Eine unterschätzte Gefahr: Das Ende der Globalisierung
03.02.2025
Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH
In den 1990er Jahren wurde die Globalisierung der westlichen Welt mit aller Macht vorangetrieben. Politik und Unternehmen verlegten einen merklichen Anteil der Arbeitsplätze ins Ausland, vornehmlich nach Asien. Dort wurden die Basisarbeiten bei den Produkten erledigt. So konnte man die Herstellungskosten drastisch verringern.
Außerdem wurden die Gehaltsforderungen der hiesigen Arbeitnehmer auf niedrigem Niveau gehalten, zumal sich die Inflationsrate bei unter zwei Prozent errechnete. Beides zusammen führte zu einer Optimierung der Unternehmensgewinne. Allerdings auch dazu, dass die Führungskräfte enorme Gehälter bekamen, während es im unteren Einkommensbereich nach Inflation zu realen Einkommens Einbußen kam. Da aber die Wertverluste gering waren, war man froh, seinen Arbeitsplatz zu behalten. Der Mittelstand entwickelte sich unterschiedlich. Die einen konnten sich dem Trend der Eliten anschließen, andere konnten gerade mal das erreichte Niveau halten.
Während Deutschland mit dem Motto „weiter so“ sich auf dem damals erreichten Level „ausruhte“, baute Amerika seine führenden Positionen im Bereich „Finanzen“, „Computer und Digitalisierung“, „Raumfahrt“ weiter aus und produzierte (trotz „Ampel“) das erste Elektroauto. Aber auch die Entwicklungsländer machten riesige Fortschritte. Sie produzierten nicht nur die Vorprodukte für den Westen, ihre Endprodukte kamen der Qualität der Industrienationen immer näher. Die Hoffnungen unserer Verantwortlichen, dass sich nach Ende des „Kalten Krieges“ die östlichen Länder auch zu liberalen, demokratisch denkenden Regionen entwickeln werden, scheinen sich aktuell zerschlagen zu haben. Die Zeit der Pandemie legte unsere problematische Abhängigkeit brutal offen.
In USA haben nun Leute wie Trump und Musk das Sagen. Ein Duo, dass bis heute höchstens Kopfschütteln verursacht. Allerdings hat Trump erkannt, dass die Globalisierung den USA ein enormes Handelsbilanzdefizit eingebracht hat, das er mit Zöllen reduzieren will. Der Zeitpunkt erscheint für ihn gut, da er China als „angeschlagen“ ansieht. Aber es geht ihm auch darum, dass die inzwischen qualitativ guten Produkte aufgrund ihrer billigeren Preise auch den amerikanischen Konsumenten erreichen. Zumal diese recht hoch verschuldet, deshalb auch knapp bei Kasse sind und der Preis daher eine überaus wichtiges Entscheidungsmerkmal darstellt. In China kann eine ausländische Firma nur Fuß fassen, wenn sie einen chinesischen Partner mit ins Boot nimmt. Dieser kann dann relativ einfach auf das Knowhow zurückgreifen.
Die Zölle der Amis werden zwei weitere Probleme schaffen. Zum einen muss mit chinesischen Gegenmaßnahmen gerechnet werden, die sich leicht zu einem Wirtschaftskrieg entwickeln können. Sie müssen nur einige Vorprodukte oder Rohstoffe verteuern oder den Export einschränken. Der internationale Währungsfonds hat in einer ausführlichen Studie errechnet, dass eine „stärkere wirtschaftliche Fragmentierung“ das Welt-BiP um fünf bis sieben Prozent verringern könnte. Aber selbst eine nur leichte Rezession können sich die USA aufgrund ihrer hohen Staatsverschuldung nicht mehr leisten. Inwieweit China und Indien auch aus ideologischen Gründen reagiert, ist auch noch im Unklaren. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass alle unter einer solchen Entwicklung leiden.
Zölle werden außerdem auf jeden Fall die Preise steigen lassen. Das wird die Inflation wieder stärke anheizen. Höhere Preise werden nicht nur das Konsumverhalten beeinflussen, sondern auch die Notenbankpolitik. Die Währungshüter werden dann kaum die Zinsen, wie von allen Börsianern erhofft, weiter senken. Sie müssten diese zur Inflationsbekämpfung sogar wieder erhöhen. Ein Trauma für die Wirtschaft, den Konsumenten und den Immobilienmarkt. Die Tax-Foundation hat errechnet, sollte Trump die angesagten Zölle einführen, würde dies dem Staat über 500 Milliarden Dollar einbringen, das BiP aber um 0,8 Prozent schrumpfen und die Beschäftigung um fast 700.000 Arbeitsplätze zurückgehen würden. Hier sind allerdings chinesische Gegenmaßnahmen noch nicht eingerechnet. Inwieweit andere Länder wie Vietnam oder Korea zumindest teilweise Ausgleich schaffen können, ist schwierig zu beurteilen. Auch die Ausweisung billiger Arbeitskräfte (zum Beispiel Mexikaner) könnte die USWirtschaft schädigen.
Den Anleger würde eine solche Entwicklung negativ tangieren, vor allem im amerikanischen Aktienmarkt. Denn sie träfe auf einen „gut bezahlten“ (Shiller-KGV 38), positiven Markt (die meisten Prognosen sind bullish) und auf eine extreme Konzentration. Über 70 Prozent der weltweiten Investitionen fließen in den US-Markt.
Und davon ein massiver Anteil in etwa zehn Werte. Andererseits ist das US-Wachstum derzeit recht hoch bei etwa drei Prozent, und wenn Trump Steuersenkungen durchführt, können die US-Aktien auch noch zehn Prozent steigen. Wenn die Fed oder der Markt selbst dann aber mit steigenden Zinsen reagieren, dürften die negativen Punkte zum Tragen kommen.
Aber der Zeitraum eines solchen Szenarios ist nicht kalkulierbar, weil man die jeweiligen Gegenmaßnahmen nicht kennt und wann die Parteien gewillt sind, sich an einen Tisch zu setzen, um das Gegeneinander zu beenden.
Nach wie vor halte ich die Strategie erhöhte Liquiditätshaltung, bei Anleihen und Aktien nur beste Qualität und einen zehn- bis 20-prozentigen Anteil in Edelmetallen/-Aktien für eine gute Möglichkeit für Kapitalstabilität, aber sich gleichzeitig auch die Chancen zu erhalten. Die am häufigsten gestellte Frage: Warum steigen die Goldaktien nur unterdurchschnittlich, obwohl der Goldpreis von Hoch zu Hoch steigt? Eine Antwort ist: Die östlichen Notenbanken kaufen Gold, aber keine Goldaktien. Die Anleger erzielen ihre Renditen am Aktienmarkt. Wenn der nicht mehr steigt, aber die Goldpreise weiter nach oben gehen, kommen sie unter Zugzwang.
Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.