Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben

13.12.2021

Thomas Buckard, Gründungsmitglied und Vorstand der MPF AG / Foto: © MPF

Der Druck auf die Notenbanken wird wahrscheinlich weiter steigen. Thomas Buckard, Vorstand der MPF AG, glaubt nicht an einen raschen Rückgang der Preissteigerungen.

Verbraucher, die derzeit Post von ihrem Gasversorger bekommen, dürfte die gute Laune schnell vergehen. Die Preise steigen im nächsten Jahr um bis zu 50 %. Bei Ölheizungen dürfte es kaum besser aussehen. Und die Fahrt zur Tankstelle macht auch schon seit längerer Zeit alles andere als Spaß. Aber nicht nur die Energiepreise steigen, gefühlt verteuert sich derzeit so ziemlich alles. Vor allem die Waren kosten mehr, deren Produktion energieintensiv ist – zum Beispiel Dünger.

Das dem tatsächlich so ist, zeigen auch die offiziellen statistischen Daten. Im November stieg die Inflationsrate in Deutschland auf 5,2 % und damit auf den höchsten Wert seit rund 30 Jahren. In den USA stand sogar zuletzt eine sechs vor dem Komma. Die Deutsche Bundesbank erwartet das schon bald auch für die Teuerungsrate in der Bundesrepublik.

Die Zweifel wachsen

Lange Zeit haben Fed-Chef Jerome Powell und EZB-Präsidentin Christine Lagarde beteuert, bei der gestiegenen Inflation handele es sich um ein zeitlich befristetes Phänomen. Eigentlich blieb ihnen angesichts der rekordhohen Staatsschulden auch kaum etwas anderes übrig. Ob sich die Inflation im kommenden Jahr tatsächlich spürbar zurückbildet, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es zu Zweitrunden-Effekten kommt und wie sich die Lieferketten entwickeln. Beides spricht für eher wenig Entwarnung.

Sowohl in den USA als auch in Europa mangelt es an Fachkräften. Aber auch Pflegepersonal oder Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, sind knapp. Diesen Gruppen dürfte es nicht schwerfallen, bei den Löhnen zumindest einen Inflationsausgleich zu auszuhandeln. In den Vereinigten Staaten zahlen Unternehmen schon länger saftige Antrittsprämien, wenn Angestellte einen neuen Job anfangen.

Und in Deutschland steigt demnächst der Mindestlohn auf zwölf Euro die Stunde, was sich auch auf höhere Lohngruppen auswirken dürfte. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Es ist natürlich gerade bei den kleineren Einkommen mehr als verständlich, wenn diese wenigsten auf einen Ausgleich der Teuerungsrate pochen. Doch die bekannte Folge ist eine Lohn-Preis-Spirale.

Lieferketten bleiben fragil

Gleichzeitig bleibt die Lage bei Rohstoffen und Vorprodukten angespannt. Die Reedereien haben während der Pandemie Schiffe verschrottet und Hafenarbeiter nach Hause geschickt. Jetzt gibt es nicht mehr ausreichend Kapazitäten für den Transport und zum Löschen der Schiffe. Falls aufgrund neuer Corona-Mutanten Fabriken in Asien wieder schließen sollten, würden sich die Lieferketten-Probleme erneut verschärfen. Angesichts der unzuverlässigen Versorgungslage haben die Unternehmen in den zurückliegenden Monaten ihre Vorratshaltung hochgefahren. Ein ausgedünntes Angebot trifft somit auf eine erhöhte Nachfrage.

Dazu kommt, dass schon vor der Virus-Pandemie eine gewisse Deglobalisierung eingesetzt hat. Vor allem um die Abhängigkeiten von China zu reduzieren, greifen Abnehmer zunehmend auf Zulieferer zurück, die sich in ihrer Nähe befinden, die dafür aber teurer sind.

Schließlich könnte China den Export knapper Waren einschränken und erst einmal die heimische Wirtschaft versorgen. Das droht beispielsweise bei Magnesium, dass zu 85 % aus der Volksrepublik kommt und in der Autoindustrie benötigt wird. Ähnliches gilt für Lithiumkarbonat und -hydroxit, ohne das Akkus für Elektroautos nicht auskommen.

Vorkrisenniveau unwahrscheinlich

Es ist zwar durchaus möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass die Inflationsrate schon bald ihren Höhepunkt erreicht hat und sich 2022 wieder zurückbildet. Ein Niveau wie vor dem Ausbruch der Pandemie wird es jedoch wohl kaum auf absehbare Zeit geben. Damit steigt der Druck auf die Notenbanken, schneller als bislang erwartet aus ihrer ultralockeren Geldpolitik auszusteigen.

Powell hat bereits angekündigt, spätestens im Sommer des nächsten Jahres das Anleihekaufprogramm zu beenden. Bei der Fed stellt sich eher der Frage, ob sie 2022 zwei- oder dreimal die Leitzinsen raufsetzt. Lagarde hat zwar mehrfach bekräftig, dass sie nicht daran denkt an ihrer Geldpolitik etwas zu ändern. Ob sie das durchhalten kann, wenn sich die Inflationsrate im kommenden Jahr dauerhaft über der Marke von 3 % bewegen sollte, scheint jedoch fraglich.

Sachwerte bleiben ohne Alternative

Anleger können den Kaufkraftverlust eigentlich nur durch Sachwerte begrenzen oder im besten Fall sogar überkompensieren. Der Dax notiert trotz der jüngsten Korrektur noch immer auf Sicht eines Jahres bei etwa 15 % im Plus. Allerdings sollten Anleger bei Wachstumswerten bedenken, dass deren Gewinne in der Zunft durch höhere Inflationsraten beziehungsweise Zinsen stärker abdiskontiert werden.

Auch Immobilien haben auf Sicht eines Jahres mehr als die Inflation an Wert gewonnen – zumindest in den guten Lagen. Zwar ist das bei Gold nicht der Fall. Der Preis in Dollar ist in den vergangenen zwölf Monaten um fast 8 % gefallen. Die Notiz in Euro ist dagegen seit Anfang Dezember 2020 um 3,7 % gestiegen. Und auf längere Sicht hat Gold auch meistens stärker zugelegt als die Inflation.

Kolumne von Thomas Buckard, Gründungsmitglied und Vorstandssprecher der MPF AG in Essen

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