Es braucht aktives Investieren

17.10.2023

Michaela Lamers und Patrick Vogel. Fotos: TBF Global Asset Management GmbH

Mit dem „Think Tank Active Investing“ haben Donner & Reuschel sowie TBF ein neues Format ins Leben gerufen. finanzwelt war bei der Eröffnungsveranstaltung in Hamburg dabei und sprach mit Michaela Lamers, Head of Marketing & Communications zum Konzept und mit Patrick Vogel, Leiter strategisches Asset Management, über den Flaggschifffonds, den TBF SPECIAL INCOME.

finanzwelt: Frau Lamers, die Initiative „Think Tank Active Investing“ hört sich auf den ersten Blick wie ein erneuter Versuch an, dem aktiven Management Rückenwind im Kampf gegen den ewigen ETF- Boom der vergangenen Jahre zu verleihen. Täuscht der Eindruck?

Michaela Lamers: Das ist zu kurz gesprungen. Dieses neue Format, Ergebnis einer Kooperation von TBF und Donner & Reuschel, soll keine Neuauflage der klassischen Diskussion um den richtigen Investmentstil, aktiv und passiv, sein. Die Argumente dieses Glaubenskriegs wurden vielfach angeführt und liegen auf dem Tisch. Nein, unser Blick ist weiter und sozusagen über den Tellerrand hinaus. Wir möchten Denkanstöße für aktives Investieren geben. Die Welt ist im rasanten Wandel und wir leben in Zeiten tiefgreifender Veränderungen. Das gilt es, sich permanent vor Augen zu führen und zu erkennen, welche wesentliche Rolle aktives Investieren in diesem Umbruch hat.

finanzwelt: Es ehrt Sie, dass Sie Impulse geben möchten. Doch wo sind die Stimmen der anderen großen Häuser, die eine Lanze für aktives Investieren brechen?

Lamers: Ja, da haben Sie einen Punkt. Donner & Reuschel sowie TBF sind beides mittelständische Unternehmen und können Ideen entsprechend agil umsetzen, ohne große Gremien und Hürden. Zudem haben die „Big Player“ selbst aktive sowie passive Investmentvehikel. Dennoch entsteht der Eindruck (vor allem im Social Media Bereich, Stichwort: „Finfluencer“), die aktiven Asset Manager würden das Terrain gänzlich ihren passiven Pendants überlassen. Hier gilt es, entgegenzuwirken, Akzente zu setzen und Wissen zu vermitteln. Unsere Denkfabrik versteht sich auch nicht als geschlossener Kreis, d. h. die Aufnahme weiterer KVGen ist ausdrücklich erwünscht. Ich würde mich persönlich z. B. sehr darüber freuen, mit Kollegen aus dem Marketing & Kommunikation in den Austausch zu treten und konkrete Marketingmaßnahmen zu erarbeiten und unsere Kräfte zu bündeln. Der Austausch untereinander und das Ringen um Lösungen stehen im Zentrum und bringen letztlich dann die erhofften Mehrwerte. Für uns alle und damit auch für die Investoren.

finanzwelt: Kommen wir auf Ihre Denkfabrik zu sprechen. Wie sieht das konkret aus?

Lamers: Wir verstehen den „Think Tank Active Investing“ als eine Art interdisziplinär zusammengesetzte Ideenagentur, die die Vielschichtigkeit des dynamischen Wandels im 21. Jahrhunderts beleuchtet und welche Bedeutung aktives Investieren in dem Umfeld hat. Die Wissensvermittlung steht im Zentrum, um sich Herausforderungen zu stellen und langfristig am Kapitalmarkt erfolgreich zu sein. Schon Aristoteles gab zu bedenken, dass wir ‚den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen können‘. Das schließt dann den Kreis zum aktiven Handeln statt dem steten Blick in den Rückspiegel.

finanzwelt: Den Blick in die Zukunft richten und sich dem permanenten Wandel zu stellen. Klingt gut. Wie setzen Sie das beispielsweise intern bei TBF um?

Lamers: Die Mischung macht’s. Auch personell. Impulse ergeben sich mit einem Mix aus erfahrenen und neuen Gesichtern. Es ist wichtig, frischen Wind reinzubringen, Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu analysieren und dabei gleichzeitig von jahrzehntelangem Erfahrungsschatz zu profitieren. So haben wir das Team stetig erweitert und sind für die Herausforderungen der Zeit gut aufgestellt. Denken Sie beispielsweise an die Bedeutung des Technologie-Sektors oder den Stellenwert der Schwellenländer auf dem internationalen Finanzparkett. Hier braucht es Expertise – wir liefern diese. Auch die Weiterentwicklung des hausinternen Risikomanagement-Systems und die Stärkung der ESG-Kompetenz zählen hierzu.

finanzwelt: Die erste Veranstaltung Ihrer Denkfabrik fand zum Thema Aktieninvestments statt.

Lamers: Die Runde der Experten lieferte Einblicke und Impulse, wie die Wirtschaft in wenigen Jahren aussehen kann, was dies für Unternehmen bedeutet und welchen Beitrag hier aktives Investieren leisten kann, Beispiel: disruptiver Wandel. Die digitale Transformation, die geopolitischen Einflüsse und Veränderungen im Kundenverhalten bringen völlig neue Geschäftsmodelle mit sich. Dabei ist es entscheidend, dass Unternehmen in ihrer Entwicklung von Geldgebern unterstützt werden, wie aktiven Asset Managern, um weiterhin operativ stark zu bleiben. Der Anleger hat hier wiederum die Wahl, das Kapital gezielt dort wirken zu lassen, was der eigenen Überzeugung entspricht. Beispielsweise in Zukunftsprojekte, Transformation, aber auch traditionelle oder nachhaltige Produkte. Was bedeuten die veränderten Wertschöpfungsketten nun für die Aktienanalysen und inwiefern muss sich unsere Branche eventuell transformieren. Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, auch um die Frage, wie Kapitalmärkte wohl aussehen würden, wenn es keine aktiven Asset Manager mehr gäbe. Ein rundum gelungener Auftakt unserer Initiative.

finanzwelt: TBF wurde im Jahr 2000 gegründet, ist inhabergeführt und steht für aktives Asset Management. Ihre Fondspalette deckt vieles ab. Ein zentraler Baustein ist der TBF SPECIAL INCOME. Können Sie uns das Produkt etwas näherbringen?

Patrick Vogel: Gerne. Der TBF SPECIAL INCOME ist ein diversifizierter, global breit gestreuter Multi-Asset-Fonds. Ziel ist, eine von der Entwicklung der Kapitalmärkte unabhängige Rendite bei gleichzeitig niedrigerem Risiko zu generieren. Hierfür kombiniert der Fonds verschiedene Anlageklassen. Auch hier schauen wir über den Tellerrand hinaus. So integrieren wir Spezialsituationen, also Aktien von Unternehmen, bei denen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BuG) vorliegt bzw. ein Squeeze-Out (SO) erwartet wird. Damit aber nicht genug. Zur Diversifikation wählen wir Geschäftsmodelle aus, die losgelöst von allgemeinen volkswirtschaftlichen Themen Mehrwert generieren sollen. Somit können wir langfristig von der Digitalisierung, aber auch von medizinischem Fortschritt, dem sich anpassenden Konsumentenverhalten oder der wirtschaftlichen Transformation profitieren. Wir versuchen, nicht in alten Denkmustern zu verharren, so dass wir kontinuierlich neue Informationen diskutieren und auswerten. Paradigmenwechseln, wie dem Zinsniveau, möchten wir dadurch gerecht werden. Hier erwähne ich exemplarisch Substanztitel mit niedriger Verschuldung.

finanzwelt: Was lässt sich über die regionale Aufteilung sagen?

Vogel: US-amerikanische Werte machen einen Großteil im Portfolio aus. Hier gibt es einen klaren Schwerpunkt aufgrund der Titel-Selektion, denn starre Vorgaben bzw. Grenzen existieren nicht. Wir setzen uns mit den möglichen Zielunternehmen qualitativ und quantitativ ganz detailliert auseinander und haben so ein Auge für sich ergebende Opportunitäten, wo andere vielleicht nicht hinschauen. Diese Nähe zu und der Austausch mit den Unternehmen ist für den Investmentprozess zentral.

finanzwelt: Daneben heben Sie die hauseigene Unternehmensdatenbank und das Risikomanagement hervor.

Vogel: Absolut und das zu Recht. Seit Gründung wurde eine sich stetig erweiternde Datenbank für die fundierte Analyse der Unternehmen aufgebaut. Vorausgelagert ist eine entsprechende Fundamentalanalyse. So stellen wir sicher, dass der mögliche Titel unseren Erwartungen vollends entspricht. Auf der anderen Seite spielt die aktive Risikosteuerung (Q-Faktor) eine entscheidende Rolle, wenn es um die Steuerung des Marktrisikos geht.

finanzwelt: Welche Bedeutung messen Sie ESG-Kriterien bei? Und wie schlägt sich der Fonds im laufenden Jahr?

Vogel: Die Implementierung von ESG-Kriterien ist ein weiterer elementarer Baustein unseres Investmentprozesses. Ein laufendes Monitoring stellt hierbei sicher, dass wir bei etwaigen Veränderungen sofort handlungsfähig sind. Unser Flaggschifffonds, den es übrigens seit etwas mehr als zehn Jahren gibt, steht aktuell bei einem Plus von 7,5 % seit Jahresbeginn. (ah)