Fragen Sie die Medizinische Intelligenz
25.07.2023
Sebastian Pötzsch, versierter „Start-up-Kümmerer“ und Kenner der Medizinalcannabis-Branche, ist seit Dezember 2022 Geschäftsführer der Grünwalder mediorbis GmbH.
Zunächst als Online-Plattform für Ärzte gegründet, hat sich die mediorbis GmbH zu einem hochtechnologischen Online-Verlag für medizinische Themen und Apps entwickelt. Der Kern des Geschäftsmodells besteht darin, User über den eigenen Content zu
generieren, um diese dann über selbst entwickelte Applikationen, Affiliate-Marketing und Online-Werbung zu monetarisieren, berichtet Pötzsch im Gespräch mit finanzwelt-Chefredakteur Lenard von Stockhausen.
finanzwelt: Sie bringen ein Genussrecht in Form einer Wandelanleihe auf Stammaktien für Ihr Start-up mediorbis GmbH auf den Markt. Ist der Proof of Concept schon geliefert?
Sebastian Pötzsch» Sonst wären wir diesen Schritt nicht gegangen. Wir haben am Beispiel Medizinalcannabis gezeigt, dass wir in kürzester Zeit und überplanmäßig schnell alle relevanten Mitbewerber in der Sichtbarkeit überholt haben. In nur einem Jahr haben wir den Traffic auf über 40.000 organische User hochgeschraubt. Tendenz weiter stark steigend. Wir haben 495 Rang #1-Keywords und 2.499 Top #5-Keywords belegt – und das bei einer hochinteressanten Zielgruppe: 21 Prozent Ärzte und 79 Prozent Patienten. Beim kontrahierten Auftragsbestand haben wir schon jetzt das Volumen des gesamten Vorjahres erreicht. Wir liegen in nahezu in allen Annahmen des Businessplans deutlich im Plus.
finanzwelt: Welche Stellschrauben waren maßgeblich, damit Sie Ihre Milestones erreichen konnten?
Sebastian Pötzsch» Wir haben den Markt nach volumenstarken Keywords abgesucht und diese konsequent mit qualitativ hochwertigem Content bespielt. Das hat bei Medizinalcannabis funktioniert, das war unser Proof of Concept. Wir haben mediorbis in diesem Themengebiet in unter 18 Monaten zur sichtbarsten Website im deutschsprachigen Raum gemacht. Jetzt weiten wir unsere Themengebiete massiv aus: Haut, Rheuma, Rücken, Demenz, Erkältungskrankheiten, Zahnmedizin, Arthrose, Nahrungsergänzungsmittel, etc. Hier entstehen ca. 2.000 weitere Ratgeber mit jeweils bis zu 20.000 Wörtern welche die wichtigen und besonders nachgefragten Themen aufgreifen um uns relevanten User-Traffic zu generieren für und mit welchem wir dann unsere Services und Applikationen entwickeln.
finanzwelt: Beispiel?
Sebastian Pötzsch» Unsere neue Plattform cansearch.de ist unser jüngstes digitales Baby. Cansearch.de ist eine hochspezialisierte Suchmaschine, mit der sich Apotheken finden lassen, die einen bestimmten Kultivar vorhalten. Für die regionale Suche nach Apotheken, die Medizinalcannabis anbieten, haben wir einen Apothekenfinder. So führen wir alle Player im Markt zusammen: Großhandel, Einzelhandel und Patienten.
finanzwelt: Das funktioniert?
Sebastian Pötzsch» Die Zahl der User auf unserer ersten Applikation wächst stetig. cansearch.de ist für kleinere Apotheken eine gute Chance, jetzt in einen Markt mit einer zweistelligen Wachstumsrate einzusteigen und medizinisches Cannabis und seine Derivate zu konkurrenzfähigen Preisen an unsere Patienten anbieten zu können. Aber wie gesagt, das ist nur eine Applikation in einem von zukünftig 100 Themengebieten; das ist nicht unser langfristiger Fokus.
finanzwelt: Welche weiteren wichtigen Applikationen haben Sie denn bereits entwickelt?
Sebastian Pötzsch» Wir haben in diesem Frühling mit frag.mediorbis.de eine eigene Künstliche Intelligenz in Form eines Chatbots online gestellt, der auf Medizinfragen spezialisiert ist. Dazu haben wir die KI unter anderem mit sämtlichen deutschen medizinischen Leitlinien gefüttert. Das macht unsere KI für Patienten und Ärzte gleichermaßen interessant.
finanzwelt: Aber bei mediorbis arbeiten noch Menschen, keine digitalen Avatare?
Sebastian Pötzsch» Menschen, die unsere KI bei der Recherche nutzen. Wir haben etwa 50 internationale Redakteure, die für mediorbis Content produzieren. Seit Jahresbeginn erstellen wir unsere Texte neben deutsch in englisch, spanisch, französisch, portugiesisch, italienisch und niederländisch. Damit erreichen wir etwa ein Drittel des Sprachraums weltweit. Medizin ist international. Rückenschmerzen heißen in Spanien „dolores de espalda“, die Franzosen sagen „maux de dos“. Die Schmerzen sind die gleichen. Patienten benötigen überall auf der Welt professionell recherchierte, fachlich fundierte aber dennoch einfach verständliche medizinische Informationen.
finanzwelt: Jetzt soll das weitere Wachstum mit ihrem neuen Finanzprodukt finanziert werden?
Sebastian Pötzsch» Das ist in unseren Augen der richtige Zeitpunkt, sich dem Finanzmarkt ein wenig zu öffnen. Wir denken, unseren Investoren ein kalkulierbares Risiko für die Teilnahme an einem sehr potenten Wachstumsmarkt zu bieten. Und zwar über einen Zeitraum von fünf Jahren mit 6,25 Prozent Verzinsung p.a. Nach Ablauf der fünf Jahre hat der Investor die Option seine Einlage in Anteile umzuwandeln.
finanzwelt: Was macht das Risiko bei mediorbis kalkulierbar?
Sebastian Pötzsch» Wir sind einen anderen Weg als Start-ups gegangen, die erst viel Geld in eine vielversprechende App investieren, aber die User-Rekrutierung, die ja gleichzeitig auch ein Markttest ist, erst im zweiten Schritt in Angriff nehmen. Mediorbis dagegen ist in der komfortablen Position, für unsere stabil-wachsende Community bedürfnisorientiert Inhalte und Applikationen entwickeln zu können. Unser Unternehmen wurde 2021 mit nur 2.000 Euro gegründet und hatte bis Mitte letzten Jahres überhaupt kein Investorenkapital aufgenommen, und dann auch sehr limitiert im Rahmen einer streng limitierten Friends & Family-Runde.
finanzwelt: Ihre persönlich wichtigste Regel bei der Suche nach Investoren?
Sebastian Pötzsch» Nie mehr versprechen, als man halten kann. (lvs)