Die Inflation sorgt bei fremdfinanzierten Immobilien für Rückenwind
09.01.2023
Daniel Preis, CSO Domicil Real Estate Group / Foto: © Domicil
Kann die Inflation tatsächlich Anlass zur Freude geben? Immerhin ist die Inflationsrate in Deutschland mittlerweile zweistellig und damit so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Preise für Produkte und Dienstleistungen sind bereits Ende letzten Jahres deutlich gestiegen. Durch den kriegsbedingten Energieengpass und die weiterhin gestörten Lieferketten hat sich die Situation weiter verschärft. Der Kaufkraftverlust wird sich unweigerlich auf das Konsumklima auswirken. Die Gefahr einer Rezession ist nicht von der Hand zu weisen. Für private Anleger eine schwierige Situation. Es gilt, das Vermögen weiterhin sicher anzulegen und dennoch eine vernünftige Rendite zu erzielen. Für Immobilienbesitzer bedeutet die aktuelle Situation hingegen Rückenwind – unter bestimmten Voraussetzungen.
Schulden können durchaus ihren Charme haben
Wer eine Immobilie besitzt, sie selbst bewohnt und in den letzten Jahren eine langlaufende Finanzierung über zehn Jahre oder mehr abgeschlossen hat, darf sich diesbezüglich die Hände reiben. Während sich an der Kreditsumme nichts ändert, fällt durch die Inflation ihr Wert. Der Wert der Immobilie hingegen steigt. Mit der Mehrbelastung durch die hohen Energiekosten sind Eigenheimbewohner dennoch konfrontiert und müssen diese stemmen.
Übertragen wir das gleiche Szenario – der Besitz einer Immobilie und das Vorhandensein einer langfristigen Fremdfinanzierung – auf einen privaten Kapitalanleger, der die Immobilie nicht selbst nutzt. Die Vorzüge, also die unveränderte Kreditsumme und deren fallender Wert, bleiben die gleichen. Es kommen aber noch weitere hinzu. Im Fall der fremdfinanzierten, nicht selbst genutzten Mietwohnung trägt sich die Finanzierung über die Miete. Für die durch die Inflation gestiegenen Nebenkosten muss der Mieter ohnehin selbst aufkommen. Und die für die Finanzierung aufgewendeten Zinsen können sich Kapitalanleger über die Einkommenssteuerabschreibung zurückholen. Das gilt auch bei neuen Kreditverträgen, die einen höheren Zinssatz vorsehen. So ergibt sich das erstaunliche Phänomen, dass die tatsächliche Mehrbelastung für Kapitalanleger trotz steigender Zinsen relativ gleich bleibt.
Bei der Immobilienauswahl gilt: nicht hinreißen lassen
Dennoch gilt es, die Immobilien mit kühlem Kopf und unter Berücksichtigung der regionalen Marktgegebenheiten auszuwählen. Wer auf das vermeintliche Schnäppchen in einer Gegend mit zunehmendem Bevölkerungsschwund setzt, sitzt wenige Jahre später unter Umständen auf einem nicht vermietbaren Objekt. Ob sich ein preisgünstiges Objekt mit hohem Renovierungsbedarf rechnet, muss ebenfalls genau geprüft werden. Auch Luxusimmobilien können in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zum Bumerang werden, wenn – wie gerade in Düsseldorf, Köln, Frankfurt am Main und Hamburg zu beobachten – die Nachfrage drastisch sinkt, weil die Krisenparameter auch bei den Gutverdienern ankommen. Der hohe Kredit muss auch bei schleppender Nachfrage bedient werden.
Stimmen die Gegebenheiten, lohnt sich das Investment
Solide Mittelklassewohnungen in Städten mit positiver demografischer Entwicklung und einer florierenden Wirtschaft gehören dagegen definitiv ins „Relevant Set“. Weist der Standort zudem eine hohe Wohnungsnachfrage auf, ist auch mit soliden Mietpreisen zu rechnen. Die Zinswende spielt Immobilieninvestoren hier zusätzlich in die Hände. Einerseits ist der Traum von den eigenen vier Wänden für viele Menschen angesichts hoher Kreditzinsen geplatzt. Andererseits werden zahlreiche Bauprojekte storniert – der Neubau hat eine Vollbremsung hingelegt. Der Mietmarkt ist also sowohl mit einer steigenden Nachfrage als auch mit einem geringeren Angebot konfrontiert. Unter dem Strich bedeutet das eine steigende Mietrendite.
Besser nicht vom schnellen Geld träumen
Ein ganzes Jahrzehnt kannten die Preise für Immobilien nur eine Richtung: nach oben. Verlockend war die Idee, mal eben eine Immobilie zu kaufen und Monate später renditeträchtig wieder abzustoßen. Und viele sind ihr gefolgt und konnten eindrucksvolle Gewinnmargen erzielen. Immobilien wurden von Investitions- zu Trading-Objekten.
Doch nun ist die Zinswende da. Noch konnten die beiden Leitzinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) der Inflation nicht Paroli bieten. Wer jetzt vor einer Umschuldung steht, muss sich mit dem neuen Zinsniveau arrangieren – oder verkaufen und eventuell Preisabschläge in Kauf nehmen. Aktuell kommt es bereits in einigen Regionen zu spürbaren Preisrückgängen. Wer, statt zu spekulieren, die Immobilie als langfristige Anlage versteht, kann auch in solchen Phasen gelassen bleiben. Betongold wird auch in Zukunft seinem Ruf gerecht – gewohnt wird schließlich immer und die Wohnungspreise sind langfristig noch immer gestiegen.
Gastbeitrag von Daniel Preis, Chief Sales Officer (CSO) Domicil Real Estate Group