Die farbige Null

21.08.2019

Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger

Das hätte sich der indische oder altbabylonische Erfinder der Zahl „Null“ vor tausenden von Jahren auch nicht träumen lassen, dass die unscheinbare Zahl „Null“ aus ihrer Unsichtbarkeit in einen farbigen Zustand wechseln kann. In diesen Tagen wird man immer öfter mit verschiedenen Nullen verwirrt. Was eine „schwarze Null“ bedeuten soll, ist uns noch einigermaßen aus dem Bilanzwesen bekannt. Dieses soll die optimistische Sichtweise eines nicht vorhandenen Gewinnes im Gegensatz zur negativen Sichtweise einer roten Null im Falle eines ebenfalls nicht vorhandenen Gewinnes beschreiben. Die „schwarze Null“ im jüngeren Sinne beschreibt eher die Verbindung zur Finanzpolitik einer Partei, der im Allgemeinen eine schwarze Farbe zugeordnet wird. Als neue Vertreterin der Zunft ist von einer „grünen Null“ die Rede. Es ist noch nicht ganz klar, was sich dahinter verbirgt, aber es soll wohl heißen, dass die Partei, die diese Farbe verkörpert, einerseits keine Haushaltsschulden im Staate machen will, aber sämtliche Ausgaben im Sozial-, Klimawandelbekämpfungs- bzw. Umverteilungsbereich stemmen will.

Letzten Freitag mutierte die CDU-eingefärbte schwarze Null zur vom SPD-Vizekanzler verkündeten roten Null, da nun doch für den Fall eines größeren Konjunktureinbruches Wirtschaftshilfen in Höhe von rund 50 Mrd. Euro in den Raum gestellt wurden. Und dies gerade rechtzeitig, denn die Aktienmärkte setzten bereits zu einer veritablen Korrektur an, da die negativen Meldungen im Zusammenhang mit dem Handelsstreit der USA mit China, den Hongkong-Unruhen und dem drohenden harten Brexit überhandzunehmen drohten.

Nicht nur die Stimmungsindikatoren verabschieden sich seit geraumer Zeit in negatives Terrain, auch viele harte Wirtschaftsdaten zeigen unangenehme Folgen der internationalen Streitigkeiten und deuten Rückgänge der Wirtschaftsleistung an.

Die Regierungskrise in Italien trägt ihr Scherflein zur aktuellen Verunsicherung der Marktteilnehmer bei. Ein Wiederaufflackern der Finanzkrise ist vor dem Hintergrund von Neuwahlen und eines Wahlsieges des Populisten Salvini und seines EU-Erpressungspolitikstils nicht unmöglich.

Dass ein gewählter US-Präsident seinen Regierungsbesuch in Dänemark absagt, weil dessen Regierungschefin sein absurdes Ansinnen, Grönland kaufen zu wollen, als absurd bezeichnet, löst immerhin nur ungläubiges Kopfschütteln aus. Der nahe Zugang zu Rohöl-Reserven und einem der größten Trinkwasser-Reservoirs der Welt wird ihm wohl verwehrt bleiben. Viele Investoren beginnen sich nur zu fragen, inwieweit es vor diesem Hintergrund möglich sein soll, eine irgendwie geartete rationale Lösung im Handelsstreit der USA mit China zu finden. Die Leistungen des 45. US-Präsidenten nähern sich jedenfalls dem Status einer (wirtschafts)politischen Null an. Und diese ist leider recht farblos. Die unmittelbaren Folgen daraus können jedoch dazu führen, dass sowohl die Wirtschaftsdaten als auch die Aktienkurse im tiefroten Bereich enden.

Kolumne von Michael Beck, Leiter Asset Management Privatbank ELLWANGER & GEIGER