Die große Armut

07.12.2018

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Wer sich selbstständig macht, denkt üblicherweise ausschließlich in Erfolgskategorien. Und wird häufig schnell von der Realität eingeholt. Dies heißt dann geringer Verdienst und fehlende Absicherung fürs Alter, aber auch bei Gebrechen. Hier ist der Staat gefragt und nach langen Jahren des Nichttuns handelt er endlich. Auf Makler warten umfangreiche Beratungsaufgaben.

Das Bundesarbeitsministerium hat für  das Jahr 2016 erschreckende Zahlen vorgelegt. Danach kämpfen 40 % der Solo-Selbstständigen Monat für Monat mit einem Einkommen unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Und die Aussichten  fürs Alter sind alles andere als rosig: Von vier Mio. Selbstständigen war nur eine Mio. gesetzlich zur Altersvorsorge verpflichtet.

Nach Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)  lag das monatliche Bruttoeinkommen der betroffenen 40 % bei maximal 915 Euro – das sind 8,50 Euro je Arbeitsstunde statt des Mindestlohns von 8,84 Euro. Eitel Sonnenschein herrscht aber auch nicht, wenn man den Schnitt aller Selbstständigen betrachtet. Laut ZEW lag der durchschnittliche Bruttoverdienst bei 12,62 Euro in der Stunde – oder 1.760 Euro im Monat. Hinzu kommt, dass viele Solo-Selbstständige keine soziale Absicherung fürs Alter und bei Invalidität haben. Höchste Zeit also, dass sich zumindest hinsichtlich der Zukunftsabsicherung Grundlegendes ändert. Nach den Plänen der derzeitigen Großen Koalition soll dies bald geschehen. In einem ersten Schritt wird schon zum Jahresbeginn 2019 die finanzielle Belastung durch Krankenversicherungsbeiträge inder GKV sinken. Und zwar deutlich. Inklusive Pflegeversicherung wird der Mindestbeitrag dann bei nur noch 171 Euro im Monat liegen. Bisher waren es mindestens 423 Euro. Hintergrund ist die Absenkung der Bemessungsgrundlage von 2.284 Euro auf 1.038 Euro. Will heißen: Wer weniger als die besagten 2.284 Euro monatlich verdient, wird deutlich vom neuen Mindestbeitrag profitieren. An einem anderen Punkt – nämlich an der Altersvorsorge – haben sich schon die unterschiedlichsten Ressortverantwortlichen in Berlin versucht: zunächst Ursula von der Leyen und danach Andrea Nahles – beide als Bundesarbeitsministerinnen. Nun bleibt es ihre Nachfolger Hubertus Heil vorbehalten, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Eingeführt werden soll eine Altersvorsorgepflicht, die der Mentalität von Unternehmensgründern entgegen kommt. Bei Andrea Nahles war eine Verpflichtung zum Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung vorgesehen, doch mit dem CDU/CSU-Koalitionspartner war das nicht zu machen. Nach den neuen Plänen werden alle Selbstständigen zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und einer privaten Altersvorsorge wählen können. Voraussetzung: Letztere muss insolvenz- und pfändungssicher sein und eine Rente oberhalb der Grundsicherung von derzeit durchschnittlich 800 Euro erwirtschaften. Das könnte grundsätzlich die Rürup-Rente sein, aber auch andere Produkte kämen in Frage.

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