Die Immobilie: Der Fels in der Brandung
04.01.2021
Sebastian Engel (links), Chief Sales Officer der Alpha Real Estate Group / Christian Kunz (rechts), Sales und Marketing Manager bei TSO
finanzwelt: Das gilt doch aber sicher nicht für alle Segmente, oder? Engel» Im Hotel- und Gewerbebereich geraten einige Akteure in Schwierigkeiten, der Wohnimmobilienbereich hat aber weiter an Fahrt aufgenommen. Ich spreche hier ausschließlich von der klassischen Bestandsimmobilie, also weder von Luxusobjekten noch von Neubauprojekten. Im Bereich der Bestandsimmobilien wird es sicherlich auch etwas gehakt haben, allein das Preistreiben wurde nicht von jedem mitgemacht. Dadurch, dass eine Sensibilisierung für bezahlbaren Wohnraum stattgefunden hat, ist die Bereitschaft für den Anleger zu investieren, deutlich größer geworden.
finanzwelt: Nach der Corona-Krise wird uns mitunter eine längere rezessive Phase drohen. Wie werden Immobilien 2021 damit umgehen? Kunz» In solchen Krisenzeiten gibt es zwei Szenarien: Einmal den Bereich der Neuakquisition – in dieser Zeit binden wir neue Projekte an. Aber Chancen nutzen kann man nicht nur mit dem Neuerwerb, sondern auch mit Bestandsobjekten. Zum Beispiel werden die Zinssätze günstiger, das bedeutet, wir haben die Möglichkeit der Refinanzierung bestehender Objekte. Gleichzeitig muss man in solchen schwierigen Zeiten Einnahmen sichern und idealerweise auch Kosten senken. Wenn dem Anbieter das gelingt, erzielt er einen doppelt positiven Effekt. Wir haben genau das gemacht. Wir konnten in den letzten Monaten alle auslaufenden Mietverträge verlängern. Aber wir müssen natürlich auch schauen, wo es die nächsten zwei Jahre hingeht. Es kann zurzeit niemand konkret sagen, was uns erwartet. Ich hoffe, dass im nächsten Jahr das Angebot an möglichen Neuobjekten wieder größer wird. Denn viele haben in den USA das Gleiche wie wir gemacht: Sie haben viele interessante Objekte vom Markt genommen, so dass der Markt nicht überschwemmt wird. Die Nachfrage wird aber wieder steigen, auch wenn man vielleicht hier und da in den Medien etwas anderes hört. Letztendlich hat jede der Krisen, die wir in den letzten 20, 30 Jahren gesehen haben, gezeigt, dass die Immobilie der Fels in der Brandung ist und man damit nichts verkehrt macht. Engel» Es gibt viele Faktoren, die für uns an Bedeutung gewonnen haben. Zum einen die Migrationsentwicklung: Rund 1,5 Millionen Menschen sind in den letzten fünf Jahren nach Deutschland gekommen. Der Gesetzgeber sieht vor, dass Zuzügler die Möglichkeit haben, ihre direkte Verwandtschaft nachkommen zu lassen. Das bedeutet, dass in den nächsten fünf Jahren weitere drei bis vier Millionen Menschen in die Bundesrepublik immigrieren werden. Für diese Anzahl an Menschen werden die aktuellen Bestände nicht ausreichen. Hinzu kommt die steigende Geburtenrate, die gute Wirtschaftskraft und unser Sozialsystem. Diese drei Faktoren sensibilisieren viele ausländische Anleger in Immobilien in Deutschland zu investieren. Wohnraum wird immer gefragt sein. Es ist nur die Frage, welcher Wohnraum gefragter ist. Meines Erachtens wird es vor allem der bezahlbare Wohnraum sein. Solange wir in Wohnraum investieren, der den Mietansatz bei einer unter 100 m² großen Einheit von acht bis neun Euro verfolgt, ist die Fallhöhe für den Investor relativ gering. Denn selbst wenn derjenige, der darin wohnt, nicht mehr dazu in der Lage ist, seine Miete zu zahlen, wird dieser durch das soziale Netz aufgefangen. Kunz» Auch in den USA ist demografisch gerade sehr viel Bewegung. Der Bevölkerungszuwachs in den Städten in den letzten 20 Jahren war unter anderem auch durch die mittelpreisigen Jobangebote in den Städten begründet. Das ändert sich, weil es diese Jobs nicht mehr gibt, sie werden häufig in Drittländer outgesourct. Der Südosten, in dem wir uns positioniert haben, hat ungefähr die Fläche der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben ungefähr 84 Millionen Einwohner laut der letzten Schätzung, also auch dieser Wert ist vergleichbar. Vor 15 Jahren hatten wir im Südosten der USA knapp zehn Millionen Einwohner weniger. Wir haben also ein extrem starkes Bevölkerungswachstum, vor allem auch deshalb, weil es dort entsprechende Jobangebote gibt. Außerdem gibt es keine extreme Kaufpreissteigerung, weil wir hier über genügend Flächen verfügen und meist günstig neu bauen kann. Deshalb ist es wichtig, Immobilien immer unter den Wiederherstellungskosten zu erwerben.
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