Eskalationen bremsen Wachstum
21.06.2018
Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger
Die Frequenz erhöht sich – nahezu täglich eskaliert ein anderes Thema und bewegt die Finanzmärkte weltweit. Die Verkündung des voraussichtlichen EZB-Kaufstopps europäischer Anleihen bis zum Jahresende hat aufgrund der Tatsache, dass die nächste Zinserhöhung wohl nicht vor Ende 2019 kommen soll, Ende letzter Woche eine kleine Mini-Hausse ausgelöst. Eigentlich war für diesen Fall mit markanten Kursrückgängen gerechnet worden. Die gänzlich unerwartete Niederlage des deutschen Nationalteams im Erstrundenspiel gegen Mexiko hat nur die Sportartikel-Aktie „adidas“ kurzzeitig in Mitleidenschaft gezogen. Während die Mexikaner diesen Sieg in ihrer aktuellen Verfassung stimmungsmäßig gut gebrauchen können, mögen die Börsianer die sich aufbauende Regierungskrise in Berlin im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Positionen der Regierungsparteien CDU und CSU in der Asylpolitik leiden wie das Bauchweh.
Und zu guter Letzt schreitet der 45. US-Präsident Donald Trump zu Werke und kündigt weitere Vergeltungsstrafzölle (ca. 200 Mrd. US-$) auf die Vergeltungsstrafzölle der Chinesen (ca. 50 Mrd. US-$) an, die auf die den Handelskrieg auslösenden US-Zölle (ca. 50 Mrd. US-$) gefolgt sind. So sieht eine Spirale aus, die allerdings nicht als Spielzeug dient, sondern das Zeug hat, den an sich veritablen Weltwirtschaftstrend rüde zu bremsen. Die Deutsche Bundesbank senkte das Deutschland-Wachstumsziel für 2018 bereits von 2,50 % auf 2,0 % und das ifo-Institut gar auf nur noch 1,80 %. Insgesamt immer noch auskömmliche Zahlen, aber der Trend geht eindeutig in die falsche Richtung.
Dass Trump nun den Diktator Kim Jong Un hofiert und gleichzeitig die engsten Verbündeten wie den kanadischen Ministerpräsidenten Trudeau düpiert oder sich nun in die Belange der deutschen Bundesregierung einmischt (nachdem dies schon der frischgebackene Botschafter entgegen allen diplomatischen Gepflogenheiten getan hat), spricht für sich. Dass er die USA zudem aus dem UN-Menschenrechtsrat austreten lässt und Flüchtlings-Kinder rüde von ihren Eltern trennt, passt ins Bild. Die (politische) Welt gerät vollends aus den Fugen und Finanzinvestoren können sich wohl auf einen Sommer der Unsicherheit einstellen. Der Eurokurs sank infolge der Wachstumssorgen und der politischen Unwägbarkeiten in Deutschland und Italien deutlich. Dies wiederum stützt die Kurse und lässt Hoffnung auf eine nur begrenzte Marktkorrektur aufkeimen. Dies wiederum setzt ein Mindestmaß an Vernunft von politischen Akteuren voraus, diesseits und vor allem jenseits des Atlantiks.
Marktkommentar von Michael Beck, Leiter Asset Management Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG