Es kommt so einiges auf Sie zu

06.10.2014

Foto: © Sergey Nivens - Fotolia.com

Neben der EU, die Sie mit AIFM, MIFID und anderen Regularien beschenkt, ist auch der deutsche Gesetzgeber nicht untätig geblieben und hat zwei Gesetze als Referentenentwürfe auf den Weg gebracht, die dazu geeignet sind, Ihre Arbeit im Sachwertbereich erheblich zu beeinflussen.

Es handelt sich um den Entwurf eines Gesetzes Kleinanlegerschutzgesetzes sowie den sperrig benannten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes.

Es zählt, was fehlt. Der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes korrigiert bestehende Gesetze und ist mit 43 Seiten zwar umfangreich, versäumt es aber, die durch die Kollision von GewO und KWG entstandene Lücke auszufüllen, in die bestimmte AIFs fallen, wenn sie von Vermittlern mit Zulassung nach § 34f GewO vermittelt werden. Die BaFin besteht nach wie vor auf ihre Gesetzesauslegung, dass in solchen Fällen eine Vermittlung nur mit KWG-Lizenz stattfinden darf. Hier hatte die Vermittlerschaft auf eine schnelle Regelung durch den Gesetzgeber gehofft, der diese Kollision verursacht hatte. Leider blieb eine Nachbesserung aus, so dass wir uns bis zur nächsten Korrektur-Runde der immer komplexer werdenden Gesetze mit der bestehenden Unsicherheit auseinandersetzen müssen.

Schutzräume für den Kleinanleger. Ausgelöst wurden die Bemühungen für ein Kleinanlegerschutzgesetz durch die jüngsten Anlageskandale bei einem Windmüller aus Husum und einem Finanzkonglomerat in Dresden. Der Referentenentwurf: „Die eingetretenen Vermögensschäden beruhten auch auf der fehlerhaften Annahme der Anleger, hohe Renditen könnten ohne Risiko erreicht werden. Als Folge dieser irrigen Annahme wurde nicht nur das Vertrauen der betroffenen Privatanleger, sondern auch das Vertrauen nicht unmittelbar betroffener Anleger in den Finanzmarkt getroffen. Damit stellt sich erneut die Frage, wie und in welchem Umfang der Schutz von Anlegern weiter verbessert werden kann." Um diese Frage zu beantworten, hat das Verbraucherschutzministerium den „Referentenentwurf eines Gesetzes Kleinanlegerschutzgesetzes" (so lautet der Titel tatsächlich) auf den Weg gebracht, der zum Jahreswechsel Gesetzeskraft erlangen soll. Die darin enthaltenen Regelungen werden erhebliche Auswirkungen auf den Bereich der Sachwert- und ggfls. auch auf einzelne Direktinvestments haben.

Der Gesetzesentwurf enthält im Wesentlichen Vorgaben zur Konkretisierung und Erweiterung der Prospektpflicht, wie bspw. die Pflicht, auch nach Beendigung des öffentlichen Angebots für Vermögensanlagen bestimmte Informationen mitzuteilen wie die Einführung einer Mindestlaufzeit der Vermögensanlage etc. Im Ergebnis soll mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf der Schutz von Anlegern verbessert und damit das Risiko von Vermögenseinbußen vermindert werden.

Vieles wird zur Vermögensanlage nach VermAnlG

Die Vermittlerschaft betrifft ganz wesentlich der Artikel 2, Ziffer 2 des Referentenentwurfes. Ganz neu ist, dass – sobald der Gesetzesentwurf zum Gesetz wird – eine ganze Reihe von heute kaum regulierten Anlageformen zu Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG werden und entsprechenden Regularien unterliegen. Vermögensanlagen im Sinne dieses Gesetzesentwurfs sind nicht in Wertpapieren im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes verbriefte und nicht als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs ausgestaltete:

  • Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren
  • Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen)
  • partiarische Darlehen
  • Nachrangdarlehen
  • Genussrechte
  • Namensschuldverschreibungen
  • sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen Vermögenswert auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln, sofern die Annahme der Gelder nicht als Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Kreditwesengesetzes zu qualifizieren ist

Was heißt hier eigentlich „Vermögensanlage"?

Das Kleinanlegerschutzgesetz unterwirft die oben genannten Anlageformen dem VermAnlG – in diesem Sinne ist der Begriff „Vermögensanlage" zu verstehen. Die Folgen für derzeit weitgehend unregulierte Formen wie Nachrangdarlehen, Genussrechte etc., die aktuell nur auf Basis eines Vertrages auf einigen wenigen fliegenden Zetteln vermittelt werden können (und teilweise auch werden), sind weitreichend.

Bald erforderlich: Prospektierung und mehr. Die Qualifizierung als Vermögensanlage bewirkt eine Prospektpflicht nach der VermVerkProspV und weiterer Regularien sowie eine zwingend notwendige Gestattung der BaFin. Der Gesetzgeber erzwingt, anders als in den bekannten KG-Fonds-Prospekten von um 2010, als zusätzliche Erfordernis Angaben zu der Anlegergruppe, auf die die Vermögensanlage abzielt, vor allem im Hinblick auf den Anlagehorizont des Anlegers, und zu möglichen Verlusten, die sich aus der Anlage ergeben können.

Hier können sich für Sie als Vermittler Haftungsfallen ergeben

Vermitteln Sie an eine abweichende Anlegergruppe als im Prospekt genannt, ist eine Falschberatung Ihrerseits – und entsprechende Haftung – zukünftig möglich. Zusätzlich prüft die BaFin die Kohärenz im Verkaufsprospekt der Vermögensanlage: „Bei der Prüfung der Kohärenz prüft die Bundesanstalt insbesondere, ob für das laufende und das folgende Geschäftsjahr die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten, die Geschäftsaussichten sowie ihre Auswirkungen auf die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen zur Zinszahlung und Rückzahlung für die Vermögensanlage nachzukommen, im Verkaufsprospekt widerspruchsfrei dargestellt werden." Die Vermittler treffen jedoch zusätzlich die Pflichten nach der FinVermV.

Prospekte mit Verfallsdatum, Verbot der Nachschusspflicht, Mindestlaufzeit. Das Kleinanlegerschutzgesetz gibt Verkaufsprospekten für Vermögensanlagen erstmals ein Verfallsdatum: „Ein Verkaufsprospekt ist nach seiner Billigung zwölf Monate lang für öffentliche Angebote gültig, sofern er um die nach § 11 erforderlichen Nachträge ergänzt." Diese Regelung ist zwar für Anleger und Vermittler günstig, für Emittenten eher nicht. In der Praxis wird sie dazu führen, dass sich Emittenten in einer Art andauernden, ganzjährigen Prospektierungsphase befinden werden, da, um eine kontinuierliche Platzierung über mehrere Jahre nahtlos durchführen zu können, erfahrungsgemäß bis zu einemhalben Jahr vor „Ablauf" des alten Prospekts schon der neue Prospekt bei der BaFin eingereicht werden sollte, um den „neuen" gestattet zu bekommen, wenn das Verfallsdatum des „alten" bevorsteht. Emittenten, die nicht spätestens im Februar 2015 mit der Prospektierung beginnen, werden zwangsläufig zeitliche Probleme bei der Gestattung ihrer Prospekte durch die BaFin bekommen.

Vermögensanlagen werden nach Gesetzesentwurf eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des Erwerbs haben, eine Kündigung durch den Anleger kann nur mit einer Frist von mindestens 12 Monaten erfolgen – Eckdaten, die Sie zukünftig Anlegern unbedingt mitteilen müssen, da diese die Verfügbarkeit seines Anlagekapitals einschränken. Vermögensanlagen, die eine Nachschusspflicht des Anlegers vorsehen, sollen zum öffentlichen Angebot nicht mehr zugelassen sein, was sicherlich eine positive Entwicklung sowohl für Anleger wie auch Vermittler ist.

Kann die Generalklausel Direktinvestments zu Vermögensanlagen machen? Beginnen wir mit dem letzten Punkt der vorher genannten Aufzählung. Der Gesetzgeber sieht hier vor, nicht in der Aufzählung erfasste Anlageformen zu Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG zu machen, wenn diese folgende Merkmale aufweisen: Die Anlageformen gewähren einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung oder sie vermitteln im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen Vermögenswert auf Barausgleich gerichteten Anspruch. Zu Deutsch: Es wird Geld für überlassenes Geld gezahlt und/oder es gibt einen Rückzahlungsanspruch für so überlassenes Geld. Wenn Sie über diese Generalklausel nachdenken, wird Ihnen sicherlich einfallen, dass einige Direktinvestments, z. B. das ein oder andere Container-Angebot, ihrer aktuellen Ausgestaltung nach unter diese Generalklausel fallen könnten. Danach befragt, ob darunter auch Direktinvestments (z. B. Container) fallen könnten, wenn die vertragliche Gestaltung eine bestimmte Zinszahlung und die Rücknahme des Investitionsgutes zu einem bestimmten Preis vorsieht, antwortet Martin Klein, Geschäftsführer des VOTUM-Verband: „Ja, es könnte sein, dass Angebote mit festen Laufzeiten, garantierten Mieten und Rücknahme preisen zukünftig gem. § 1 a Ziffer 7 als Vermögensanlage gelten." Und auch Norman Wirth, Vorstand des AfW, bestätigt kurz und knapp: „Ja, das ist bisher nicht auszuschließen."

Dürfen Sie Vermögensanlagen nach VermAnlG vermitteln? Voraussetzung zur Vermittlung von Vermögensanlagen nach dem VermAnlG ist eine Zulassung nach § 34f Ziffer 3 GewO. Derzeit sind nur knapp 7.000 Vermittler in dieser Kategorie – im Vergleich dazu bei Ziffer 2 (geschlossene Investvermögen, AIFs) ca. 12.000 Vermittler, bei Ziffer 1 (offene Investvermögen) ca. 40.000 Vermittler. Sofern Sie bereits eine Zulassung nach § 34f Ziffer 1 oder 2 haben, besitzen Sie nicht automatisch auch eine Zulassung für § 34f Ziffer 3. Dies erfordert in der Regel eine weitere Qualifizierung, Sachkundeprüfung, Registrierung und auch entsprechende Erweiterung Ihrer VSH-Versicherung. Beachten Sie: Bevor Sie diese Zulassung nicht besitzen, befinden Sie sich nach Gesetzeskraft des Kleinanlegerschutzgesetzes im Gesetzesverstoß. Sollten Sie dann Vermögensanlagen vermitteln, die Folgen wären nicht vergnüglich. Sofern Sie darüber nachdenken, 2015 Vermögensanlagen vermitteln zu wollen und noch keine Zulassung nach § 34f Ziffer 3 haben, sollten Sie sich jetzt schnell einen der recht knappen Prüftermine sichern.

Steigende Prämien für die VSH-Versicherung. Durch die Ausweitung der Angebote in der Kategorie 3 des § 34f GewO sind steil steigende Prämien bei der VSH-Versicherung nicht auszuschließen. Norman Wirth: „Da sich das Risiko für die Versicherer erhöht, ist mit einer Anhebung der Prämien für die Verträge zu rechnen, die den dann erweiterten Bereich des § 34f Gewerbeordnung abdecken. Interessant wird sein, wer von den Versicherern sich überhaupt pauschal dem Risiko aussetzen und eine entsprechende Police anbieten wird. Hier wage ich keine Prognose. Im Übrigen halte ich eine Ausweitung des Haftpflichtversicherungsschutzes für die Vermittlung der betreffenden Produkte für äußerst sinnvoll. Sinnvoll für die Kunden, aber auch für die Vermittler. Seit Jahren empfehlen wir schließlich: Vermitteln Sie kein Finanzprodukt ohne die Sicherheit einer Haftpflichtversicherung!"

Sicherheitsgewinn für die Vermittlerschaft. Durch die Regulierung werden die derzeit bestehenden Haftungsrisiken bei der Vermittlung der genannten Anlageformen eingeschränkt. Martin Klein: „Ich sehe hier durchaus einen Gewinn an Sicherheit für Vermittler und Anleger. Durch die Einstufung als Vermögensanlage ist klargestellt, dass die Vermittlung nur durch KWG-Institute oder Personen durchgeführt werden darf, die über eine Erlaubnis nach § 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO verfügen (6.698 zum 30.06.14). Diese müssen zwingend über eine Vermögenschadenhaftpflichtversicherung verfügen, so dass bei einer Fehlberatung die Ansprüche der Anleger zumindest abgesichert wären." Wirth sieht es ähnlich: „Betrachtet man das Thema mit Blick auf PROKON, dürfte eine Änderung sicherlich zu einem Mehr an Sicherheit für Anleger führen. Zudem war im Zuge des Inkrafttretens des KAGB und des § 34f Gewerbeordnung verstärkt zu bemerken, dass es eine Vermehrung unseriöser Geschäftsmodelle gab. Insbesondere die Konzeption von partiarischen Darlehen, Genussrechten und Genossenschaftsmodellen wurden häufig ganz bewusst gewählt, um nicht in den regulierten Bereich zu kommen. Insofern ist es einerseits für die Kunden positiv, dass hier strenger reguliert wird. Es ist aber auch für die Vermittler gut, da auch für sie das Risiko sinkt, versehentlich Produkte zu vermitteln, die – vorsichtig ausgedrückt – nicht dem Kundeninteresse entsprechen. Sehr bedauerlich ist jedoch, dass der nun kommende bürokratische Aufwand auch gute und seriöse Produktgeber trifft."

Die letzte Grauzone. Mit der Regulierung der genannten Anlageformen verbleiben wenig gestalterische Möglichkeiten für unseriöse Anbieter von Geldanlagen. Wie wir aus dem Markt hören, wird die Form der Genossenschaft, die bisher von Regulierungen im Finanzbereich verschont blieb, zur letzten Fluchtburg windiger Anbieter werden und diese honorige Form in Misskredit bringen. In einer der nächsten Ausgaben mehr zu diesem Thema. (cs)

Die Zukunft des Vertriebs – Printausgabe 05/2014