Ein Blick in Reihe zwei ist lohnenswert
24.10.2019
Thomas Hünicke / Foto: © WBS Hünicke Vermögensverwaltung GmbH
Im Vergleich zum Dax schneidet der MDAX über alle Zeiträume durchschnittlich doppelt so gut ab. Besondere Perlen, die in der öffentlichen Wahrnehmung eher in der zweiten Reihe stehen, machen den Erfolg aus.
Die Global Investor Study des Vermögensverwalters Schroders hat ein interessantes Ergebnis zu Tage gefördert: Demnach rechnen europäische Anleger mit einer jährlichen Rendite von 9,6 Prozent in den kommenden fünf Jahren, die Deutschen geben sich mit durchschnittlich sieben Prozent Rendite jährlich zufrieden. Und das, obwohl die Konjunkturdaten sich eintrüben und die Erwartungen vieler Marktbeobachter von einer durchaus ruppigen Zukunft ausgehen. Das Interessante an diesen Ergebnissen: In den vergangenen überwiegend sehr ordentlichen fünf Jahren lag die tatsächlich erzielte Rendite hierzulande bei 4,1 Prozent.
Wer sich dennoch auf die Jagd nach einer überdurchschnittlichen Rendite begeben will, sollte seinen Blick, wenn er überwiegend in Deutschland investieren möchte, weg vom Leitindex DAX und hin zum „kleinen Bruder“ MDAX lenken. Warum? Ganz einfach: Während der DAX seit Herbst 2014 33 Prozent zugelegt hat, liegt der Zuwachs im MDAX fast beim Doppelten, nämlich bei rund 64 Prozent. Im Durchschnitt bieten die DAX-Konzerne aktuell eine Dividendenrendite von 3,7 Prozent, im MDAX sind es rund drei, im SDAX etwa 2,2 Prozent. Aber: Mit einem Rekord von 11,7 Milliarden Euro repräsentiert der MDAX nun 20 Prozent des deutschen Dividenden-Volumens. Dabei reicht die Bandbreite von keiner Dividende bei aktuellen sieben Unternehmen bis knapp 11,50 Prozent bei der pbb AG (Deutsche Pfandbriefbank), und insgesamt zwölf Unternehmen schütten Dividende von mehr als fünf Prozent aus.
Auf Sicht der vergangenen fünf Jahre deuten diese Ergebnisse vor allem auf eines hin: Indizes (und damit Werte), die nicht zu den ganz großen gehören, weisen bessere Entwicklungen auf und eignen sich daher für eine gesunde Beimischung in Aktiendepots. Für Anleger bedeutet dies, bei der Titelauswahl nicht nur auf die Gewichtung von Unternehmen in den Medien zu schauen, sondern vorrangig auf die Entwicklungsmöglichkeiten, die fundamentalen Daten und die historische Kursentwicklung. Dann lassen sich wirkliche Perlen in der Aktienlandschaft finden, die mehr Gewinn als Schlagzeilen bieten.
Zugleich sollten Anleger aber auch nicht vergessen, dass der MDAX kein Mini-Index ist. Immerhin sind dort Unternehmen wie Airbus mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 90 Milliarden Euro versammelt, und auch honorige Namen der internationalen Wirtschaft wie Puma, Osram, Hugo Boss, der Frankfurter Flughafen Fraport, die Metro und viele andere mehr finden sich in dem Index, der am 19. Januar 1996 eingeführt wurde.
Besonders interessant macht den MDAX aber die Häufung von substanz- und entwicklungsstarken Unternehmen, die in der Öffentlichkeit eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die Nemetschek SE beispielsweise ist ein Anbieter von Software für Architekten, Ingenieure und die Bauindustrie. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt Produkte für das Planen, Bauen und Nutzen von Bauwerken und Immobilien sowie Multimedia und hat in den vergangenen fünf Jahren mehr als 600 Prozent an Wert gewonnen. Oder der Anbieter von Duft- und Geschmackstoffen, kosmetischen Grund- und Wirkstoffen sowie funktionalen Inhaltsstoffen Symrise: Bei dem Holzmindener Unternehmen liegt die die Performance seit Herbst 2014 bei mehr als 100 Prozent.
Im Vergleich zum DAX schneidet der MDAX über alle Zeiträume durchschnittlich doppelt so gut ab. Die mittelgroßen Werte aus der zweiten Reihe liefen also den Großkonzernen bisher immer den Rang ab. Das folgt der nachweisbaren Tatsache, dass Nebenwerte regelmäßig besser performen als DAX-Aktien, nämlich in drei von vier Quartalen eines jeden Jahres. Nur im vierten Quartal schneiden die Großen in der Regel besser ab. Daher sollte es nicht verhindern, wenn der MDAX in den kommenden Wochen zum Sinkflug ansetzt. Aber auf Dauer sind Nebenwerte-Investments eine äußerst bedenkenswerte Option für langfristig orientierte Anleger.
Kolumne von Thomas Hünicke, geschäftsführender Gesellschafter WBS Hünicke Vermögensverwaltung GmbH