Die Finanzwelt verändert sich schneller

11.02.2016

Es ist die Regulierung die Finanzdienstleister mehr antreibt als die Digitalisierung. Beim Ausbau des Berichtswesens und der Auflagen denkt der Gesetzgeber dass dies alles kostenfrei zu erledigen sei.

2016-02-12 (fw/db) Höchstens ein Drittel aller systemrelevanten Großbanken weltweit hat sein Geschäftsmodell bereits vollständig an die neuen Regulierungsvorschriften angepasst. Insbesondere Banken in Großbritannien, der Schweiz und den USA haben längst gehandelt und sind deutlich weiter als deutsche Banken.

Dies sind Ergebnisse der aktuellen Studie „How banks can use strategy, structure and resilience to win the regulatory endgame“ der internationalen Managementberatung Bain & Company. Sie untersucht, inwieweit systemrelevante Banken in Europa und den USA die neuen Paradigmen der Regulierungsbehörden bereits implementiert haben: Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, Widerstandsfähigkeit gegen neuerliche Krisen und geordnete Abwicklungsmöglichkeiten.

„Viele Banken betrachten die Umsetzung der verschärften Regulierung vor allem als Compliance-Angelegenheit und verkennen die strategische Dimension. Oft haben sie noch gar nicht realisiert, dass der Regulierer die Überprüfung der Geschäftsmodelle als Kernaufgabe versteht“, so Bain-Partner und Studienautor Matthias Memminger. Der Experte sieht bei den Banken im Euroraum erheblichen Nachholbedarf.

Die Banken erfüllen pflichtgemäß die neuen Vorschriften und stocken wie gefordert ihre Kapitalbasis deutlich auf. Doch im Gegensatz zu angelsächsischen Häusern scheuen sie spürbare Veränderungen ihres Geschäftsmodells und ihrer Struktur.

Die Vorreiter haben sich bereits von besonders volatilen und damit kapitalintensiven Aktivitäten getrennt. Geschäftsbereiche ohne Aussicht auf nachhaltige Returns oberhalb der gestiegenen Kapitalkosten im neuen Umfeld stellten sie zur Disposition. In einzelnen Fällen kam es zum Rückzug aus ganzen Regionen und Geschäftsfeldern wie dem Handel mit Rohstoffen oder Anleihen. Damit haben diese Banken nicht nur die Forderungen der Regulierungsbehörden nach einer stärkeren Widerstandsfähigkeit gegen Krisen erfüllt. Vielmehr ziehen sie daraus weitere Vorteile.

„Auch wenn es kurzfristig schmerzhaft war, haben die Vorreiterbanken mit ihrem geschärften Profil langfristig einen Wettbewerbsvorteil. Und das honoriert der Kapitalmarkt“, so Memminger.

Der Bewertungsunterschied zwischen Banken im Euroraum und ihrer angelsächsischen Konkurrenz spräche Bände, meint der Bain-Experte.

Drei strategische Handlungsfelder für Banken

„Die deutschen Banken müssen handeln. Die neuen Regeln sind eine Chance, ihr Geschäft zu fokussieren und Komplexität zu reduzieren“, mahnt Dr. Jan-Alexander Huber, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. Drei Themen stehen im Mittelpunkt:

Verringerung der Risiken und nachhaltige Ertragskraft: Dies lässt sich durch den Ausstieg aus besonders risikobehafteten, kapitalintensiven Geschäftsfeldern ebenso erreichen wie durch eine optimierte Kapitalallokation und die Konzentration auf profitable Geschäftsfelder mit stabilem Cashflow.

Stärkung der Kapitalbasis: Kapitalerhöhungen, stärkere Rücklagen sowie die Ausgabe von bail-in-fähigen Instrumenten wie CoCo-Bonds versetzen Banken in die Lage, die Forderung der Regulierer nach höheren Kapitalpuffern zu erfüllen.

Beschleunigte Umsetzung und Akzeptanz der neuen Vorschriften: Euro-Banken sind unter Zeitdruck, denn ab diesem Jahr greifen sowohl der einheitliche Abwicklungsmechanismus (SRM) als auch die neuen Bestimmungen zum aufsichtsrechtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP). Dabei prüft die EZB quartalsweise die Banken detailliert und umfassend – auch auf die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells.

„Selbst unter der neuen Regulierung können Banken erfolgreich sein. Halten sie jedoch zu lange an tradierten Geschäftsmodellen fest, laufen sie Gefahr, den Anschluss im globalen Wettbewerb zu verlieren. Die Zukunft gehört fokussierten Banken mit transparenter Struktur“, betont Bain-Partner Huber. Das gelte auch für die Zukunft der Banken in Deutschland, merkt der Experte abschließend an

Dietmar Braun