Dunkelrot, mit vereinzelt grünen Stellen
27.12.2022
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Für zartbesaitete Gemüter war das zu Ende gehende Kapitalmarktjahr nichts. Nein, 2022 wird seinen Platz in der Geschichte finden. Das mittlerweile viel zitierte Wort der „Zeitenwende“ hat Einzug in den Alltag gehalten. Höhere Vola, massive Inflation, Crash am Rentenmarkt und Aktienmärkte, die sich erst zum Jahresende erholten. Wirklich nichts für schwache Nerven!
Der Blick zurück verrät, dass die Welt zum Jahresanfang noch scheinbar in Ordnung war. Zwar gab eine höhere Inflationsrate und wir rätselten, wann die EZB wohl eingreifen würde. Doch die grundsätzliche Stimmung unter den Börsianern war bei weitem nicht so mies, wie es sich zum Jahreswechsel abzeichnet. Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs, die dann exorbitant anziehenden Energiepreise legten sich neben weiteren Faktoren wie Mehltau über die Märkte. Das günstige Umfeld für kapitalmarktnahe Finanzprodukte wie Aktien ist mit dem Zinsanhebungszyklus passé. Zumindest auf den ersten Blick. Und Renteninvestoren sahen ebenfalls „rot“, denn die Kurse schmierten im Zuge der Zinsanstiege ab. Die rote Farbe dominiert ganz eindeutig Ende 2022.
Erholungstendenzen zum Jahresende hin
Achterbahn ist vielleicht etwas übertrieben. Aber die Hausse der vergangenen Jahre hat 2022 ihr Ende genommen. Startete der deutsche Leitindex DAX im Januar bei 16.000 Zählern, fiel er in der Spitze im Herbst auf circa 12.000 Punkte. Mitte November pirscht er sich an die 14.000er Marke an. Es bleibt aktuell ein Minus von 10 %. Das ist, gemessen am Umfeld, nicht schön, aber irgendwie doch verkraftbar. Ob allerdings sämtliche Umsatzrevisionen schon eingepreist sind, bleibt abzuwarten. Eines ist sicher – das Börsengeschehen zeichnet sich durch eine vergleichsweise hohe Volatilität aus. Doch welche Investmentlösungen und -produkte konnten sich wacker schlagen? Mit welchen Empfehlungen lagen Sie richtig?
Die Fondsbranche verzeichnete laut Branchenverband BVI im 3. Quartal Abflüsse aus Fonds und Mandaten von netto 10,1 Mrd. Euro. Nachdem Spezial- und Publikumsfonds im Januar mit Rekordzuflüssen von insgesamt 30 Mrd. Euro gestartet waren, reduzierte sich ihr Absatz im Jahresverlauf angesichts der Marktturbulenzen durch Krieg und Inflation. Zum Stichtag 30.09. verbuchte die Fondsbranche insgesamt Zuflüsse von 41,2 Mrd. Euro. Insbesondere die Abflüsse bei Rentenfonds sind mit insgesamt 13,5 Mrd. Euro zu Ende September doch sehr augenfällig. Die Zinswende zeigt deutlich ihre Spuren und Investoren trennen sich von ihren Papieren. Reine Aktienfonds haben im Jahresverlauf ein vergleichsweise leichtes Minus von 0,7 Mrd. Euro zu verzeichnen; die drückten die negativen Entwicklungen im 3. Quartal das Ergebnis in den roten Bereich. Mischfonds auf der anderen Seite freuten sich zum Berichtsstichtag 30.09. über Zuflüsse in Höhe von 14,8 Mrd. Euro.
Werfen Sie nun einen Blick auf einzelne Regionen und/oder Sektoren, so fällt folgendes auf: Die beiden Großmächte USA und China rangieren weit unten in der Rangliste der Best-Performer in 2022. China schwächelt weiter stark; US-Aktien müssen auch, insbesondere Techkonzerne, Einbußen hinnehmen, wenngleich weniger als ihre Kontrahenten aus dem fernen Asien. Und wo wir gerade über Stil-Faktoren ansprechen, so zeigt sich 2022 insbesondere Value vergleichsweise positiv. Qualitätswerte schlagen Wachstumstitel. Das war in der Vergangenheit eher Wunschdenken; im laufenden Jahr ist es (etwas) Realität geworden. Indien hingegen, direkter Wettbewerber zu China, ist 2022 aus Aktiensicht gut gelaufen. Das Land hat erhebliche Fortschritte beim Dauerthema Inflation gemacht – das wissen Investoren zu schätzen. Emerging Markets/Schwellenländer insgesamt standen in diesem herausfordernden Marktumfeld eher auf der Verliererseite. Stichwort: starker US-Dollar.
Doch es gab positive Überraschungen. Der brasilianische Markt zog im Jahresverlauf deutlich an; als Rohstofflieferant profitiert das Land aktuell von den allgemeinen Gegebenheiten. Indizes mit Schwerpunkt auf europäische Aktien kamen im globalen Kontext eher unterdurchschnittlich durch das Jahr. Europa leidet deutlich unter der Energiekrise. Portugal und Frankreich schlugen sich angesichts der Schwierigkeiten vergleichsweise gut. Deutschland platziert sich im Mittelfeld. Apropos: Das Dickschiff DAX verwies MDAX/SDAX auf die hinteren Plätze. Generell gilt sowieso, dass Nebenwerte viel stärker unter dem allgemeinen Abverkauf an den Märkten litten als Large Caps. Mitunter bieten sie aber jetzt wiederum bessere Gelegenheiten zum Nachkauf.
Mit Blick auf die Sektoren zeigt sich, dass Versorger, Finanztitel und allgemein Dividendenwerte eher auf der Käuferliste standen. Immobilien-Aktien, teilweise Chemie und Konsumwerte wurden verkauft. Überlagert wurden diese regionalen und sektoralen Schwerpunkte von Megatrends wie der „Nachhaltigkeit“. ESG ist in allen Anlageklassen nicht mehr wegzudenken. Ob bei Aktien, Anleihen oder Immobilien, nachhaltiges Investieren hat auf die Überholspur eingebogen. Das wird auch 2023 so bleiben. Das gelbe Edelmetall. Hat indes 2023 bis dato enttäuscht. Der Goldpreis notiert Mitte November bei circa 1.760 US-Dollar je Feinunze. Der starke Aufwertung des US-Dollars machte Gold das „Leben schwer“. Zudem scheint es, als ob Gold zumindest den Nimbus des sicheren Hafens etwas verloren habe. (ah)
Fazit
2022 forderte uns an allen Fronten. Vola-Fonds, gut positionierte gemischte Fondslösungen und Value konnten die Klippen besser umschiffen als viele Highflyer (Stichwort: Techaktien) der Vergangenheit.