Die Europäische Zentralbank - entscheidet sie allein die Geldpolitik der EU?

10.05.2021

Foto: © telesniuk - shutterstock.com

Die EZB (Europäische Zentralbank) nehmen wir häufig vor allem mit der Festlegung der Zinssätze im Euro-Raum und im Zusammenhang mit Anleihenkäufen wahr. Sie steht dabei nicht selten in der Kritik und wird als Repräsentant einer vermeintlich verfehlten Geldpolitik massiv von vielen Seiten angegriffen. Meist wird dabei nicht bewusst wahrgenommen, welche Aufgaben und Befugnisse dieses EU-Organ in der Geld- und Währungspolitik im europäischen Wirtschaftsraum tatsächlich hat. Der EZB wurden weitreichende Befugnisse und Aufgaben übertragen, die in EU-Verträgen geregelt sind. Sie nimmt dabei aber keine isolierte Machtposition ein, sondern ihre Entscheidungen werden über den EZB-Rat von allen nationalen Zentralbanken des Euro-Raums mitgetragen. Insofern repräsentiert die EZB den jeweiligen Konsens, der im Euro-Raum zwischen den beteiligten Ländern in Währungsfragen und Marktstabilitätspolitik herrscht. Hat sie dennoch zu viel Macht?

Organisationen und formaler Rahmen der EZB

Ihren Sitz hat die EZB in Frankfurt am Main. Sie wurde 1998 als gemeinsame Behörde der EU-Staaten gegründet. Sie hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und wird von einem Präsidenten/einer Präsidentin vertreten. Finanziell unabhängig entscheidet sie mit einem eigenen Haushalt selbst über die Verwendung von finanziellen Mitteln. Zurzeit ist die Französin Christine Lagarde Präsidentin der EZB.

Die Europäische Zentralbank steht nicht für sich allein. Zwar ist die unabhängig von politischen Weisungen. Sie bildet aber gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken der EU-Länder das europäische System der Zentralbanken mit der Abkürzung ESZB. Sie hat regelmäßige Berichtspflichten gegenüber dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem Europäischem Rat. Hier haben demokratische Institutionen und auch die Öffentlichkeit die EZB immer im Blick. Sie unterliegt außerdem der Kontrolle des Europäischen Rechnungshofes.

Im Nachgang zur Bankenkrise 2008 wurde der EZB die Aufsicht über systemrelevante Banken innerhalb des Euro-Raums im Rahmen eines zentralisierten, einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus übertragen. Das hat die Bedeutung dieser supranationalen Institution weiter verstärkt. Für politische Gegner kapitalistischer Wirtschaftssysteme insbesondere aus dem politischen linken Spektrum ist die EZB maßgeblicher Repräsentant einer bestimmten Geld- und Wirtschaftspolitik. Sie steht deshalb häufig im Zentrum von teilweise heftigen und sogar gewalttätigen Protesten wie beispielsweise bei der Eröffnung des EZB-Neubaus 2015.

Weiter auf Seite 2