Echter digitaler Service und analoge Anerkennung

01.02.2016

Social Media-Expertin Clara Shih nennt Trends als Folge der Digitalisierung von Assekuranz und Banken. Die Managerin sieht zukünftig mehr Chancen für die kundenorientierte Kommunikation.

2016-01-02 (fw/db) Welche Folgen hat die Digitalisierung für die Zukunft der Assekuranz, Banken, Versicherungsmakler und Vermittlungsunternehmer? Es ist auch der Faktor Mensch der zählt, wenn Menschen für Menschen arbeiten. Der richtige Einsatz der Chancen einer digitalen Welt unterstützt und stärkt die persönlichen Kundenkontakte. Die Social-Media Expertin Clara Shih, CEO Hearsay Social, nennt im exklusiven Interview Risiken und Chancen.

finanzwelt: Wie wird die Digitalisierung Beratung und Kundenservice in Europa verändern?

Clara Shih: Die zukünftige Entwicklung wird in Europa nicht anders als in den Vereinigten Staaten (USA) oder in Asien aussehen. Eine kommunikative Mehrkanal-Strategie ist besonders chancenreich. Die Kunden nutzen verschiedene Kanäle um sich zu informieren oder für ihre Kommunikation.

finanzwelt: Welchen Einfluss haben Marke, Bekanntheit und Bewertungen in sozialen Netzwerken?

Clara Shih: Zuerst müssen die Anbieter oder Makler in den digitalen Marktplätzen und Netzwerken überhaupt von Kunden entdeckt oder gefunden werden. Präsenz in allen Kanälen ist da sehr wichtig. In Kontakt kommen, den Kontakt halten und zuhören sind dann die nächsten Schritte.

finanzwelt: Sind Web-Dialoge die Zukunft? Welche Rolle kommt der Kombination mit telefonischem Service zu?

Clara Shih: Beides spielt eine Rolle. Jede Form von Web-Konferenzen und Dialog über das Internet oder Smartphone erspart Zeitaufwand und Fahrkosten. Die Web-Kamera kann eine zusätzliche persönliche Note befördern.

finanzwelt: Welche Rolle spielt analoger Service, wie handschriftliche Erläuterungen, persönliche Beratung als Offline-Service im Vergleich zu dem modernen Digital-Service.

Clara Shih: Moderne Tablets und Zugangsgeräte lassen viel Handschriftliches zu, es gibt elektronische Schreibgeräte als Brücke. Ob Offline oder Online gewählt wird hängt vom Anlass ab. Die fortlaufende Kontaktpflege wird digital erfolgen, ideal einmal pro Monat. Bei besonderen Geschäftsvorfällen wie die Hochzeit eines Kunden, Wechsel in der Berufstätigkeit oder Wohnort sollte ein persönlicher Kontakt erfolgen.

finanzwelt: Wie können Kunden und Makler mehr Sicherheit bei digitalen Beratungen befördern?

Clara Shih: Kunden können zu Online-Aktivitäten ihre Freunde oder Familie einbeziehen und die Inhalte austauschen. Für die Verkäufer und Makler kann das gleichzeitig Mehrwerte über Kontakte durch Empfehlungen schaffen.

finanzwelt: Was würden Sie Versicherer, Vermittler und Berater der Finanzbranche im Zeitalter der Digitalisierung aktuell empfehlen?

Clara Shih: Im Wesentlichen sich auf vier Schritte zu konzentrieren. Erstens dafür zu sorgen, in den Netzen interessant zu sein und dadurch gefunden zu werden. Zweitens sich ein eigenes lokales Netzwerk aufzubauen. Interessante Geschichten im Netz fördern das. Kunden berichten über Erlebnisse und Erfahrungen oder Mitarbeiter der Anbieter über Besonderheiten und ihre Freude an der Arbeit im Service. Drittens gilt es in den Netzwerken zu beobachten und vor allem zuzuhören, was die Menschen wirklich wollen und sich wünschen. Viertens sich zu engagieren, hilfreiche und nützliche Informationen kostenfrei liefern, wie ein Mensch seine Altersvorsorge sichert, seinen Traum vom eigenen Heim finanziert oder die Gesundheit und Zukunft seiner Kinder sichern kann. Für letzteres brauchen Anbieter ein lebensbegleitendes Konzept. Was habe ich für die unterschiedlichen Lebensphasen als Kind, Schüler, Auszubildende oder Studenten, Berufsanfänger, Karrierephasen und die Zeit nach der Arbeitsphase? Lebensbegleitende Konzepte stärken die Marke des Anbieters auch in der digitalen Welt.

finanzwelt: Abschließend die Frage was wäre aus Sicht einer Social Media-Expertin sehr wichtig?

Clara Shih: Laut einer aktuellen AMC-Studie aus 2015 nutzen 84 Prozent der Menschen digitale Informationen und Netzwerke. Unternehmen versuchen Social Media oft nur als Schaufenster und Reklameschild zu nutzen um ihre Marke bekannter zu machen oder zu stärken. Das Vertrauen in eine Marke oder ein Unternehmen ist aber vom praktischen Nutzen und dem konkreten Mehrwert der zur Verfügung gestellten Informationen und Beiträge abhängig. Die Chancen und Risiken entscheiden sich an den bereits angesprochenen vier Schritten, aber auch wie schnell ein Anbieter auf Service-Anfragen der Kunden reagiert. Innerhalb von 12 Stunden wäre optimal, die Obergrenze liegt heute schon bei 24 Stunden. Und ein bis zweimal im Jahr ist das persönliche Hände schütteln und der persönliche Kontakt immer noch sehr gut, in jeden Fall bei besonderen Geschäftsvorfällen wie Heirat oder berufliche Veränderung. Klassisch Handschriftliches kann den Online-Service abrunden, wie die Grußkarte zum Geburtstag, Hochzeit oder Jubiläum.

finanzwelt: Vielen Dank für das Interview und die aktuellen Hinweise für die Praxis.

Das Interview führte Dietmar Braun, freier Fachjournalist Wirtschaft (DFJV).