Die Umsetzung der SFDR und ihre Folgen

11.03.2021

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Investoren werden ab März wichtige Änderungen in der Art und Weise sehen, wie Vermögensverwalter nachhaltigkeitsbezogene Informationen über ihre Produkte zur Verfügung stellen. Dies ist das Ergebnis einer Vielzahl von regulatorischen Anforderungen, die sich aus der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), auf Deutsch Offenlegungsverordnung, der Europäischen Union ableiten lassen. Die neue Regulatorik betrifft nicht nur Vermögensverwalter, sondern auch Versicherer, Pensionskassen, und eine ganze Reihe weiterer Finanzmarktteilnehmer. Stefan Bauer, Deutschland-Chef für Franklin Templeton, analysiert die regulatorischen Voraussetzungen.

Bei der Verordnung geht es um mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit für den Kunden. Greenwashing, also das Vortäuschen von Nachhaltigkeit wo keine Nachhaltigkeit existiert, soll damit unterbunden werden.

Wir glauben, dass die Umsetzung der SFDR weitreichende Folgen für die gesamte Finanzdienstleistungsbranche haben wird. Die Verordnung wird Vermögensverwalter in die Lage versetzen, sich stärker mit Kunden in unserer gemeinsamen Verpflichtung zu verbünden, Kapital nachhaltig zu allokieren, um letztlich bessere, im doppelten Sinne nachhaltige Ergebnisse für alle zu erzielen. Kapitalströme werden also nun ab März – von EU-politischer Instanz aus so gewollt – in nachhaltige Anlagen umgeleitet. Die Wirkung, so meinen wir, dürfte bisherige Anstrengungen, unsere Gesellschaft nachhaltiger zu gestalten, im positiven Sinne bei weitem übertreffen.

Was kommt da genau?

In den letzten Jahren hat die Anlegernachfrage nach Produkten, die die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) berücksichtigen, ziemlich rasch angezogen und es gibt keine Anzeichen für eine Verlangsamung. Die Anleger wünschen zunehmend Produkte, die ihre Werte und Überzeugungen besser widerspiegeln und damit positive Auswirkungen auf unsere Welt haben, gleichzeitig aber nachhaltige Renditen erzielen.

Die beträchtliche Zunahme der Anlegernachfrage und die darauffolgende Reaktion der Vermögensverwalter führten zu einer unübersichtlichen Menge entsprechender Angebote, wodurch es für Anleger schwieriger wird, die ESG-Referenzen von Fonds und die Vermögensverwalter, die diese Produkte erstellen, zu bewerten.

Was bedeutet das für die europäische Vertriebslandschaft?

Flexible Ansätze zur Einbeziehung von ESG-Prinzipien sind vom Tisch. Die Analyse von Nachhaltigkeitsrisiken als Teil der Risikomanagementrichtlinien insgesamt ist wesentlich für den Aufbau von Portfolien, die langfristige nachhaltige Renditen erzielen. Eine Berichterstattung ist für alle drei Artikelkategorien erforderlich. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) werden 77 % der institutionellen Anleger in den kommenden 24 Monaten den Kauf von nicht mit den ESG-Prinzipien vereinbaren Produkten einstellen2, und bis 2025 werden 7,6 Milliarden Euro in ESG-Produkten angelegt sein. Das ist ein Anstieg von heute 15 % auf 57 % des Marktanteils europäischer Vermögenswerte.3 Unserer Einschätzung nach hängt die Geschwindigkeit dieses Wandels von mehreren Faktoren ab, einschließlich öffentlichen und politischen Drucks und weiterer Regulierung, aber die Marschrichtung ist klar. Das bedeutet, dass die Branche nicht einfach nur in ihren Materialien hervorheben kann, dass ein Produkt nachhaltig ist, sondern dass sie aufzeigen muss, dass dieser Aspekt von vornherein berücksichtigt worden ist.

Die Anbieter müssen Informationen auf Ebene des Unternehmens, also ihre eigene Nachhaltigkeitspolitik, offenlegen; zusätzlich müssen sie aber auch Informationen auf Ebene des Produkts, also zu ihren Finanzprodukten, offenlegen. In beiden Fällen muss die Erwägung wesentlicher nachteiliger Auswirkungen von Anlageentscheidungen auf die Nachhaltigkeitsfaktoren offengelegt werden.

Neben dem regulatorischen Vorstoß trägt auch die globale COVID-19-Pandemie dazu bei, die Welt in Richtung eines nachhaltigen Anlegens zu katapultieren und diesen Prozess zu beschleunigen. Sowohl das Interesse institutioneller Anleger als auch das von Privatanlegern für die ESG-Grundsätze steigt schnell und hat sich, wohl in unmittelbarem Zusammenhang mit der aktuellen COVID-19-Krise, erheblich beschleunigt. Es wird erwartet, dass der Wettbewerb um Anlegerkapital deutlich Fahrt aufnehmen wird. Daher können es sich Verwalter nicht leisten, Kundenwünsche nach mehr Transparenz im Hinblick darauf, wie ESG-Faktoren berücksichtigt werden, zu ignorieren.

Wir von Franklin Templeton erfüllen die meisten dieser Vorgaben bereits seit vielen Jahren und setzen dabei den Schwerpunkt auf Transparenz und Authentizität. Wir sind überzeugt davon, dass sich die europäische Vertriebslandschaft mit der Zeit eindeutig hin zu nachhaltigkeitsorientieren Produkten verschieben wird, die dann den Standard bilden werden.

Wir wollen bei den ESG-Prinzipien eine Führungsrolle einnehmen und wir wollen dabei Integrität unter Beweis stellen. Wir möchten die neue Verordnung nicht einfach nur befolgen — wir verpflichten unsere Investment-Teams dazu, noch mehr zu tun, da wir von der Sache überzeugt sind und wir uns dem voll und ganz verschrieben haben.

Dies wird auch durch die Ergänzungen des delegierten Rechtsakts der Finanzmarktrichtlinie MiFID II verstärkt, die aktuell noch in der Entwurfsphase ist, in der aber steht, dass Kunden, die angeben, Nachhaltigkeit zu bevorzugen, Produkte im Zusammenhang mit‚ nachhaltiger Anlage‘ angeboten werden sollten, also Produkte nach Artikel 8 oder Artikel 9.

Was bedeutet das für Anleger?

Die Realwirtschaft verschiebt sich und Verbraucher halten nach nachhaltigeren Entscheidungsmöglichkeiten Ausschau. Nehmen wir beispielsweise den Energiesektor. Dort waren erneuerbare Energien früher nicht verfügbar. Heute ist, grüne Energie‘ eine Option, die von den Anbietern allgemein akzeptiert wird. Dabei handelt sich sich um Energie, die nachhaltig und umweltverträglich erzeugt wurde. Eine Forschungsstudie von Franklin Templeton im Vereinigten Königreich zeigte, wie wichtig jüngeren Beitragszahlern zu Betriebsrenten, verantwortungsbewusste Anlagen‘ sind. Bis zu 78 % sind der Auffassung, dass ihre aktuelle Altersvorsorge nicht im Einklang mit ihren Werten steht, oder wissen nicht, ob sie ihren Werten entspricht. Ganze 45 % der Teilnehmer würden ihre Beiträge steigern wollen, wenn ihre Alterssicherung Werte für verantwortungsbewusste Anlagen einbeziehen würde.

Anleger wünschen sich, dass ihre Anbieter mehr Motivation aufbringen, wenn es darum geht, Anlegern zu berichten, wie sie ESG-Faktoren in ihre Geschäftsstrategien einbeziehen und neue Produkte erkennen, wodurch Nachhaltigkeit ganz oben auf die Liste ihrer Vorgaben gesetzt wird. Da nun der Öffentlichkeit mehr nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen zugänglich gemacht werden – eine Veröffentlichung auf den Webseiten ist vorgesehen – sollten Anleger überprüfbare Vorgaben für Nachhaltigkeitsansprüche erhalten.

Franklin Templeton setzt seinen Schwerpunkt auf die Einhaltung des Primärrechts (Erststufenvorgaben). Das hat viel Arbeit und Zusammenarbeit hinter den Kulissen erforderlich gemacht. Diese Arbeit endet selbstverständlich nicht im März 2021. In Einklang mit dem klaren Bekenntnis von Franklin Tempelton zu ESG-Prinzipien und Nachhaltigkeit prüfen wir unsere Anlagelösungen weiter dahingehend, dass eine immer größere Anzahl unserer Produkte nachhaltigkeitsorientierter wird.

Dank der jüngsten Eingliederung einiger hochgradig spezialisierter Anlageverwalter in die Franklin Templeton-Familie sind wir in der glücklichen Lage, eine Vielzahl von ESG-Ansätzen von Brandywine Global, ClearBridge Investments und Martin Currie anbieten zu können. Jeder dieser Verwalter ist bei seinen Anlageprozessen komplett unabhängig und verfolgt bei der Erfüllung der Offenlegungsvorgaben der Verordnung seinen ganz eigenen Ansatz.

Als globaler Anlageverwalter mit einer umfangreichen, mehr als 70-jährigen Geschichte als Treuhänder hat sich Franklin Templeton Investments darauf verpflichtet, die Beachtung von ESG-Chancen und -Risiken auf seiner gesamten Plattform zu fördern und zu verstärken.

Zusammenfassung

Die Verordnung stellt einen Umbruch dar und verändert das Spielfeld für die Finanzbranche von Grund auf, da für unsere Kunden mehr Transparenz und Authentizität möglich werden und Anleger nachhaltigere Anlageentscheidungen treffen können. Wir bei Franklin Templeton wollen der Verordnung nicht nur entsprechen; wir wollen vielmehr eine Führungsrolle einnehmen und dabei Integrität unter Beweis stellen.

Ja, es ist noch viel zu tun. Die Arbeit, die erforderlich ist, um sich vollumfänglich an den Zielen der EU auszurichten, wird mehrere Jahre dauern. Wir werden uns weiter in diese Richtung entwickeln, da wir überzeugt davon sind, dass unsere Kunden das verdienen.