Einst Liebling, nun verschmäht?
27.10.2023
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Gemischte Fondslösungen waren über Jahre hinweg das Nonplusultra. Mindestens zwei Assetklassen (Aktien und Anleihen) in einem Produkt verpackt und eine gute Story. Doch die Zeiten haben sich geändert. Mischfonds/Multi-Asset-Lösungen haben es schwerer. Das zeigen die Statistiken. Entscheidend scheint (für den Augenblick) zu sein, dass Fondsmanager ihrer Philosophie treu bleiben und das Produkt nicht permanent nach sich ändernder Wetterlage anpassen. Eine Bestandsaufnahme.
Zeiten für die Fondsbranche. Der deutschen Fondsbranche flossen im 1. Halbjahr netto 38 Mrd. Euro zu, wie der deutsche Fondsverbandes BVI berichtet. Während der Absatz von offenen Publikumsfonds gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 8,3 auf 10,9 Mrd. Euro anstieg, hielten sich institutionelle Anleger mit Neuinvestments in offenen Spezialfonds signifikant zurück. Diesen Portfolios flossen in dem Zeitraum 18,5 Mrd. Euro zu. Deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum. Schaut man auf die Fondskategorien, zeigt sich, dass Mischfonds ihren Status als Anlegerlieblinge eingebüßt haben. Investoren trennten sich erneut in erheblichem Umfang von ihren Anteilen in den Portfolios. In den Monaten Januar bis Juni belief sich der Rückgang auf 4,3 Mrd. Euro, im 2. Quartal auf 1,9 Mrd. Euro. Das zeigen die BVI-Zahlen. Auf der anderen Seite konnten sowohl Geldmarktfonds (+4,8 Mrd. Euro im 2. Quartal) als auch Aktienfonds (+2,5 Mrd. Euro im 2. Quartal) deutliche Nettomittelzuflüsse verbuchen.
Zeiten ändern sich
Die Welt, wie wir sie kennen, verändert sich fortlaufend: Digitalisierung, Dekarbonisierung, demografische Entwicklungen und auch eine Art der Deglobalisierung. In dieser dynamischen Welt geht es um das Wissen, Veränderungen nutzbar zu machen. An den Kapitalmärkten sind diese Eigenschaften wichtig. So war das vergangene Jahr ein sehr herausforderndes Jahr für Aktien und insbesondere Anleihen zugleich. Das weltweite Heißlaufen der Inflation beherrschte die Schlagzeilen und Märkte. Die in der Folge stark gestiegenen Zinsen führten am Anleihemarkt zu drastischen Verlusten. Insbesondere langlaufende Anleihen verloren deutlich an Wert. Klassische Methoden zur Vermögensaufteilung (beispielsweise: 60/40 Aktien/Anleiheportfolien) hatten es schwer, zumal sie weder eine Dekorrelation noch einen Risikoabbau ermöglichten. Eine „Zufluchtsmöglichkeit“ fehlte.
Konsistenz oder Taktik?
Auch 2023 hält Überraschungen für Anleger bereit. Wir sehen ein besseres Jahr für die Volkswirtschaften als viele erwartet hatten. Die Rallye, die wir seit Jahresbeginn bei Aktien beobachten konnten, freut Investoren, stellt sie jedoch auch vor Herausforderungen. Der Rest des Jahres könnte anfällig(er) für starke Schwankungen an den Kapitalmärkten werden. Bei vielen Schlüsselfaktoren wie Inflation, Geldpolitik und Konjunktur gibt es nach wie vor mehr Fragen als Antworten. Gewonnen haben 2023 vor allem viele Verlierer des Jahres 2022: Tech- und sonstige Growth-Aktien. Der MSCI World legte satt zu, andere Indizes ebenso. Wie performen Mischfonds vor diesem Hintergrund? Sind es die großen Namen, die das Rennen machen?
Die Frankfurter Envestor GmbH hat jüngst ihre Ergebnisse der Mischfondsbilanz vorgelegt. Mit Blick auf den bisherigen Jahresverlauf heben die Autoren hervor, dass die diesjährige „Erleichterungsrallye“ viele Investoren und auch Manager auf dem falschen Fuß erwischt hat. Das Frühjahr war im Verlauf doch eher verhalten, doch mit Beginn des Sommers zogen die Märkte deutlich an. Mitunter überraschend für die Experten. Laut Envestor hat der Acatis Value Event Fonds im bisherigen Jahresverlauf immens outperformt. Der bei Investoren beliebte Flossbach von Storch Multiple Opportunities hat hier das Nachsehen. Der Allianz Income and Growth und der eher defensive Nordea Stable Return reihen sich ein. Dagegen enttäuscht der Carmignac Patrimoine. Autor Ali Masarwah hebt hervor, dass es einigen Mischfonds nicht gelungen sei, ein stimmiges Bild in den schwierigen Marktphasen 2022 und 2023 zu liefern. Produkte renommierte Häuser wie BlackRock, Fidelity oder Union Investment werden aufgeführt. Langfristig sei die strategische Vermögenssteuerung wichtiger als die taktische Asset Allokation, so die Argumentation von Masarwah. Anders ausgedrückt: Investoren schielen zwar auf eine attraktive Performance, aber sie brauchen auch Berechenbarkeit. Stiltreue sei hier der entscheidende Begriff, unterstreichen die Envestor-Experten.
Hier kommen Sie, liebe Berater, ins Spiel. 2022 als auch das laufende Jahr sind herausfordernd und teilweise in ihrem Verlauf sehr überraschend. Vergleichen Sie die Wertentwicklung der Fonds unter Zugrundelegung der jeweiligen Fondsphilosophie. Kam eventuell zu viel Taktik ins Spiel oder blieben die Manager ihrer Linie treu? Spannende Ergebnisse, die sie geschickt in ihren Beratungsalltag einfließen lassen können. (ah)