Die Top-3-Herausforderungen für Finanzunternehmen

19.02.2024

Alberto Cuccu. Foto: Objectway

Der globale Markt für Vermögensverwaltung wächst rasant. Einem Bericht des Marktforschungsinstituts Zion zufolge soll er bis 2030 einen Wert von 3,48 Billionen US-Dollar erreichen, wobei das stärkste Wachstum im europäischen Raum erwartet wird. Trotz dieses Trends hinken deutsche Vermögensverwalter immer stärker hinterher. Sie erzielen geringere Gewinne als ihre internationalen Konkurrenten und verlieren so erhebliche Marktanteile an ausländische Banken. 

Das Jahr 2024 wird deutsche Unternehmen nun vor neue Herausforderungen stellen. Alberto Cuccu, Chief Operating Officer von Objectway, prognostiziert, dass Banken sich auf drei Trends einstellen müssen: Die Anforderungen der Anleger befinden sich im Wandel, die Regulierungskosten werden weiter steigen und die Gewinnung neuer Talente sowie die Aus- und Weiterbildung bestehender Mitarbeiter wird immer entscheidender. „Die Entwicklung und der Einsatz innovativer Technologien werden für Banken zunehmend zu einem entscheidenden Differenzierungsmerkmal“, betont der Experte.

Millennial-Anleger erfordern neues Level der Kundenberatung

Um die Kundenzufriedenheit sicherzustellen, müssen Asset Manager und Vermögensverwalter die Anforderungen ihrer Anleger genau kennen. „In den kommenden Jahren wird sich das zu verwaltende Vermögen allmählich auf die Millennials verlagern – dies wird ein Umdenken im klassischen Wealth Management erfordern“, weiß Alberto Cuccu. Die Generation der Millennials wird sowohl ihr eigenes Vermögen aufbauen, als auch von einer Erbschaftswelle profitieren und somit einen wesentlichen Teil des künftig angelegten Kapitals ausmachen. Zusätzlich zu traditionellen physischen Treffen werden diese „Digital Natives“ neue Beratungswege über automatisierte digitale Kanäle verlangen, die rund um die Uhr verfügbar sind. Cuccu betont dabei: „Vor allem wollen sie über Produkte und Märkte aufgeklärt werden. Schlagworte und Trends wie ‚Gamification‘, ‚educate your customer‘, ‚Opti-Channel-Kontakt‘ und ‚phygital‘ bereiten den meisten traditionellen Wealth Managern Kopfzerbrechen. Die Frage, wie diese neuen Technologien und Kanäle mit dem bestehenden Beratungsansatz und der Infrastruktur in Einklang gebracht werden können, wird ebenso entscheidend sein, wie die Segmentierung der Zielgruppen.“ Banken werden demnach ein neues Gleichgewicht zwischen persönlichem Kontakt mit messbarem Mehrwert und den technologiebasierten Kommunikations-und Vertriebskanälen der nächsten Generation finden müssen.

Kostenprobleme deutscher Banken – FinTechs als Chance

Während der internationale Vermögensmarkt den Höhepunkt der Einkommenskrise überwunden hat, kämpfen deutsche Wealth Manager weiterhin mit zu hohen Kosten. Ein Problem stellen die strengen behördlichen Anforderungen dar, so Alberto Cuccu: „Deutsche Finanzinstitute investieren einen erheblichen Teil ihres Budgets in Projekte, die von den Regulierungsbehörden beauftragt werden.“ Dabei müssen sie in der Lage sein, umfassende und komplexe Daten auf Abruf zu liefern. Viele deutsche Finanzunternehmen kämpfen jedoch mit veralteten Betriebsmodellen, die nicht in der Lage sind, die Auflagen kosten- und zeiteffizient zu erfüllen. Banken müssen das Wealth Management schnell neu erfinden, um nicht langfristig auf dem heutigen niedrigen Rentabilitätsniveau zu verharren. Eine Möglichkeit kann beispielsweise die Kooperation mit FinTechs sein. Innovative Vermögensverwalter haben bereits verstanden, dass auf diese Weise ihr Dienstleistungsangebot sinnvoll ergänzt werden kann.

Herausforderung Humankapital

Die richtigen Mitarbeiter sind ausschlaggebend für den Erfolg jedes Finanzunternehmens. „Eine passende menschliche Interaktion bestimmt die Kundenzufriedenheit und kann den entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausmachen“, betont Alberto Cuccu. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die Rekrutierung und langfristige Bindung neuen Personals zukünftig zu den Hauptherausforderungen für Vermögensverwalter zählen werden. Die angehende Arbeitnehmergeneration hat noch keinen Arbeitsmarktengpass miterlebt und ist sehr anspruchsvoll. Finanzunternehmen werden stärker auf ihre Bedürfnisse eingehen müssen, um Talente anzuwerben. Aber auch das bestehende Personal wird erhebliche Investitionen fordern. Vor allem die Berater müssen ihre Fähigkeiten im Umgang mit verschiedenen Kommunikationskanälen verbessern, den strategischen Einsatz von Technologien wie KI erlernen und neue Kundensegmente zielgerichtet ansprechen und informieren können. Künstliche Intelligenz birgt hier vor allem die Chance, „die Produktivität bestehender Mitarbeiter um bis zu fünf Prozent zu steigern und das Talentmanagement sowie die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen zu verbessern“, so der Experte abschließend. (fw)