Ex-Wirecard-Chef erneut festgenommen
22.07.2020
Foto: © fotokitas - stock.adobe.com
Heute hat die Staatsanwaltschaft München I drei ehemalige Manager von Wirecard festnehmen lassen, darunter erneut den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun. Ihnen wird vorgeworfen, die finanzielle Situation des Unternehmens massiv geschönt zu haben. Auch über das Innenleben des insolventen Zahlungsdienstleisters wird immer mehr bekannt.
Neben Braun wurden auch der ehemalige Finanzvorstand und der frühere Head of Key Accounting der Wirecard AG verhaftet. Alle drei Beschuldigte wurden bereits der Haftrichterin vorgeführt, die auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftfortdauer angeordnet hat.
Als Grund für die Haftbefehle nannte die Staatsanwaltschaft, dass intensive Ermittlung ergeben hätten, dass der den Beschuldigten zur Last zu legende Sachverhalt erheblich erweitert werden müsse. Besonders die umfassenden Aussagen von Kronzeugen und weitere Beweismittel wie Zeugenaussagen und Urkunden würden den Verdacht begründen, dass die drei Beschuldigten sowie der Anfang des Monats festgenommene Geschäftsführer der Cardsystems MiddleEast FZ-LLC (finanzwelt berichtete) unter Beteiligung von weiteren Mittätern im Jahr 2015 überein gekommen seien, die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen der Wirecard durch das Vortäuschen von Einnahmen aus Geschäften mit sog. Third-Party-Acquirern (TPA) aufzublähen. Auf diese Weise sollte das Unternehmen für Investoren und Kunden attraktiver und finanzkräftiger dargestellt werden, um so regelmäßig Kredite von Banken und sonstigen Investoren zu erlangen und daraus fortwährend eigene Einkünfte zu generieren. Jedoch sei den Beschuldigten spätestens Ende 2015 klar gewesen, dass der Wirecard-Konzern mit den tatsächlichen Geschäften insgesamt Verlust erzielen würde. Die Beschuldigten hätten gewusst, dass Vermögenswerte in Höhe von zuletzt 1,9 Mrd. Euro fehlen, was einem Viertel der Bilanzsumme entspricht, und deshalb die Verhandlungen verschiedener Kredite und ähnliche Geschäfte mit Investoren veranlasst. Durch die falschen Jahresabschlüsse getäuscht hätten japanische und deutsche Banken sowie sonstige Investoren der Wirecard AG insgesamt Gelder in Höhe von 3,2 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Diese seien aufgrund der Insolvenz der Wirecard AG voraussichtlich verloren. Zudem sollten die Beschuldigten entgegen ihrer Verpflichtungen gegenüber der Wirecard AG das Vermögen des Unternehmens durch den Kauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen geschädigt haben. Nach derzeitiger rechtlicher Prüfung werden den Beschuldigten in zum Teil verschiedenem Umfang gewerbsmäßiger Bandenbetrug, Untreue, unrichtige Darstellung und Marktmanipulation in mehreren Fällen vorgeworfen. Aus ermittlungstaktischen Gründen kann die Staatsanwaltschaft derzeit noch keine Aussagen über den einzelnen Tatbeitrag geben. Wie die Strafverfolgungsbehörde mitteilten, würde in den Vernehmungen von einem streng hierarchischen System berichtet, das von Korpsgeist und Treueschwüren gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden als Führungsperson geprägt gewsen sei. (ahu)