Die Zeichen der Zeit erkennen

21.12.2018

Foto: © blacksalmon - stock.adobe.com

Die Digitalisierung hat längst beim Vertrieb von Finanzprodukten Einzug gehalten und wird diesen wohl nachhaltig verändern. Vermittler, die bereit sind sich auf die Veränderungen einzustellen, können von den neuen Möglichkeiten profitieren und sogar bislang brach liegende Potenziale erschließen.

Medienberichten zufolge stellt Amazon in Großbritannien bereits seit Monaten Versicherungsmakler ein und soll schon in Verhandlungen mit mehreren britischen Versicherern stehen und planen, ein Online-Vergleichsportal zu launchen. Auch wenn über einen Eintritt des Online-Händlers auf dem deutschen Versicherungsmarkt noch nichts bekannt ist, dürfte dieser wohl nur eine Frage der Zeit sein. Vermittler sollten aber nicht nur die neue Konkurrenz, sondern auch die Chancen der Digitalisierung sehen. So ist laut Christina Schwartmann, Vorstand der BCA AG, dadurch ein weiterer wichtiger Point of Sale entstanden, der zudem deutlich an Fahrt aufgenommen hat. „Anknüpfend daran stellen sich immer mehr Berater auf die Digitalisierung ein, indem sie quasi als Multikanalanbieter die Offline- mit der Online-Welt im Sinne des Kunden optimal verbinden“. Um allerdings das sich daraus ergebende Potenzial zu nutzen, müssten Makler auch bereit sein, sich technisch gut aufzustellen. „Mithilfe einer guten Makler-Homepage können Kunden kostengünstig und in großer Menge akquiriert werden“, erklärt Norbert Porazik, geschäftsführender Gesellschafter der Fonds Finanz Maklerservice GmbH.

Dennoch sollten sich Makler nicht zurücklehnen und denken, dass mit der Digitalisierung die Kundenakquise ein Selbstläufer sei. „Nur wer auf dem Device des Kunden präsent ist, wird auf Dauer Bestände halten und ausbauen können“, gibt Oliver Pradetto zu bedenken. Wer dies sicherstelle, könne von einem wichtigen Aspekt der Digitalisierung im Vertrieb profitieren. „Bedarf muss nicht mehr aktiv geweckt werden, sondern wird direkt vom Kunden entdeckt und befriedigt“, so der blau direkt-Geschäftsführer weiter.

Aufgabengebiet des Maklers verlagert sich

Nach Meinung von Dr. Sebastian Grabmaier wird der Online-Vertrieb bei Finanzprodukten in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen. So geht der Vorstandsvorsitzende von Jung, DMS & Cie. davon aus, dass in den kommenden fünf Jahren die Hälfte aller Geschäfte ausschließlich online erledigt wird. Dass diese Entwicklung alles andere als Zukunftsmusik ist, macht Norbert Porazik deutlich. „Einfache Produkte wie Kfz-Versicherungen werden heutzutage beinahe ausschließlich online abgewickelt.“ Die Verlagerung eines großen Teils des Geschäfts in den Online-Bereich bedeutet aber noch lange nicht, dass der Makler überflüssig wird. „Wenn es aber um den Kauf komplexer Produkte geht, werden auch die internet-affinen Kunden weiter einen Fachmann brauchen, der ihnen bei der Produktauswahl hilft oder zumindest ihre Entscheidungen bestätigt“, erklärt Dr. Sebastian Grabmaier. Auch Harry Kreis glaubt, dass die Arbeitswelt der Vermittler sich aufgrund der Digitalisierung grundlegend verändern wird: „Einer Studie von McKinsey zufolge könnten durch die fortschreitende Digitalisierung zahlreiche Arbeitsplätze und ganze Berufsbilder obsolet werden und bis 2055 die Hälfte aller Arbeitsstunden durch Automatisierung wegfallen. Dies betrifft natürlich auch Finanzdienstleister. Um einen Mehrwert für Kunden zu schaffen, wird eine immer stärkere Spezialisierung notwendig“, wirft der Vorstand der Apella AG einen Blick in die Zukunft. Dies sieht auch Norbert Porazik so, der auch zwei spezifische Bereiche nennt: „Die Stunde des Maklers schlägt dann bei komplexen Produkten. Geht es um die Absicherung der Arbeitskraft oder die Altersvorsorge kommen Kunden auch zukünftig nicht an einer individuellen, persönlichen Beratung vorbei.“

Wie die Pools die Makler bei der Digitalisierung unterstützen und wie Makler durch die Veränderungen neue Kundenpotenziale heben können, lesen Sie auf Seite 2