DIA-Studie zur Rente: Was Deutschland von anderen europäischen Ländern lernen kann
11.04.2024
Klaus Morgenstern. Foto: DIA
In der neuesten Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) wird ein idealtypisches Szenario für regulierte Rentensysteme mit Fonds entworfen. Dazu untersuchte das Hamburger Institut für Wirtschaft und Gesellschaft im Auftrag des DIA (IWG) die Altersvorsorgesysteme in sechs europäischen Staaten. Besonderer Schwerpunkt dabei: Welchen Platz nehmen kapitalgedeckte Bausteine in diesen Systemen ein und wie harmonieren diese mit den umlagefinanzierten Renten?
„Ob Generationenkapital, Aktienrente, Altersvorsorgedepot oder eine revitalisierte Riester-Rente – die deutsche Politik beschäftigt sich derzeit mit verschiedenen Formen kapitalgedeckter Altersvorsorge. Da lohnt es sich, auch mal einen Blick über die Grenzen zu werfen. Von Schweden oder den Niederlanden ließe sich einiges lernen“, erklärt DIA-Sprecher Klaus Morgenstern.
Drei Voraussetzungen für ein idealtypisches Szenario regulierter Rentensysteme mit Fonds
Folgende drei Voraussetzungen sind Teil eines idealtypischen Szenarios für regulierte Rentensysteme mit Fonds. Kapitalgedeckte Vorsorgeformen für die Alterssicherung brauchen ab ihrer Einführung durch öffentliche oder private Träger eine umfassende und transparente Begleitung, die deren Vorteile, aber auch potenzielle Risiken wie zum Beispiel schwankende Renten deutlich aufzeigt. Zudem sollten umlagefinanzierte und kapitalgedeckte Renten zusammen ein Gesamtniveau erreichen, bei dem kleinere Schwankungen nicht zu zwingenden Einschränkungen bei den Rentnern führen. Hinzu kommen klare gesetzliche Vorgaben für die Anbieter kapitalgedeckter Altersvorsorge, die Arbeitnehmer und Rentner schützen müssen.
Weitere Schlussfolgerungen aus dem internationalen Vergleich
Aufbauend auf die Erfahrungen der untersuchten Länder leiteten die Autoren weitere Schlussfolgerungen ab. So fördert eine konsensorientierte Beteiligung der Sozialpartner und ein historisch weit zurückreichender kollektiver Lernprozess die Hinwendung zur Kapitaldeckung in der Altersvorsorge. Kollektive Systeme mindern wiederum Härten für den Einzelnen. Außerdem machten die Autoren die Beobachtung, dass obligatorische Teilhabe der gesamten Erwerbsbevölkerung die Altersabsicherung geringverdienender Arbeitnehmer verbessert. Diese Gruppe verzichtet am ehesten auf eine zusätzliche finanzielle Belastung für eine ergänzende Vorsorge, ist aber besonders von Altersarmut bedroht.
Untersuchte Kriterien der Studie
Anhand von ausführlichen Steckbriefen der einzelnen Altersvorsorgesysteme und auf der Grundlage von leitfadengestützten Interviews mit Experten der untersuchten Länder zeigt die Studie ein Set von sozio-ökonomischen Kriterien auf, die maßgeblichen Einfluss auf die Alterssicherung haben. Dazu gehören kulturelle Faktoren wie Erfahrungen mit Kapitalanlagen und Risikobereitschaft, gesellschaftspolitische wie sozialer Ausgleich und Umfang bisheriger Veränderungen, aber auch Kennzeichen der Ausgestaltung der Altersicherung (Freiwilligkeit, Rolle staatlicher Anbieter, Art und Umfang der Risikoübernahme). Anhand dieser Kriterien vergleichen die Autoren die Systeme der einzelnen Länder und leiten daraus auch Veränderungspotentiale ab (dazu Grafik im Anhang).
Wesentliches Unterscheidungskriterium
Ein wesentliches Unterscheidungskriterium sehen die Studienautoren in der Aufteilung zwischen staatlicher solidarischer Vorsorge, die durch Umlagesysteme gesichert wird, und privatwirtschaftlicher Versorgung im Wege der Kapitaldeckung. Danach tendieren Deutschland und Frankreich klar zu einer Priorisierung öffentlicher Altersversorgung. Schweden zeigt eine stärkere Orientierung hin zu einem Mischmodell, in dem eine verpflichtende private Vorsorge stärker zum Tragen kommt. Dabei achtet der Staat allerdings weiterhin durch gesetzliche Flankierung und soziale Ansprüche darauf, dass es wenig Altersarmut gibt.
Auch die Niederlande setzt vermehrt auf Formen obligatorischer privatwirtschaftlicher Vorsorge. Dabei wurde ein radikaler Schritt umgesetzt. Die staatliche Leistung stellt nur noch einen Minimalanspruch für jeden im Land Wohnenden dar. Die betriebliche Altersversorgung wurde obligatorisch. In der Folge liegt der Schwerpunkt der Altersleistungen in diesem Segment.
Die Schweiz
stellt eine Art Hybrid dar. Durch die solidarische Finanzierung der
gesetzlichen Leistungen ohne Beitragsbemessungsgrenze wird ein starkes soziales
Zeichen gesetzt. Das Schweizer System weist aber auch vermehrt Elemente einer
verpflichtenden privaten Vorsorge auf. Die Regelungen in der betrieblichen
Altersversorgung gereichen aber vor allem den Besserverdienern zum Vorteil. (mho)