Die Menschen schätzen Unabhängigkeit

23.02.2014

Günter T. Schlösser

Viele Finanzinstitute proklamieren die Kundenzufriedenheit als höchstes Ziel. Gleichwohl wird der Erfolg der Mitarbeiter aber weiter fast nur an den reinen Verkaufszahlen gemessen. finanzwelt sprach mit Günter T. Schlösser, Vorstandsvorsitzender des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e. V. (VuV), über die Bedeutung unabhängiger Beratung und den Trends auf den Kapitalmärkten.

finanzwelt: Herr Schlösser, die Betreuung unabhängiger Vermögensverwalter ist für viele Institute ein attraktiver Wachstumsmarkt. Zudem ziehen Vermögensverwalter verstärkt Berater an. Was macht den Reiz der Unabhängigkeit aus und wie fällt Ihre Bilanz des vergangenen Jahres aus?

Schlösser: Unabhängige Vermögensverwalter richten ihre Dienstleistungen an den Bedürfnissen des Kunden aus. Das gelingt, da sie keinerlei Vertriebsvorgaben eines übergeordneten Instituts beachten müssen. Die Menschen schätzen diese Freiheit. Denn viele haben das Vertrauen in die Banken aufgrund der Erfahrungen während der Finanzkrise verloren. Seitdem suchen die Kunden verstärkt nach Unabhängigkeit bei der Verwaltung ihres Vermögens. Das kommt den unabhängigen Vermögensverwaltern zu Gute, die auch im vergangen Jahr ihren Marktanteil ausbauen konnten. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen.

finanzwelt: Welche Initiativen werden seitens Ihres Verbands ergriffen, um auf Ihr Angebot (bspw. Weiterbildungsmaßnahmen) aufmerksam zu machen und inwiefern möchten Sie die Zusammenarbeit mit unabhängigen Vermittlern stärken?

Schlösser: Unseren Mitgliedern steht ein breites Angebot offen: So pflegt der Verband beispielsweise eine umfangreiche Dokumenten- und Vertragsdatenbank, in der wichtige Unterlagen auf stets aktuellem Stand vorgehalten werden. Darüber hinaus veranstalten wir im Jahresverlauf spezielle Fachseminare, zu denen neben den Mitgliedern auch andere Gesellschaften mit der Zulassung als Finanzportfolioverwalter eingeladen werden. Mit den unabhängigen Vermittlern verbindet uns die Wertschätzung der Unabhängigkeit, weshalb wir die Zusammenarbeit weiter stärken möchten. Der Großteil unserer Vermögensverwalter hat eigene Produkte, die für den Vertrieb interessant sind und die den Performancevergleich mit Fonds großer Kapitalanlagegesellschaften nicht scheuen müssen. Der Verband sieht es als seine Aufgabe, auf diese Produkte aufmerksam zu machen und den Kontakt zu Vermittlern auszubauen und zu pflegen. Deshalb ist der VuV bei den großen Branchentreffen präsent.

finanzwelt: Wo liegt der Mehrwert für Vermittler in einer Kooperation mit dem VuV?

Schlösser: Der VuV kann als Mittler fungieren und es den Vermittlern erleichtern, zu den einzelnen Mitgliedsgesellschaften Kontakt aufzunehmen. Mit unserer täglichen Verbandsarbeit sorgen wir dafür, die Kompetenz und Seriosität unserer Mitglieder zu stärken. Unser Dienstleistungsangebot ergänzt die bereits bestehende Expertise der oftmals langjährig am Markt tätigen Mitgliedsunternehmen und trägt dazu bei, dass VuV-Mitglieder zu den Besten ihrer Branche zählen. Der Vermittler kann sich darauf verlassen, dass er im VuV ausschließlich seriöse Geschäftspartner trifft.

finanzwelt: Welche Trends konnten Vermögensverwalter im vergangenen Jahr nutzen und was sind die Erwartungen für das laufende Jahr?

Schlösser: 2013 war ein herausragendes Börsenjahr. Aber trotz der steigenden Kurse, konnten Anleger einiges falsch machen. Der größte Fehler war, überhaupt nicht in Aktien investiert zu sein. Aber auch die unabhängigen Vermögensverwalter agierten nicht einheitlich. So gab es auf der einen Seite die Optimisten, die den Scheitelpunkt der Krise für überwunden ansahen und deshalb auf Aktien setzten. Auf der anderen Seite verhielten sich einige Vermögensverwalter zurückhaltender und konnten von der Hausse nicht in vollem Umfang profitieren. Resümierend muss man festhalten, dass Aktien im abgelaufenen Jahr die großen Gewinner waren und im anhaltenden Niedrigzinsumfeld weiter alternativlos erscheinen.

finanzwelt: Für Vermögensverwalter ist das Thema Regulierung zweischneidig: Einerseits entstehen viele neue Formalitäten, andererseits wird die Vermögensverwaltung aus Anbietersicht gegenüber der Anlageberatung attraktiver. Wie beurteilen Sie die neuen Regeln (Stichworte: MiFID2/MiFIR) für Vermögensverwalter?

Schlösser: Das Ziel der Regulierung ist es, den Markt sicherer zu machen und den Kunden zu schützen. Insofern führt eine sinnvolle Regulierung zu steigendem Vertrauen gegenüber den Anbietern und Dienstleistern. Der VuV begrüßt grundsätzlich alle Maßnahmen, die dem Kundenschutz dienen. Die unabhängigen Vermögensverwalter werden bereits heute streng von der BaFin überwacht. Wir gehen mit unserem VuV-Ehrenkodex sogar noch einen Schritt weiter, um die Seriosität unserer Mitgliedsgesellschaften sicherzustellen und für zusätzliches Vertrauen zu sorgen. Das Gesetz zu MiFID2 ist noch nicht verabschiedet. Wie die endgültigen Regeln aussehen werden, ist noch nicht bekannt. Aus Sicht des VuV steht unsere Branche jedoch am Rande einer Überregulierung und wir mahnen die Gesetzgeber an, Augenmaß zu behalten.

finanzwelt: Hält der Aktientrend der vergangenen Jahre an oder ist schon vieles in den Kursen eingepreist?

Schlösser: Im November 2013 haben wir unsere Mitglieder nach der weiteren Kursentwicklung gefragt: Damals sahen sie die Zukunft des DAX zweigeteilt. Rund die Hälfte der Befragten (54 %) erwarteten den deutschen Leitindex zum Jahresende 2014 über der 10.000-Punkte-Marke. Die andere Hälfte (46 %) war seinerzeit nicht ganz so optimistisch. Ob sich diese Meinung nach den zwischenzeitlichen Korrekturen geändert hat, vermag ich nicht zu sagen.

finanzwelt: Mischfonds sind in aller Munde. Das Angebot ist mittlerweile groß und die Vergleichbarkeit der Fonds nicht unbedingt gewährleistet. Welche wichtigsten Kriterien müssen vermögensverwaltende Fondslösungen unbedingt erfüllen?

Schlösser: Richtig ist, dass vermögensverwaltende Fonds seit einigen Jahren als neue Assetklasse auf sich aufmerksam machen. Unter den Obergriff fallen verschiedene Fondsarten wie Mischfonds, aber auch Total-Return- oder Multi-Asset-Ansätze. Gemein ist diesen Strategien, dass sie losgelöst von einer Benchmark verwaltet werden. Das Ziel der Manager ist es, die Volatilität zu reduzieren. Das gelingt dem Großteil. Allerdings muss dem Anleger bewusst sein, dass er das Mehr an Sicherheit mit Rendite bezahlt. Die vermögensverwaltenden Fonds treffen aktuell die Erwartung vieler Anleger – und die Nachfrage wird sich meiner Meinung nach in der Zukunft noch verstärken. (ah)

Interview mit Günter T. Schlösser - Onlineausgabe 01/2014