Ein Blick auf Hidden Champions lohnt sich in jeder Marktphase

28.04.2021

Nils-Peter Gehrmann - Foto: © Warburg Invest

Der deutsche Mittelstand steht für Stärke und ist sinnbildlich das Rückgrat der Wirtschaft. Wie sich die Unternehmen in volatileren Zeiten schlagen und über die Spezifika des hauseigenen Small&MidCaps Deutschland sprach finanzwelt exklusiv mit Nils-Peter Gehrmann, Portfolio Manager aus dem Hause Warburg Invest.

finanzwelt: Herr Gehrmann, wir leben in bewegten Zeiten. Die Pandemie schlägt durch. Doch mit Blick auf die Börse und Aktienwerte überwiegen die positiven Signale. Wie steht es um die Wirtschaftslokomotive Deutschland? Nils-Peter Gehrmann: Grundsätzlich ist die hiesige wirtschaftliche Lage durchaus als gut zu bezeichnen. Zuletzt ist der ifo Geschäftsklimaindex wieder etwas gestiegen und wir können wohl davon ausgehen, dass mit zunehmenden Impffortschritt die Zuversicht weiter Bahn brechen sollte. Das Label „Made in Germany“ steht international für höchste Qualität und die Wirtschaft ist breit aufgestellt, sodass wir prinzipiell guten Mutes für die Zukunft sind. Natürlich tun auch die positiven wirtschaftlichen Daten aus China und den USA ihr Übriges dazu. So hat China die Corona-Krise weitgehend hinter sich gelassen und ist mit einem Rekordwachstum in 2021 gestartet. Das wiederum kommt uns als Exportnation zugute.

finanzwelt: Nun befinden wir uns aber nach wie vor im Lockdown. Wie haben Sie, rückblickend auf die vergangenen 12 Monate, die Krise erlebt? Wie war Ihr Risikomanagement? Gehrmann: Tatsächlich sa­hen wir im Frühjahr 2020 die schwärzesten Tage seit der großen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09. Insbesondere die Geschwindigkeit des Abverkaufs war rasanter als jemals zuvor. Das gilt aber auch wiederum für die Erholungsbewegung, die wir im Anschluss erlebt haben. Das war sozusagen nichts für schwache Nerven. Doch es spielte uns mitunter in die Hände. Bedingt durch den fast schon wahrlosen Abverkauf ergaben sich auch Opportunitäten zum Kauf, sofern das zugrundeliegende Geschäftsmodell überzeugt und gute, langfristige Wachstumsaussichten bestehen. Natürlich hat die Krise auch Gewinner hervorgebracht. Unternehmen, die von Megatrends wie Digitalisierung, Demografiewandel und zunehmender ESG-Fokussierung profitierten und deren Positionierung in der Krise noch gestärkt wurde. Hier fungierte die Pandemie sozusagen als Verstärker/Beschleuniger des Wandels. Für unseren fundamentalen Investmentansatz ist der direkte Draht und regelmäßige Austausch mit Unternehmen und Management essenziell, gerade in volatilen und krisengeschüttelten Zeiten. Das haben wir in 2020 beibehalten, auch wenn das meiste digital stattfinden musste. Trotzdem konnten wir uns so uneingeschränkt austauschen und uns ein umfassendes Bild der Unternehmensstrategien in den herausforderndsten Phasen machen.

finanzwelt: Das Rückgrat des deutschen Mittelstands sind familiengeführte Unternehmen. Diesen wird grundsätzlich attestiert, eher konservativ zu agieren und Krisen besser durchstehen zu können. Zu Recht? Gehrmann: Natürlich lässt sich diese Frage nicht generell beantworten. Zu unterschiedlich sind die Geschäftsmodelle und zugehörigen Branchen. Dennoch treffen diese Eigenschaften auf viele Familienunternehmen zu, die letztlich das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden. Weitsicht, unternehmerische Vernunft und ein Denken in Generationen haben entscheidend zu deren langfristigen Erfolg beigetragen. Ein Teil dieser Unternehmen kann als Hidden Champions bezeichnet werden, Unternehmen also, die in ihrer ganz speziellen Nische zu den Weltmarkführern gehören, der Öffentlichkeit aber nahezu unbekannt sind. Dabei kommt fast die Hälfte dieser Hidden Champions aus Deutschland. Ein Blick auf diese Unternehmen lohnt sich in jeder Marktphase, denn diese profitieren von ihren ganz eigenen Wachstumstreibern und sind typischerweise weniger von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig.

finanzwelt: Lassen Sie uns etwas über Ihr Produkt, den Warburg Fonds Small&MidCaps Deutschland sprechen. Was sind die Charakteristika? Gehrmann: Wie der Name schon sagt, fokussieren wir uns auf deutsche Nebenwerte. Mit der Investition in ein solches Unternehmen lässt sich häufig viel direkter an vielversprechenden Branchentrends partizipieren (z.B. Elektromobilität, IT-Security, Luftentkeimung). Wichtig bei Nebenwerten ist natürlich eine ausreichende Liquidität der Titel. Unsere fundamentale Sicht auf die Unternehmen ist dann bei der Entscheidungsfindung ganz zentral. So beispielsweise die eingehende Analyse des Geschäftsmodells, der Wettbewerbsfähigkeit und der Zukunftsaussichten. Natürlich spielen auch Bewertungsaspekte eine mitentscheidende Rolle. Wir investieren mit einem Zeithorizont von 3-5 Jahren, das heißt, für uns hat es keine Priorität, dass der Erfolg sehr kurzfristig eintritt und dann mitunter wieder abebbt. In unserem konzentrierten Portfolio finden sich in der Regel 30-40 Titel; 10-20 Werte haben wir hingegen permanent auf unserer Watchlist und prüfen die Geeignetheit zur Aufnahme. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Gewichtung der Titel nahezu gleichwertig ist (i.d.R. 2-3 Prozent je Wert). In der Summe haben wir somit hohe Qualitätsanforderungen an potenzielle Portfoliokandidaten.

Im Aktienportfolio findet sich dann ein dreisäuliger Aufbau wieder. Zum einen eher konservativere Titel (bspw. Medizintechnik, Nahrungsmittel), daneben noch sogenannte Digitalisierungsgewinner (bspw. IT-Architektur, Software) und eben auch konjunktursensitivere Werte (bspw. Werkzeug- und Maschinenbau).

finanzwelt: Können Sie uns abschließend etwas zur Performance sagen? Gehrmann: Seit Jahresbeginn liegen wir aktuell mit 15 Prozent im Plus und auf 1-Jahressicht liegt die Wertentwicklung bei 75 Prozent. Damit kann sich unser Fonds, den es mittlerweile seit mehr als 9 Jahren gibt und den ich seit Ende 2018 verantworte, wirklich sehen lassen. Diese Leistung basiert auf unserem Teamansatz und wird zusätzlich unterstützt von umfangreichem Inhouse-Research sowie weiteren externen Analysen. (ah)