Die Renditesuche im Bondsektor
25.08.2014
Staatsanleihen bester Bonität werfen kaum Rendite ab. Spekulative Mittelstandsanleihen sind vielleicht auf nicht gerade das richtige Investment, um ruhig schlafen zu können. Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity Worldwide Investment, gibt einen Ausblick auf den Bondmarkt und rät zu Schwellenländern und inflationsindexierte Anleihen.
(fw/ah) "Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ist zuletzt unter die Ein-Prozent-Marke gefallen. Dies deutet darauf hin, dass die Investoren bedingt durch zuletzt schwächere Wachstumszahlen ihre Erwartung bezüglich quantitativer Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) nach oben geschraubt haben. Sollte die EZB diesen Schritt tatsächlich gehen, dürften viele zuletzt eher zurückhaltend agierende Marktteilnehmer versuchen, rasch in die Märkte zu kommen. Das könnte zu einem weiteren Aufschwung von Aktien und Rentenpapieren führen. Mein Hauptszenario ist das allerdings nicht. Ich gehe davon aus, dass sich Staatsanleihen in den kommenden zwölf Monaten überwiegend seitwärts entwickeln werden. Zwar liegen die Zinsen der Staatsanleihen aus den Industrienationen leicht unter ihrem fairen Wert, doch die hohen Staatsschulden und die expansive Geldpolitik werden einen größeren Anstieg verhindern. Bei zehnjährigen US-Treasuries dürften die Renditen in den kommenden Monaten auf 3,0 bis 3,25 % steigen. Im Euroraum dagegen werden die zuletzt beschlossenen Maßnahmen der zweckgebundenen Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) die Zinsen auch bei Anleihen der Peripheriestaaten weiter niedrig halten. Ihre Risikoaufschläge gegenüber Bundesanleihen könnten sogar noch schrumpfen."
Unternehmensanleihen
,,Bei Unternehmensanleihen guter bis sehr guter Bonität erwarte ich für die kommenden zwölf Monate leicht positive Renditen. Europäische Investment-Grade-Anleihen sind nach wie vor attraktiv bewertet, auch wenn sich die Risikoaufschläge eingeengt haben. Wir könnten sogar eine Fortsetzung der Rally sehen, wenn die quantitativen Lockerungsmaßnahmen in Europa weitergehen. Im Bankensektor unterstützt der im Oktober anstehende Asset Quality Review den Anleihemarkt. Denn die Aufsichtsbehörden fördern eine anleihefreundliche Politik der Emittenten. Die meisten Banken sind gut auf den Asset Quality Review vorbereitet. Insgesamt dürften Unternehmensanleihen vom deutlichen Nachfrageüberschuss am Markt unterstützt werden."
Hochzinsanleihen
,,Bei Hochzinsanleihen erwarten wir für die kommenden zwölf Monate Erträge im mittleren einstelligen Bereich. Dabei dürfte die Rendite eher aus den Zinszahlungen kommen als aus Kursgewinnen. Die Ausfallrate ist in diesem Segment weltweit niedrig und dürfte es auch bleiben, da sich die Unternehmen günstig und mit überdurchschnittlich langen Anleihelaufzeiten refinanzieren können und bilanziell weiterhin überwiegend solide aufgestellt sind. Regional betrachtet könnte der US-Hochzinsmarkt negativ beeinflusst werden, denn infolge einer verstärkten Aktivität von Private-Equity-Gesellschaften und vermehrten fremdfinanzierten Übernahmen hat sich die Qualität vieler Neuemissionen verschlechtert. Europa ist in dieser Hinsicht zwölf bis 18 Monate hinterher, hier agieren die Unternehmen noch vorsichtiger."
Schwellenländer- und inflationsindexierte Anleihen
,,Nach der Rally bei Schwellenländeranleihen erwarte ich in den kommenden zwölf Monaten Erträge im moderaten einstelligen Bereich. Im Vergleich zu den meisten anderen Anleiheklassen, auch zum Hochzinsmarkt der Industrieländer, bieten Schwellenländeranleihen insgesamt aber ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis. Innerhalb des Emerging-Market-Segments erscheinen Firmenanleihen attraktiver als Staatstitel, vor allem weil letztere aufgrund ihrer im Durchschnitt längeren Laufzeiten stärker auf Zinsveränderungen reagieren.
Gemeinsam mit Schwellenländeranleihen sind inflationsindexierte Anleihen womöglich die attraktivste Klasse im Bondsektor, da die Marktteilnehmer mittel- bis längerfristig noch von einer zu niedrigen Inflation ausgehen. Wir glauben, dass die Inflationsrate in Europa positiv bleiben wird, während sie in den USA auf 2,6 Prozent ansteigen sollte. Inflationsindexierte Papiere dürften sich auf Jahressicht deshalb besser entwickeln als normale Pendants."