Evangelische Bank warnt vor Kliniksterben
20.02.2024
Foto: Von links: Thomas Katzenmayer, Vorsitzender des Vorstands, Joachim Fröhlich, Vorstand und Olaf Kreuzberg, Vorstands der Evangelischen Bank © Evangelische Bank
Infolge steigender regulatorischer Anforderungen warnt die Evangelische Bank vor einem drohenden Kliniksterben. Die besorgniserregende finanzielle Situation im Krankenhaussektor hat der Vorstand der Evangelischen Bank zum Anlass für einen offenen Brief an die Gesundheitsminister der Bundesländer genommen. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den steigenden regulatorischen Anforderungen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, die diese Situation noch einmal dramatisch verschärfen könnten. Hier zentrale Auszüge aus dem offenen Brief.
Drohendes Rekord-Insolvenzjahr für Kliniken
„2024 droht ein Rekord-Insolvenzjahr zu werden – mehr als 70 Prozent der Kliniken erwarten für dieses Jahr eine weitere Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation. Fast kein Krankenhaus kann seine Aufwendungen mehr aus den Erträgen decken.
Verschärfung durch die im EU Green Deal vorgegebenen Nachhaltigkeitsziele
Ihre Aufmerksamkeit möchten wir heute auf einen Punkt lenken, der diese Situation noch einmal dramatisch verschärfen könnte: Auf die steigenden regulatorischen Anforderungen auf nationaler und europäischer Ebene zur Erreichung der unter anderem mit dem EU Green Deal vorgegebenen Nachhaltigkeitsziele.
Zum einen hat die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) im Sommer vergangenen Jahres die Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Banken (MaRisk) um sogenannte Nachhaltigkeitseinflussfaktoren erhöht. Dies führt dazu, dass Banken bei der Kreditvergabe auch an Krankenhäuser verstärkt auf die Einhaltung von ESG-Standards achten müssen.
Zum andern sehen neue Berichtspflichten nach der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vor, dass große Unternehmen, zu denen auch viele Krankenhäuser gehören, künftig verstärkt über ESG-Kriterien berichten müssen. Auch dies erhöht den Druck auf die Häuser, ihre Nachhaltigkeitsperformance zu verbessern.
Sorge: Verteuerung oder Ablehnung von Krediten für Krankenhäuser
Die zentrale Sorge, die sich aus diesen Anforderungen ergibt, ist die erhebliche Verteuerung oder sogar potenzielle Ablehnung von Krediten für Krankenhäuser, wenn sie die geforderten Nachhaltigkeitsfaktoren nicht erfüllen: Bei einem Krankenhaus, das mit seiner Immobilie das 1,5-Grad-Ziel verfehlt und sich aktuell nur auf einem 3- oder 4-Grad-Pfad befindet, muss perspektivisch mit deutlich sinkenden Beleihungswerten gerechnet werden – und hier stellt sich natürlich die Frage, woher dann die (Ersatz-) Sicherheiten für die kreditgewährende Bank kommen sollen!
…Wenn Krankenhäuser keine Kredite mehr erhalten oder nur noch zu sehr hohen Zinssätzen, könnten sie in erhebliche Schwierigkeiten bei der Finanzierung ihrer Investitionen sowie sogar ihres laufenden Betriebs geraten. Im Ergebnis könnten die Häuser gezwungen sein, Dienstleistungen zu reduzieren oder gar zu schließen – mithin drohe ein Kliniksterben bislang ungekannten Ausmaßes!