankenkassen fordern, dass die Arzneimittelversorgung in Deutschland modernisiert wird. Die Menschen sollen zukünftig besser, sicher und wirtschaftlich Medikamente erhalten.

2015-01-23 (fw/db) Um die Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln künftig weiter zu verbessern und dennoch bezahlbar zu organisieren, braucht es ein Bündel an abgestimmten Maßnahmen. Der GKV-Spitzenverband hat dafür zehn Handlungsfelder in einem Positionspapier zusammengefasst.

„Für neue Medikamente können die Hersteller im ersten Jahr nach wie vor Mondpreise verlangen, moderne Apothekenstrukturen werden gesetzlich verhindert und die Praxissoftware bei den niedergelassenen Ärzten kann Monate alte Informationen enthalten. Ganz zu schweigen davon, dass die Arzneimittelausgaben im vergangenen Jahr um fast zehn Prozent gestiegen sind“, sagt Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.

Qualität weiter verbessern

Patienten in Deutschland profitieren heute bereits von einem frühen und leichten Zugang zu neuen Arzneimitteln. Die Eigenbeteiligung an den Kosten liegt dabei im europäischen Vergleich deutlich unter dem Durchschnitt.

Künftig muss es angesichts einer alternden Gesellschaft aber auch darum gehen, bestimmte Patientengruppen, wie Menschen mit mehreren Krankheiten, die viele Medikamente einnehmen, stärker in den Blick zu nehmen, um hier die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern.

Deshalb soll eine patientenorientierte Arzneimittelversorgung durch den Arzt noch stärker anhand von evidenzbasierten Leitlinien erfolgen.

Unerwünschte Interaktions- und Arzneimittelwirkungen sollen mithilfe eines vom Hausarzt ständig aktualisierten und kontrollierten Medikationsplans auf ein Minimum reduziert werden.

Orientierung für Ärzte und Patienten erleichtern

Um Patienten wie Ärzten tatsächlich bei der Medikamentenauswahl zu helfen, braucht es produktneutrale, evidenzbasierte Informationen, die frei von Partikularinteressen sind. Das gilt sowohl für die Patientenaufklärung über Diagnostik und Therapie von Krankheiten als auch für die abrechnungsrelevanten Preis- und Produktinformationen zu Arzneimitteln.

Derzeit wird das Preis- und Produktverzeichnis von Arzneimitteln durch eine privatrechtliche Gesellschaft seitens der Pharmaindustrie und des Apothekenverbandes organisiert. Die Preis- und Produktinformationen ändern sich zweimal im Monat. Während die Apothekensoftware darauf ausgerichtet ist, aktualisiert sich die Praxissoftware der Ärzte in der Regel nur einmal im Quartal.

Für die Patienten bedeutet das, dass ein Arzt nur selten aktuelle Informationen hat, ob ein Arzneimittel verfügbar ist, welche neuen Produkte gelistet sind oder ob es Änderungen bei Festbeträgen und Rabat-verträgen gibt.

Finanzierbarkeit sichern

Wenn neue, tatsächlich innovative Medikamente auf den Markt kommen, müssen die Krankenkassen ab dem ersten Tag der amtlichen Zulassung jeden Preis zahlen, den der Hersteller verlangt. Dieses Preisdiktat gilt ein Jahr. Erst danach greift der zwischen den Krankenkassen und dem jeweiligen Pharmaunternehmen ausgehandelte zusatznutzenorientierte Erstattungsbetrag.

Der GKV-Spitzenverband fordert, dass der ausgehandelte Erstattungsbetrag künftig rückwirkend ab dem ersten Tag gilt. So bekommen gesetzliche Kassen faire Preise auch für Innovationen und erhalten gleichzeitig den besonders frühen Zugang in Deutschland zu innovativen Arzneimitteln.

2014 wurden durch die verhandelten Erstattungsbeträge mindestens 450 Millionen Euro gespart. Im Verhältnis zu den Gesamtausgaben in Höhe von rund 33 Milliarden Euro relativiert sich die Einsparungshöhe und zeigt, dass einerseits auf die bewährten Instrumente, wie den Festbeträgen und dem Herstellerabschlag, nicht verzichtet werden kann und andererseits den Erstattungsbetrag nach AMNOG auf den ersten Tag der Zulassung vorverlegen müssen.

Apothekenmarkt zukunftsfähig umgestalten

Deutschland hat im internationalen Vergleich eine hohe Apothekendichte. Gleichzeitig behindert das gesetzliche Fremd- und Mehrbesitzverbot einen Wettbewerb um neue Strukturen, die zum Beispiel durch längere Öffnungszeiten oder Preisvorteile bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln den Patienten zugutekämen. Immer wieder verlangen die Apothekerverbände eine höhere Vergütung für die Apotheken. Allerdings gibt es bis heute keine Zahlen über die tatsächliche Einnahme – und Gewinnsituation einer durchschnittlichen Apotheke. Insbesondere höhere Zuschläge pro Packung wären kontraproduktiv.

Der kleinen Apotheke auf dem Land würden diese kaum helfen, während die umsatzstarke Apotheke am Hauptbahnhof überproportional davon profitieren würde. Vielmehr sollten zusätzlich moderne Vertriebsstrukturen, die zum Beispiel auch den Versandhandel oder größere Zusammenschlüsse von Apotheken einschließen, in den Blick genommen werden, regt der GKV-Spitzenverband an.

Dietmar Braun