ESG: Kleinanleger wenden sich ab wegen Greenwashing
09.07.2024
Foto: eToro-Analyst Sam North © eToro
Deutsche Privatanleger ignorieren ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) eher, anstatt sie bei ihren Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen. Das zeigen die neuesten Daten des Retail Investor Beat (RIB) von der Trading- und Investmentplattform eToro. Der RIB-Bericht basiert auf einer Befragung durch das Marktforschungsunternehmen Opinium von 6.000 Kleinanlegern aus Deutschland.
Lediglich 22 Prozent der Befragten gaben an, dass sie stets ESG-Faktoren berücksichtigen, bevor sie in ein Anlageobjekt investieren. Gerade doppelt so viele (44 Prozent) äußerten das Gegenteil, wobei ein erheblicher Anteil (17 Prozent) dieser Gruppe sich von ESG abgewendet hat, nachdem sie es zuvor priorisiert hatten. Weitere 26 Prozent gaben an, dass sie ESG nur dann in Betracht ziehen, wenn ihre Investitionen gut laufen.
ESG-Investieren hat stark an Glaubwürdigkeit verloren
In den letzten Jahren hat das ESG-Investieren aufgrund von Greenwashing-Vorwürfen und der falschen Kennzeichnung von ESG-Fonds stark an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Laut den neuesten Erkenntnissen des RIB hat dies das Anlageverhalten vieler Privatanleger nachhaltig beeinflusst. Auf die Frage, warum sie ESG-Faktoren nicht in ihre Investitionsentscheidungen einbeziehen, nannten die Befragten am häufigsten (33 Prozent) das weitverbreitete Greenwashing. An zweiter Stelle steht die Präferenz für starke Renditen gegenüber ESG-Kriterien (29 Prozent).
Die Studie hat auch gezeigt, dass die Performance von Anlagen mit ESG-Kennzeichnung ein Problem darstellt, da der größte ESG-Fonds der Welt im letzten Jahr hinter dem S&P 500 zurückgeblieben ist. Diese Unterperformance ist bei Privatanlegern nicht unbeachtet geblieben - der häufigste Grund, ESG zu ignorieren, war, dass Anleger sich stärker auf Renditen konzentrierten.
Kommentierend zu den Daten äußert sich eToro-Analyst Sam North: „Das Interesse der Investoren an ESG-Investitionen ist seit den boomenden Zeiten von 2021 stark gesunken. Die Zuflüsse in die nachhaltige Fondsbranche sind von über 100 Milliarden Dollar pro Quartal auf nahezu Null gesunken, während die Anzahl neuer Fondseinführungen von über 300 pro Quartal damals auf unter 100 gesunken ist.“
Weiterer zentraler Faktor: die Underperformance
„Ein zentraler Faktor hierbei war die Underperformance. Der Parnassus Core Equity Fonds, mit einem Vermögen von 29 Milliarden Dollar der größte in der ESG-Welt, lag im letzten Jahr 5 Prozent hinter dem S&P 500 zurück und in den letzten drei Jahren um 2 Prozent. Besonders stark betroffen war der Bereich der Elektrofahrzeuge und erneuerbaren Energien. So haben Unternehmen wie das Elektrofahrzeug-Vorzeigeunternehmen Tesla und der führende ETF für saubere Energien, iShares Global Clean Energy (ICLN), seit ihren Höchstständen im Jahr 2021 jeweils mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren“. (mho)