Die Immobilie: Der Fels in der Brandung

04.01.2021

Sebastian Engel (links), Chief Sales Officer der Alpha Real Estate Group / Christian Kunz (rechts), Sales und Marketing Manager bei TSO

finanzwelt: Ich kenne das, es gibt um jede Großstadt mittlerweile im Abstand von 20 bis 30 Meilen kleinere Trabantenstädte, wie Vororte, nur eben außerhalb und am Highway gelegen, so dass man doch innerhalb von 20 bis 30 Minuten in der Innenstadt ist. Kunz» Ja, die Wohnsituation ändert sich. Wir haben in den Vororten der großen Metropolen im Südosten der USA, die wir gerne als ‚Mini-Cities‘ bezeichnen, alles, was für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wichtig und interessant ist. Wir haben eine gut ausgebaute Infrastruktur, Einkaufsmöglichkeiten, Arbeitsplätze etc. Trotz Homeoffice wird es hier weiterhin einen großen Bedarf an Büroflächen geben. Vielleicht nicht mehr den Riesentower in der Innenstadt zu extremen Kosten. Hier könnte es eine Diversifikation geben. Die Prestigeadresse in den Metropolen wird von großen Firmen in Zukunft vielleicht nur noch für den Vorstand und das führende Personal gehalten. Aber der Backoffice-Bereich wird z. B. outgesourct oder in ein Objekt in den Vororten verlagert, wo die Mieten deutlich günstiger sind. Für den Arbeitnehmer hat es u.a. den Vorteil, dass er nicht mehr pendeln muss und sich teure Mieten in der Innenstadt sparen kann. Wir konzentrieren uns ganz stark auf diese außerstädtischen Bereiche, denn alle demografischen Zahlen in den USA sagen, dass in den nächsten Jahren knapp 85 Prozent der US-Bevölkerung vorstädtisch leben werden. Es gibt z. B. bei den Millennials ein ganz anderes Mindset als bei der Babyboomer-Generation. Die Work-Life-Balance spielt inzwischen eine viel wichtigere Rolle. Wenn wir wissen, wo die Menschen hingehen und wir rechtzeitig vor Ort die entsprechend nachgefragten Immobilien bereitstellen, dann haben wir langfristig im Immobiliensektor die richtige Investmentstrategie.

finanzwelt: Gibt es Immobilien, die von der Krise profitieren werden? Engel» Wie gesagt, ist es für mich ganz klar die Wohnimmobilie. Es ist schwierig, eine pauschale Aussage über Gewerbeimmobilien zu treffen. Experten erwarten hier eine rückläufige Tendenz. Nicht jeder ist für das Homeoffice gemacht. Zusätzlich gibt es Ausweichalternativen wie nahgelegene Co-Working-Offices. Auch Logistikimmobilien sind weiterhin im Kommen. Über alle Immobilientypen hinweg wird der Hauptfokus weiterhin besonders auf urbane Regionen bzw. auf Metropolregionen liegen. Kunz» Für die USA sehe ich das etwas anders. Wir würde jetzt natürlich auch kein 80-Stockwerk-Hotel in Atlanta-City Downtown kaufen. Aber im Gewerbebereich bieten sich derzeit sehr gute Chancen für denjenigen, der sie nutzen kann. Wer entsprechenden Zugang zu interessanten Objekten hat, über genügend Eigenmittel verfügt und günstige Finanzierungen erhält, profitiert langfristig von der aktuellen Situation. In diesen Zeiten ist aber nicht nur die Standortfrage noch viel entscheidender, als sie sowieso schon ist. Welche Größe hat die Immobilie? Wie viele Parkplätze? Die Qualität ist ebenfalls wichtig. Sie müssen als Immobilienanbieter im gewerblichen Bereich die Immobilie so platzieren, dass der Mieter mit seiner Strategie, Arbeitnehmer zu finden, gut aufgestellt ist. Sprich: Man muss den Mietern für ihre Mitarbeiter z. B. ein Fitnessstudio oder Gemeinschaftsflächen sowie viele andere mögliche Annehmlichkeiten bieten. Bei Industrieimmobilien steigt die Nachfrage in letzter Zeit. Gerade das Thema Self-Storage bietet enorme Chancen. US-Gewerbeimmobilien sind und bleiben sehr interessant, allerdings mit dem richtigen Fokus an den richtigen Standorten.

finanzwelt: Da sind sicher auch Unterschiede in Deutschland zu den USA, oder? Kunz» Ja klar. Amerikaner sind im Gegensatz zu Deutschen häufiger bereit, für die Arbeit umzuziehen. In den USA wandern zudem an den relevanten Standorten die Menschen aus den großen Städten in die Vororte ab. Wir haben starkes Bevölkerungswachstum, wir haben Zuwanderung, wir haben eine sehr hohe Geburtenrate, stellenweise drei bis vier Kinder pro Familie an unseren Standorten und eben die Motivation der Amerikaner, sich innerhalb des Kontinents zu bewegen: Es gibt Jahre, wo 20 Prozent der amerikanischen Bevölkerung innerhalb eines Jahres umziehen, oft aufgrund eines beruflichen Wechsels. Wenn ich weiß, wo die Menschen arbeiten werden, dann ist eine Gewerbeimmobilie sicherlich sehr interessant, insbesondere wenn man über das nötige Know-how verfügt, das Objekt dann auch professionell und ertragreich zu managen.

Weiter auf Seite 4