Die EZB sagt wenig Wahres, und druckt viel Bares
26.04.2016
Die Europäische Zentralbank schafft keine Rendite für Sparer © iDraw
Nicht alles was die Europäische Zentralbank sagt, sollten Vorsorgesparer für „bare Münze“ nehmen. Es geht um Halbwahrheiten, welche Vorsorgesparer bestrafen und die Staatsschulden abbauen.
2016-04-27 (fw/db) Entgegen der Aussage der Europäischen Zentralbank (EZB) sind die deutschen Sparer die Verlierer der EZB-Nullzinspolitik. Das gilt jedenfalls für sicherheitsorientierte Sparer, die ihr Geld längerfristig anlegen wollen. Eine Auswertung von Zahlen der Deutschen Bundesbank durch das Ifo-Institut, München, im Auftrag des Verbandes der Privaten Bausparkassen e.V. bestätigt dieses Ergebnis. Die Europäische Zentralbank wehrt sich seit längerem gegen den Vorwurf einer unfairen Bestrafung der Sparer. In seiner Rede verwies der EZB-Präsident am 25.01.2016 bei Deutsche Börse AG auf den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom Oktober 2015. Danach sei bereits früher die Inflation oft höher gewesen als der Sparbuchzins. Reale Verluste für Sparer seien also nichts Neues. „Für kurzfristig kündbare Anlagen wie das Sparbuch ist das richtig. Für sicherheitsorientierte Sparer, die ihr Geld längerfristig anlegen, gilt diese Aussage aber nicht. Diese Sparer – und dazu gehören vor allem Normal- und Geringverdiener – müssen sich heute real mit deutlich weniger Zinsen zufrieden geben als früher. Sie sind die Leidtragenden der Nullzinspolitik und erleben einen schleichenden Vermögensverlust“, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Privaten Bausparkassen, Andreas J. Zehnder. Ihre Bereitschaft, privat für das Alter vorzusorgen, werde untergraben und ihre bestehende Absicherung entwertet. Der Hinweis der EZB spiegelt somit nur die halbe Wahrheit wider.
Die Halbwahrheiten der EZB
Beispiel für den anderen Teil der Wahrheit: der Sparbrief mit vierjähriger Laufzeit. Dieser brachte im Zeitraum 1970 bis 1979 eine reale Rendite von durchschnittlich 2,2 Prozent ein. Zwischen 1980 und 1989 stieg diese auf 3,8 Prozent. Noch in den 90er Jahren rentierte der Sparbrief mit real 3,4 Prozent. Zwischen 2000 und 2010 betrug die Verzinsung immerhin noch 1,7 Prozent. Im Zeitraum 2010 bis 2015 sank die Rendite auf durchschnittlich nicht einmal 0,5 Prozent. „Ein Zinsunterschied von real 2 Prozentpunkten macht sich durch Zinseszinseffekte auf dem Konto deutlich bemerkbar. Bei einem Sparbetrag von 20.000 Euro und einer Verzinsung von 0,5 Prozent im ersten Fall und von 2,5 Prozent im zweiten Fall beträgt der Vermögensunterschied nach zehn Jahren knapp 4.600 Euro“, so Zehnder. Auch mit Bundeswertpapieren ließ sich in den vergangenen Jahrzehnten eine positive reale Rendite erzielen, die im Durchschnitt immer über der Verzinsung von Sparbriefen lag. Die Rendite belief sich in den 70er Jahren auf 3,0 Prozent, in den 80er Jahren auf 4,6 Prozent, in den 90er Jahren auf 4,1 Prozent und zwischen 2000 und 2010 auf 2,4 Prozent. In den Jahren 2010 bis 2015 fiel sie ebenfalls auf ein Niveau nur knapp über der Nulllinie (durchschnittlich 0,2 Prozent). Höhere Renditen weisen heute zum Beispiel noch Unternehmensanleihen aus (durchschnittlich 2,2 Prozent im Zeitraum 2010 bis 2015) – jedoch mit entsprechend höherem Risiko bis hin zum Totalverlust. „Sicherheitsorientierte Sparer lassen hiervon deshalb verständlicherweise die Finger“, so Zehnder. Beim kurzfristig kündbaren Sparbuch habe sich die Entwicklung der realen Renditen in der Tat anders dargestellt. Hier war laut Ifo-Institut die durchschnittliche reale Verzinsung tatsächlich nur zwischen 1980 und 1989 positiv (+0,4 Prozent). Zwischen 1970 und 1979 erzielten Sparer damit eine real negative Rendite von –0,8 Prozent, zwischen 1990 und 1999 von –0,2 Prozent und zwischen 2000 und 2010 von –0,3 Prozent. Zwischen 2010 und 2015 lag die negative Rendite durchschnittlich wieder bei –0,8 Prozent. Merke: Wer sein Geld auf das Sparbuch legt, könnte es langfristig gesehen, genauso gut verbrennen. Nicht alles was die EZB tut, hat das Wohl der Vorsorgesparer im Auge. Es geht eher um die Befreiung der Staaten von ihren Schulden, bezahlen soll alles der Vorsorgesparer. Sollten die „Helikopter auch noch Geld abwerfen“, dann ist das wahrscheinlich der größte Inflationsturbo. Dietmar Braun