Die Wall Street-Ikone hat Ärger
07.04.2015
Die amerikanische Börsenaufsicht ermittelt gegen die Gründerin von Patriarch Partners. Die mehrfache Milliardärin und Wall Street-Ikone wehrt sich gegen die Vorwürfe, sie sei unschuldig.
2015-04-08 (fw/db) Die 55-jährige Amerikanerin Lynn Tilton, Gründerin der Private-Equity-Firma Patriarch Partners, wuchs im New Yorker Stadtteil Bronx auf und arbeitete in ihren Zwanzigern als alleinerziehende Mutter über 100 Stunden in der Woche an der Wall Street. "Ich kann mich an meine Zwanziger gar nicht erinnern", sagt Tilton, "so düster waren sie."
Tilton hat den Bachelor of Art (B.A.) in American Studies von der Yale University und ein Master of Business Administration in Finance (MBA) der Columbia University. Sie war der Executive Managing Director bei Papillon Partners und Investment Banker von Merrill Lynch.
Die Managerin und Unternehmerin gilt als knallharte und risikobereite Geschäftsfrau. Ab und zu will sie auch sanft die Welt verbessern. Nun ist die Selfmade-Milliardärin ein Ziel von aktuellen Ermittlungen der amerikanischen Börsenaufsicht (SEC).
Die Restrukturierung notleidender Unternehmen bescherte der Managerin einen unsäglichen Reichtum. Tilton gilt in der globalen Finanzwelt als die reichste Selfmade-Milliardärin der Wall Street. Heute herrscht sie als Chefin über 74 Unternehmen mit einem Totalwert von acht Milliarden Dollar.
Zu viel Gebühren von Kunden kassiert?
Tilton sieht sich selbst als eine Expertin die scheinbar wertlose Unternehmen in erfolgreiche Konzerne wandelt. Ihre Mission ist es amerikanische Arbeitsplätze zu sichern. Seit der Gründung ihres Unternehmens restrukturierte sie laut eigenen Angaben mehr als 240 in Schieflage geratene Firmen und rettete so über 675.000 Arbeitsplätze. Zum Firmen-Portfolio zählen Dura Automotive, Spiegel Catalogs, MD Helicopters, Rand McNally und Stila Cosmetics.
Doch nun steckt Tilton scheinbar in großen juristischen Schwierigkeiten. Die mächtige US-Börsenaufsicht (SEC) beschuldigt Tilton, sie hätte von ihren Investoren fast 200 Millionen Dollar zu viel an diversen Gebühren illegal kassiert, wie die Nachrichtenagentur “Bloomberg“ berichtete.
Eine Kämpferin „für die Wahrheit“
Im Interview mit dem US-Sender „CNBC“ weist Tilton diese juristischen Vorwürfe sehr energisch zurück und bezeichnet diese als rechtlich haltlos. Zugleich gibt sie sich gewohnt kämpferisch und stark. „Ich habe schon viele David-gegen-Goliath-Kämpfe ausgefochten“, sagt sie. Dabei sei sie noch nie verurteilt worden – weil sie stets für die Wahrheit und Gerechtigkeit kämpfe.
Image als Furie und dominante Chefin
Edel wirken die Eigenbeschreibung und das von ihr verbreitete Image. Nach Angaben ehemaliger Mitarbeiter und Geschäftspartner gilt Tilton im Gegensatz dazu eher als Furie. Laut dem US-Magazin „Forbes“ beschrieben die ehemaligen Mitarbeiter ihre Ex-Chefin als eine „wütende und schreiende Wahnsinnige“.
Laut dem Finanzportal „Dealbreaker“ stellte sie ihre männlichen Mitarbeiter während einer Party zu ihrem runden 50. Geburtstag vor die Wahl: Entweder sie schlürften einen mit Alkohol getränkten Wackelpudding von ihrem Bauch oder würden Schlagrahm von ihren Brüsten essen.
Angeblich seien die Mitarbeiter nach der Ansage in die Toilette geflüchtet. Tilton hatte auch dafür eine Erklärung, die Schlagrahm-Orgie sei als Team-Building-Maßnahme gedacht gewesen. Man(n) müsse seine Chefin ja mögen oder zumindest „zum Fressen gern haben“.
Heiße Fotos für zehn Topkunden
Ihr Selbstverständnis als „starke Frau“ hat eine originelle Historie. Im Jahr 1988 verschickte Tilton eine besondere Grußkarte an ihre zehn besten Kunden. Auf der Bildseite der Karte posierte die Managerin als „Dominante Frau“ samt Lederpeitsche und niedlichen Stofftieren.
Und als Weihnachtsgruß bekamen die Kunden eine Aufnahme geschickt, auf der sie sich im knappen Dessous mit Nikolaus-Mütze ablichten ließ. Sie tat dies, weil sich angeblich die Männer jeden Tag bei ihr erkundigten, was für ein Kleid sie trage, und welche Farbe ihre aktuelle Unterwäsche denn habe. Das zumindest berichtet der Informationsdienst „Dealbreaker“.
Fazit: Es gibt viele Wege zum Reichtum. Eine gute Voraussetzung scheint ein solides Studium und eine Tätigkeit als Investment-Bankerin zu sein. Der Aufkauf von falsch bewerteten Unternehmen und deren Sanierung und Neuausrichtung ist ein Turbo. Bei Maßnahmen zur Bildung einer Eigenmarke und in der Mitarbeiterführung als weibliche Top-Manager ist nicht nur Zimperlichkeit gefragt. Alles schön, wenn da nicht die lästigen Ermittler der Börsenaufsicht wären. Da hilft vielleicht die juristische Peitsche und mit der kann Tilton umgehen. Tilton wirkt zumindest spannender als Paris Hilton, die extravagante Hotelerbin. Die Managerin Tilton hat ein eigenes Format. Eines wie es in Mitteleuropa nur vom Ehepaar Carmen und Robert Geiss bekannt ist (finanzwelt 13.03.2015), mit einem für die Medien inszenierten Lebensstil – High Heels, Reichtum und ein Schuss Extravaganz.
Dietmar Braun