Financial Freedom Index geht erstmals zurück
24.10.2024
Prof. Dr. Julia Pitters und Hermann Schrögenauer Foto: © LV 1871
Gesellschaftspolitische Einflüsse wirken sich dieses Jahr stark auf die Stimmung und den Umgang mit Finanzthemen aus und lassen den Financial Freedom Index erstmals sinken. Die GenZ steht dabei vor besonderen Herausforderungen. Das sind zentrale Ergebnisse des bereits zum vierten Mal in Folge veröffentlichten Financial Freedom Report der Lebensversicherung von 1871 a. G. München (LV 1871) in Zusammenarbeit mit dem Meinungs- und Marktforschungsinstitut Civey.
Der Financial Freedom Index zeichnet anhand der Bedeutung der Finanzen im Freiheitskontext zusammen mit der Zufriedenheit und dem Entspannungsgrad der Befragten ein Stimmungsbild der aktuellen Lage in Deutschland. Dabei wird auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent zwischen den Stufen „Chaos‘ (0 bis 20 Prozent)“, „Normalität“ (20 bis 50 Prozent), „Kontrolle“ (50 bis 80 Prozent) und „Freiheit“ (80 bis 100 Prozent) unterschieden.
Zustand der finanziellen Normalität reicht nicht
Erstmals sinkt der Index im Vergleich zum Vorjahr von 44,8 Prozent (2023) auf 41,6 Prozent. Der seit 2022 erhobene Index bewegt sich bisher immer im Bereich „Normalität“. Finanzielle Normalität beschreibt den Zustand, der immer noch mit existenziellen Gefahren verbunden ist, sobald die Einkommensquelle versiegt. „Man kann davon ausgehen, dass die Menschen aufgrund der aktuellen äußeren Umstände weniger bzw. noch nicht genügend für ihre finanzielle Stabilität tun oder sich mit dem Thema noch nicht ausreichend beschäftigen, um die nächste Stufe erreichen, nämlich die Kontrolle über die eigenen Finanzen“, sagt LV 1871 Vorstand Hermann Schrögenauer.
Grundlegende Werte bestimmen das Verständnis von Freiheit
Im Jahr 2024 sind es vor allem grundlegende Werte der Demokratie wie freie Meinungsäußerung (83 Prozent), selbstbestimmtes Handeln (79,5 Prozent), Bewegungsfreiheit (68,5 Prozent) und freie Wahlen (66,1 Prozent), die das allgemeine Verständnis von Freiheit prägen und im Vergleich zum Vorjahr nochmals zunehmen. Finanzielle Unabhängigkeit folgt dieses Jahr auf die genannten Werte mit 59,6 Prozent; 2023 waren es noch 62,8 Prozent: „Die Ergebnisse überraschen bei der aktuellen politischen Debatte über die Bedrohung der Demokratie kaum“, kommentiert Prof. Dr. Julia Pitters, Professorin für Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt Finanzpsychologie an der Internationalen Hochschule, die den Financial Freedom Report 2024 wissenschaftlich begleitet hat. „Finanzielle Freiheit ist ein zentraler Baustein für ein selbstbestimmtes Leben. Sie umfasst nicht nur das Vorhandensein ausreichender finanzieller Mittel, sondern auch die Fähigkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen, die langfristig Sicherheit und Wohlstand ermöglichen.“
Private Finanzen: Negative Gefühle führen in die Negativspirale
Was fühlen die Menschen beim Gedanken an die privaten Finanzen? Jeder zweite Bundesbürger (50,3 Prozent) empfindet negative Gefühle. Dahingegen blicken nur ein Drittel (29,5 Prozent) positiv und weitere 20,2 Prozent neutral aufs Konto. „Die negativen Emotionen, insbesondere Sorgen und Zukunftsängste, können sich kontraproduktiv auf die Finanzplanung auswirken. Aus einer lähmenden Haltung kann leicht eine selbsterfüllende Prophezeiung entstehen. Es wird beispielsweise nicht weitsichtig investiert, was zu finanziellen Verlusten führt und die Ängste weiter schürt“, erklärt Prof. Dr. Julia Pitters das Phänomen der Negativspirale.
Gen Z: Mit finanzieller Freiheit Träume erfüllen
Grundsätzlich setzen die Menschen hierzulande wie auch in den Vorjahren finanzielle Freiheit gleich mit finanzieller Unabhängigkeit in allen Lebenslagen (59,2 Prozent). Darauf folgen die Aspekte nicht mehr arbeiten zu müssen (12,7 Prozent), die Erfüllung finanzieller Träume (10,7 Prozent) und der Wunsch eines frühen Renteneintritts (5,3 Prozent). Im Generationenvergleich wird das Ergebnis differenzierter. Die 18- bis 29-Jährigen, die sogenannte Gen Z, liegen mit 20,7 Prozent deutlich über dem Durchschnitt, unter finanzieller Freiheit die Erfüllung finanzieller Träume zu verstehen. Mit 40,7 Prozent wiederum stellen sie den niedrigsten Wert, finanziell unabhängig in allen Lebenslagen sein zu wollen. Konträr dazu ist die Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Situation und das Handeln der Gen Z: Sie sind die Altersgruppe, die am unzufriedensten ist mit den eigenen Finanzen (44,8 Prozent).
„Im Gegensatz zu früher spielt die Wunscherfüllung heute eine viel wichtigere Rolle bei den jungen Menschen, noch bevor sie sich Gedanken über die Finanzierung machen. Bei den älteren Generationen ist dagegen der Gedanke viel stärker verankert, sich nur leisten zu können, was man auch bezahlen kann“, erklärt Prof. Dr. Julia Pitters. „Angesichts der größer werdenden Finanzierungslücke bei der staatlichen Rente und Themen wie Rezession und Inflation muss die Reaktion eine entsprechende weitsichtige sowie langfristige Finanzplanung sein. Je früher, desto besser. Und: Je professioneller, desto sinnvoller“, resümiert Hermann Schrögenauer.
Zum LV 1871 Financial Freedom Report 2024
Für den Financial Freedom Report 2024 wurden im August dieses Jahres 2.500 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Die LV 1871 untersucht mit der Studie zum vierten Mal in Folge das Verhältnis der Menschen von Freiheit und Finanzen allgemein und insbesondere auf die Auswirkungen auf finanzielle Vorsorge und Absicherung. Teilnehmende beantworteten Fragen unter anderem nach ihrem individuellen Verständnis von (finanzieller) Freiheit, gewünschtem Renteneintritt und Unterstützung bei der Finanzplanung. (mho)