Die Lunte brennt
03.09.2018
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Bereits am 4. Juli 2016 schrieb ich hier in der „finanzwelt“ über die Inflation als Zeitbombe. Das Wort setzt sich aus zwei Begriffen zusammen. Es braucht Zeit und es wird bei Ausbruch eine Bombe. Die Zeit scheint gekommen. Beschäftigen Sie sich mit den Fakten. Felix Somary sagte: Die Inflation ist eine permanente Blutvergiftung.
Zunächst muss ich feststellen, dass die offizielle Inflationsrate nichts mit den Lebenshaltungskosten zu tun hat. Also nicht für die Notenbanken und Politiker. Für die Bürger schon. Denn für über 70 Prozent der Deutschen setzt sich die private Inflation hauptsätzlich zusammen aus Mieten, Energiekosten, Benzin und Nahrungsmittel. Mieten plus neun Prozent, Energiekosten plus zehn Prozent, Benzin plus 15 Prozent und Nahrungsmittel plus sechs Prozent. Hieraus errechnet das statistische Bundesamt eine Inflation von 2,1 Prozent. Sind das mathematische Genies? Nein, die Berechnung ist falsch.
So könnten Gewichtungen im Sinne des Ergebnisses verändert werden. Auch werden technische Fortschritte (zum Beispiel Auto und Fernseher) aus dem Preisanstieg herausgerechnet. Neben der Frage der Berechtigung bleibt auch die Unsicherheit hinsichtlich der „Spielräume“. Andererseits werden Qualtätsverschlechterungen nicht berücksichtigt. Oder schmecken die Tomaten aus deutschem Anbau nicht besser als die Treibhaustomies? Wir hatten noch Spielsachen aus (teurerem) Holz, heute sind sie aus billigem Plastik. Und die Billigklamotten aus den Trendläden kann man spätestens nach dem dritten Waschen nicht mehr ansehen. Aber Kleidung ist statistisch billiger geworden. Natürlich sind Möbel, die Sie selbst montieren billiger und das Essen im Selbstbedienungsladen auch. Bedienung hat halt seinen Preis. Und ohne Koffer und Essen im Flugzeug fliegt es sich auch preiswerter. Ein Hoch auf eine neutrale Berechnungsmethode.
Gunther Schnabl, Leiter des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Uni Leipzig legt noch einen drauf. Er bemängelt, dass die kräftig gestiegenen Preise für Bauleistungen, die Aktien und auch die Gebühren der öffentlichen Hand erst gar nicht in der Statistik auftauchen. Er errechnet, dass bei Berücksichtigung all dieser Daten die Teuerung bei etwa sechs Prozent liegen würde. Sein Ergebnis kommt meinem Gefühl bzgl. meines Geldbeutels wesentlich näher.
Jetzt wurden Gehaltserhöhungen deutlich über dem Wachstum abgeschlossen und die Rohstoffe zeigen seit einem Jahr Stärke, auch wenn sie sich in den letzten Wochen wieder abgeschwächt haben. Das sind die klassischen Voraussetzungen für Kostensteigerungen in der Produktion und in der Folge der Preise.
In den USA (2,9 Prozent) und Europa (2,1 Prozent) wurden die Inflationsziele der Notenbanken bereits erreicht oder sogar deutlich überschritten (Hoch seit 2008). Hier versagen die Medien. Sie berichten über die Trump Kapriolen, Seehofers Alleingänge, Özils Trikot, die lange Hitze, die Trennung Max und Maxi bei Bauer sucht Frau. Kaum aber über die Kaufkraftverluste der Sparer, die selbst die offizielle Inflationsrate nicht durch die Zinserträge ausgleichen können. Und schon gar nicht die gefühlte (und wahrscheinlich richtigere) Preissteigerung. Die versteckte Inflation zieht weiter an, schreibt Flossbach von Storch in seiner jüngsten Veröffentlichung.
Die Menschen glauben an die Fähigkeiten der Notenbanker. Und an die Ewigkeit der Notenpresse. Aber trotz aller Beteuerungen der Verantwortlichen: Es ist einfacher die Zahnpaste aus der Tube zu drücken, als sie wieder in die Tube zurück zu pressen. Es soll zwar Studien darüber geben, wieviel Eis die Antarktis durch das Pupsen der Kühe verliert, aber keine (offizielle), was an den Kapitalmärkten passiert, wenn die Notenbanken die Druckereigelder der letzten zehn Jahre von etwa 20 Billionen (beinhaltet auch den Verkauf der griechischen und italienischen Staatsanleihen) wieder einsammeln.
Ich habe nicht die Zeit und nicht die Fähigkeit für dieses Studienwerk. Ich ahne allerdings, dass unsere Hüter des Geldes als die größten Vermögensvernichter aller Zeiten in die Annalen eingehen würden. Und wer glaubt, dass die Notenbanken die Zinsen bei weiter steigender Inflation adäquat erhöhen werden, sollte noch einmal überdenken, was mit den 247 Billionen Schulden weltweit passieren würde, unter anderem mit den Höchstständen an Kreditkartenschulden, Studentenkrediten, Autofinanzierungen, Immobilienkrediten und Kontoüberziehungen. Nur Gold hat keine Schulden. Die „Peanuts“-Anhebung der Zinsen durch die Notenbanken sind Nebelkerzen.
Noch nehmen die Anleger alles gelassen hin. Die Aktienkurse sind ja weitestgehend stabil. Aber es wird Zeit, sich mit der Absicherung des Vermögens zu beschäftigen. In der Vergangenheit war bei einem Ausbruch der Inflation über das erträgliche Maß hinaus Gold die richtige Versicherung. Der Preis ist aktuell günstig. Die Stimmung für Gold erreichte im Juli ein neues Tief in diesem Jahrhundert. Auch die saisonalen Muster sprechen für ein umgehendes Engagement in Edelmetallen. Wer zu spät kommt, …
Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH