Ein Wunderland spürt Gegenwind

17.09.2013

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Australien hat einen wirtschaftlichen Boom hinter sich. Jahrelang ging es nur bergauf, hauptsächlich infolge des chinesischen Rohstoffhungers. Dieser Appetit lässt nach – daher zeigen sich langsam die Schattenseiten dieser Abhängigkeit. Der Aussie-Dollar gerät unter Druck, die Regierung senkt das Zinsniveau, um den Binnenkonsum zu stärken.

Schon der ehemalige US-Präsident Bill Clinton wusste, worauf es im Wahlkampf ankommt – die Wirtschaft. Das sollte auch die neue australische Regierung des Konservativen Tony Abbott beherzigen. In der Vergangenheit gehörte das Land zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Australien wurde von Investoren aus aller Welt zum vermeintlich sicheren Hafen gekürt. Mit dem Ende des chinesischen Rohstoffhungers könnte der Abstieg drohen. Der Investitionsboom im Bergbau ist gestoppt, die verarbeitende Industrie schrumpft weiter, das Wachstum ist rückläufig und Ökonomen warnen vor einer Blase im Immobiliensektor.

Die Gründe für den rasanten Aufstieg Australiens liegen auf der Hand. Die heimische Rohstoffindustrie profitierte vom Rohstoffhunger der Chinesen, denn der Kontinent gehört zu den bedeutendsten Förderländern von Eisenerz und Kohle. Kapital kam ins Land. Allein die Direktinvestitionen (FDI) aus China haben sich nach Angaben der Handelskammer von 2008 bis 2012 nahezu vervierfacht. Die Rohstoffpreise erklommen Höchststände und dem Land ging es gut. Der australische Dollar legte jahrelang zu. Berater, die angesichts der Eurokrise weniger Vertrauen in unsere Gemeinschaftswährung hatten, bot der Aussie-Dollar eine Alternative.

Das langsamere Wachstum in China hat seit Anfang des Jahres dazu geführt, dass die Nachfrage nach Rohstoffen nachgelassen hat. Sollte das Wachstum im Riesenreich bis auf 5 % abrutschen, würde Australien in eine Rezession stürzen, warnte Standard & Poors. Die aktuell schlechten Zahlen aus Japan, dem zweitgrößten Hauptabnehmerland Australiens, kommen erschwerend hinzu. Die australische Zentralbank handelte und senkte den Leitzins auf 2,5 %. „Wir halten eine weitere Zinssenkung noch in diesem Jahr für wahrscheinlich. Im weltweiten Vergleich sind die australischen Zinsen weiterhin sehr hoch, und der australische Binnenmarkt ist noch nicht angesprungen. Zudem ist der Aussie-Dollar nach wie vor auf einem im historischen Vergleich recht hohen Niveau", sagt Wilhelm Schröder, Berater des NESTOR Australien Fonds. „Für die australische Volkswirtschaft würde ein weiterer Rückgang des Aussie-Dollars sehr positiv sein, ergänzt SooHai Lim, Fondsmanager des Baring Australia Fund.

Die Einbußen im Rohstoffsektor aufzufangen wird voraussichtlich problematisch werden. Der starke Anstieg der Währung belastete viele Industriezweige, die ihre Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt haben. Investitionen in Ausbildung, Forschung und Infrastruktur werden mittlerweile von allen Seiten angemahnt und insbesondere auf der Tourismusbranche ruhen viele Hoffnungen. Dennoch ist derzeit kein Königsweg zu erkennen, der die rapide schwindende Wirtschaftsleistung des Rohstoffsektors durch Wachstum in anderen Sektoren auffangen könnte. Sollte dies misslingen, werden die wirtschaftlichen Probleme zunehmen.

Fazit

Die fetten Jahre auf dem fünften Kontinent sind erst einmal vorbei. Dies bedeutet jedoch nicht der freie Fall in die Bedeutungslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit ist innerhalb der entwickelten Länder vergleichsweise moderat und die Nettoneuverschuldungsquote im internationalen Kontext noch sehr niedrig. Der Aussie-Dollar dürfte seinen Status als „sicherer Hafen" jedoch möglicherweise wieder verlieren. Berater, die das Geld ihrer Kunden in Fremdwährungsanleihen investieren, sollten das berücksichtigen.

(Alexander Heftrich)

Australien - Printausgabe 05/2013