Energieverhalten privater Haushalte im Wandel

06.07.2022

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Neben dem neuen Umweltbewusstsein vieler Menschen treibt gerade auch der zunehmende Kostendruck durch Krieg und Inflation den Wunsch nach mehr Energiesouveränität privater Haushalte. Das zeigt die repräsentative Studie „Ökologische Nachhaltigkeit als Treiber der Transformation des Wohnens der Technischen Universität Darmstadt und von Baufi24.

Für die empirische Studie wurden Eigentümerinnen und -eigentümer sowie Kaufaspiranten und -aspirantinnen befragt. Rund 71 % gaben dabei an, von einer umweltbewussten Grundeinstellung geprägt zu sein. Dieses Bewusstsein spiegelt sich den Ergebnissen zufolge auch in der finanziellen Bereitschaft wider, mehr Geld für Nachhaltigkeit auszugeben. Rund 50 % der Studienteilnehmenden würden dementsprechend bis zu 10 % des Immobilienwerts zusätzlich für umweltbewusstes Wohnen investieren. Weitere 23 % sogar mehr als 10 %. Bereits ein Drittel der privaten Investorinnen und Investoren, die im Eigentum wohnen, bewerten die energetische Qualität ihrer Immobilie als überdurchschnittlich. „Wir sehen, dass der Trend zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit noch am Anfang steht, sich aber immer mehr etablieren wird“, weiß Prof. Dr. Andreas Pfnür, Studienleiter seitens der TU Darmstadt.

Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit

Der steigende Kostendruck im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, weiter wachsender Ressourcenknappheit und Befürchtungen um einen Gasmangel hat den Wunsch nach Energieautarkie stark verschärft. 81 % der privaten Haushalte möchten zukünftig möglichst wenig Energie von Drittanbietern beziehen und damit ihre Energiekosten verringern. 57 % der Befragten geben bereits heute nach eigenen Angaben mehr als 30 % ihres Netto-Einkommens für Wohnen aus. „Die Nachhaltigkeit am Bau durchlebt einen dramatischen Wandel, denn die überwältigende Mehrheit der Immobilienbesitzerinnen und -besitzer sowie der Kaufaspirantinnen und -aspiranten stimmt zu: Nicht nachhaltig zu bauen ist aufgrund der steigenden Nebenkosten nur noch schwer leistbar. Damit haben wir eine ökonomische Trendwende in Richtung Energiesouveränität in Rekordzeit erreicht“, erläutert Tomas Peeters, Baufi24-CEO.

Die Studie identifiziert vier Trends in Richtung Nachhaltigkeit im Immobilienwesen, die durch den Wunsch nach mehr Energieunabhängigkeit zu begründen sind:

1. Schon beim Bauprozess erfolgt eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeit der Immobilie

Sechs von zehn Befragten halten industriell vorgefertigte Immobilien für zukunftsfähig, da sie kostengünstiger in der Bauweise sind. Um Abhängigkeit von Rohstoffen und Lieferketten zu vermeiden und Umweltbelastungen z.B. durch unnötige Transportwege zu reduzieren, erachtet die Hälfte der Teilnehmenden zudem regionale Baumaterialien als wichtig.

2. Hohe Investitionsbereitschaft in verbesserte technische Gebäudeausstattung

Die Bereitschaft zur Investition in die technische Ausstattung von Gebäuden ist der Studie zufolge hoch. 82 % der Befragten ziehen dementsprechend eine Investition in Solaranlagen, Wärmepumpen oder Stromspeicher in Betracht. Ein durchschnittlich weit zurückliegendes Baujahr bei selbstgenutzten Immobilien (1975) kommt zusätzlich hinzu. „Dieses Ergebnis bringt hohes Potenzial für die Immobilienbranche mit sich. Durch die Investition in regenerative Energien kann die Bevölkerung sowohl zunehmende Kosten vermeiden als auch dem eigenen Umweltbewusstsein gerecht werden“, schlussfolgert Prof. Dr. Pfnür.

3. Grüne Standorte werden wichtiger als Nähe zu Familie und Freunden

Laut Studie ist fast 90 % der Bevölkerung die Nähe zu Grün- und Freiflächen wichtig. Nur drei Viertel der Befragten halten die Nähe zu Familie und Freunden in ihrer Standortwahl für bedeutend. Die Studienautoren folgern daraus, dass der ländliche Wohnraum in Zukunft an Attraktivität gewinnt. So würden auch die Ballungsgebiete entlastet werden. Im Grünen soll aber dennoch ein klassisches Eigenheim stehen. Sieben von zehn Befragten bevorzugen frei stehende Einfamilienhäuser als zukünftigen Immobilientyp. Im Hinblick auf Umweltbewusstsein und Kostendruck überrascht das Ergebnis. Denn besonders diese Wohnform bedeutet einen hohen Bedarf an Fläche, Baumaterialien und Energie.

4. Flächeneffiziente und flexible Grundrisse sparen zukünftig Energie

Überflüssige Fläche sorgt für höhere Nebenkosten. Über ein Drittel gibt dennoch an, mehr Platz zur Verfügung zu haben, als nötig. 80 % der Befragten halten effektive Flächennutzung in der Zukunft für bedeutsam. Über die Hälfte der Hauseigentümer erachtet flexible Grundrisse als wichtig, um Energie und somit Wohnkosten einzusparen. Die Studienherausgeber sind sich zudem einig, dass die Ergebnisse Rückschlüsse auf die Wünsche und Forderungen aus allen Teilen der Bevölkerung zulassen: Förderung hin zu ökologisch nachhaltigem Wohnen in individuellen Bestandsgebäuden und skalierbaren Neubauprojekten müssen stärker in den Mittelpunkt gerückt werden, um den Herausforderungen an Klimaschutz, Ressourcenknappheit und Wohnungsnot gerecht zu werden. (lb)