Es wird ungemütlich(er)

04.09.2023

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Der Blick in den Rückspiegel, sei er auch noch so schön, ist bei weitem keine Garantie für eine geräuschlose Fahrt in der Zukunft. Mit Blick auf die kommenden Monate dürfte es insbesondere an den Aktienmärkten holpriger und volatiler zugehen. Der Leitindex DAX hat sich Anfang Juli schon gen Süden bewegt. Hinzu kommt die wirtschaftliche Schwäche „Selters statt Sekt“ dürfte jetzt das Motto sein. Doch bitte Nerven behalten.

Mitte Juni, passend zum strahlenden Sonnenschein, stieg der DAX auf 16.358 Zähler. Ein neuer Höchststand. Regelrechte Champagnerlaune. Viele fragten sich zu diesem Zeitpunkt bereits, wie lange die Rallye (der jüngste Aufwärtstrend an den Börsen hält seit Oktober 2022 an) mit dieser Geschwindigkeit weitergehen kann. Zumal die Wolken am Horizont in Form eines wirtschaftlichen Abschwungs immer näher rücken. Korrekterweise muss man sagen, wir befinden uns mitten in einer, wenn auch leichten, Rezession. Wenige Wochen später, Anfang Juli, rauschten die Indizes abwärts und mussten ordentlich Federn lassen. Unerwartet starke Beschäftigungsdaten aus den USA haben den Abwärtstrend am deutschen Aktienmarkt beschleunigt. Der DAX notiert am 07.07. um die 15.500 Punkte Auch für den MDAX ging es bergab. Für den Hinterkopf: Die deutschen Indizes stehen, gemessen zu den Niveaus am Jahresanfang, immer noch deutlich im Plus. Allerdings geistert nun wieder das Zinsgespenst (in den USA) umher. Höhere Zinsen könnten den Börsianern die Laune kräftig vermiesen. Zudem dürfte es in den kommenden Wochen und Monaten ungemütlicher werden. Der VDAX als Gradmesser für die Volatilität könnte dann wieder steigen und die Nervosität befeuern. Zu den größten Verlierern am deutschen Aktienmarkt zählen die besonders zinssensiblen Immobilienwerte. Die Vonovia-Aktie ist das Schlusslicht bei den DAX-40-Werten. Auf Sicht der vergangenen sechs Monate dominieren hingegen noch die positiven Vorzeichen. Eine anhaltende Eintrübung der wirtschaftlichen Lage, Gewinnrevisionen und weitere Negativmeldungen dürften das Bild ins Gegenteil verkehren. Sozusagen von Dur in Moll.

Gegenwind nimmt zu

Und wie sind die Perspektiven für Deutschland? Der Internationale Währungsfonds attestiert Deutschland nur geringes Wachstumspotenzial. So sieht der IWF Deutschlands Wirtschaft im laufenden Jahr zwar nicht schrumpfen, doch ein spürbares Wachstum ist aus Sicht der Experten nicht zu erwarten. Und das scheint nicht nur für das Jahr 2023/2024 zu gelten. Der IWF geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr im besten Fall stagniert. Ein moderates Wachstum wird für die folgenden Jahre erwartet. Mit jeweils 1 bis 2 % Plus rechnen sie laut der aktuellen IWF-Analyse. Aber auch langfristig wird die Konjunktur der größten Volkswirtschaft Europas nicht nennenswert wachsen. Die Gründe liegen auf der Hand.

Zum einen die nach wie vor bestehende Energieabhängigkeit. Zwar haben wir die Wintermonate gut überstanden, aber das grundlegende Energieproblem ist nicht gelöst. Weiterhin sind wir in bedeutendem Maße vom Ausland abhängig. Aber auch andere Argumente sprechen für leichten Pessimismus. Zum einen der demografische Faktor, andererseits auch fehlende Produktionszuwächse. Hinzu treten globale Gründe. Die einstige Wachstumslokomotive der Welt, China, ist trotz der Öffnung der heimischen Wirtschaft ins Stocken geraten. Das beeinträchtigt auch die Absatzchancen deutscher Unternehmen.

Investments haben langfristigen Charakter

lst Trübsal blasen nun die Lösung? Nein, sicher nicht. Langfristig ist es an den Börsen (immer) bergauf gegangen. Seien wir realistisch und ehrlich. Hätten Sie und/oder Ihre Kunden im Januar 2023 gedacht, dass DAX & Co. im 1. Halbjahr diese Rallye hinlegen? Wohl kaum. Und auch in schwierigeren Marktphasen gibt es Stabilitätsanker. Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die eine rezessive Phase vergleichsweise gut aushalten. Oder eben auch Finanzwerte, die ihrerseits wiederum von Zinsanstiegen profitieren. Den in den vergangenen Monaten wieder hochgepriesenen und mit deutlichen Kursanstiegen gefeierten Tech-Aktien dürften Zinsanhebungen nicht sonderlich gefallen. Doch die Mehrheit der US-Giganten in dieser Branche wird das gut „aussitzen“ können – ihre Marktstellung ist einfach zu stark. Für den Beratungsalltag dürfte das 2. Halbjahr interessant bleiben. Ihren Kunden legen Sie dabei bitte ans Herz, die Nerven zu behalten, auf die vergangene Performance zu schauen und die Langfristigkeit der Anlage zu bedenken. Schließlich geht es um Vermögensaufbau mit kapitalmarktnahen Finanzprodukten, nicht um schnelles Geld. (ah)