Deutscher Immobilieninvestmentmarkt: Die Talsohle scheint erreicht

08.04.2024

Foto: Copyright Tiberius Gracchus - stock.adobe.com

Am deutschen Immobilieninvestmentmarkt wurden in den ersten drei Monaten 2024 knapp 6,1 Milliarden Euro investiert. Das weiterhin schwache Marktumfeld bedingte einen Rückgang des Transaktionsvolumens gegenüber dem Vorjahresquartal um 16 Prozent. Und auch Portfoliotransaktionen verzeichneten einen stärkeren Rückgang (minus 24 Prozent) als Einzeltransaktionen (minus 13 Prozent). Dennoch fanden 13 Transaktionen oberhalb der 100 Millionen Euro-Marke statt – und damit sogar eine mehr als im ersten Quartal 2023. Eine Trendwende?

Deutlich erhöht hat sich der Anteil des Value-add-Segmentes, auf das im ersten Quartal 2024 rund ein Drittel des Transaktionsvolumens entfiel, während es im Vorjahr ein Fünftel war. Weniger wurde im Core- und Core-Plus-Segment gekauft (54 Prozent oder 3,3 Milliarden Euro), wobei die Anleger hier den Fokus – anders als im Vorjahr – stärker auf Core-Produkt als auf Core-Plus-Produkt richteten. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE. „Der deutsche Immobilieninvestmentmarkt blieb im ersten Quartal zurückhaltend, wenngleich einige Assetklassen wie Büro, Logistik, Einzelhandel und Hotel im Vorjahresvergleich zulegen konnten. Ein weiteres positives Signal war ein – zumindest vorläufiges – Ende des Anstiegs der Spitzenrenditen“, sagt Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE in Deutschland. „Auch gesamtwirtschaftlich dürfte das erste Quartal 2024 noch einmal rückläufig gewesen sein. Aber es zeigen sich Silberstreifen am eingetrübten Konjunkturhimmel“, sagt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland.

So zeigte sich der ifo Geschäftsklimaindex im März in allen vier Wirtschaftsbereichen wieder etwas positiver – auch im Bausektor. Ebenfalls konnte sich der Index der ZEW-Konjunkturerwartung im März erneut verbessern. Einzelhandel vor Logistik und Büro Einzelhandelsimmobilien, getrieben durch die Münchner Transaktionen Fünf Höfe und Maximilianstraße 12-14, deren Handelsanteil sich auf fast eine halbe Milliarde beläuft, standen mit 1,66 Milliarden Euro oder 27 Prozent des Transaktionsvolumens im Fokus, gefolgt von Logistikimmobilien mit 1,5 Milliarden Euro (24 Prozent) und Büroimmobilien mit 1,3 Milliarden Euro (22 Prozent). Diese drei etablierten Assetklassen sowie der Hotelsektor verzeichneten ein höheres Investmentvolumen als noch im ersten Quartal 2023. Insbesondere Wohnimmobilien (ab 50 Einheiten) und Gesundheitsimmobilien sahen deutliche Rückgänge und erreichten nur den vierten Platz (Wohnen) beziehungsweise nach Entwicklungsgrundstücken und Hotelimmobilien, den siebten Platz (Gesundheitsimmobilien). München durch Großtransaktionen vor Berlin Auf die Top-7-Standorte entfielen mit fast 2,9 Milliarden Euro rund 47 Prozent des Gesamtvolumens, einen Prozentpunkt mehr als im ersten Quartal 2023. Im Vergleich zum gesamtdeutschen Markt fiel der Rückgang zum Vorjahr mit minus 13 Prozent marginal geringer aus. München eroberte sich mit einem im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich um 72 Prozent gestiegenen Investmentvolumen von gut 1,2 Milliarden Euro den Spitzenplatz von Berlin zurück. Maßgeblich waren dafür die Großtransaktionen der Fünf Höfe und der Maximilianstraße 12-14, die beide von Privatanlegern erworben wurden, verantwortlich. Berlin musste im Vorjahresvergleich einen deutlichen Rückgang des Transaktionsvolumens um 55 Prozent auf 745 Millionen Euro verzeichnen. Es folgen Hamburg mit 373 Millionen Euro (plus 49 Prozent) und Düsseldorf mit 349 Millionen Euro (plus zehn Prozent). In Frankfurt und Köln ging das Transaktionsvolumen um jeweils rund ein Drittel auf 132 Millionen Euro bzw. 44 Millionen Euro zurück. Im Stuttgarter Stadtgebiet fand im ersten Quartal keine institutionelle Transaktion statt.

Spitzenrenditen seit Jahresende 2023 stabil

Die Nettoanfangsrenditen im Prime-Segment in allen Assetklassen blieben seit dem Jahresendquartal 2023 stabil. Für erstklassige Büroimmobilien in den Top-Lagen der sieben Investmentzentren liegt die Spitzenrendite im Durchschnitt bei 5,01 Prozent, für innerstädtische Geschäftshäuser in 1A-Lage bei 4,84 Prozent. Modernste Logistikimmobilien liegen weiterhin bei 4,30 Prozent. Für Mehrfamilienhäuser erhöhte sich der Durchschnittswert der Top-7-Standorte im Vergleich zum Jahresende 2023 marginal um 0,05 Prozentpunkte auf 3,39 Prozent. „Wir erwarten eine sich verfestigende Bodenbildung bei den Renditen und in den kommenden Monaten auch eine Stabilisierung“, sagt Klein.

Privatinvestoren bestimmten das Marktgeschehen

Stärkste Nettokäufer waren Privatinvestoren und Family Offices, deren Käufe die Verkäufe um rund 870 Millionen Euro überstiegen, gefolgt von Immobiliengesellschaften (plus 430 Millionen Euro) und der öffentlichen Hand (plus 352 Millionen Euro). Auf Verkäuferseite, neben den natürlicherweise verkaufsstarken Projektentwicklern, stießen insbesondere offene Immobilien- und Spezialfonds Immobilien ab, während sie weniger kauften. Internationale Investoren investierten knapp 2,4 Milliarden Euro am deutschen Immobilienmarkt und zeichneten damit für rund 39 Prozent des Gesamtvolumens verantwortlich, gleichauf mit dem Vorjahreswert. Insbesondere bei Logistikimmobilien waren Akteure aus Asien, Nordamerika und dem europäischen Ausland im Rahmen von Portfoliodeals aktiv. Ausblick auf den weiteren Jahresverlauf „Die Inflation ist hierzulande weiter rückläufig. So wird die Inflationsrate in Deutschland im März 2024 voraussichtlich 2,2 Prozent betragen – der niedrigste Wert seit April 2021. Zwar erwarten wir für die nächste Tagung der Europäischen Zentralbank im April noch keine Zinssenkung – ein erster entsprechender Schritt wird vom Markt jedoch für die darauffolgende Sitzung im Juni erwartet. Der weiterhin vorsichtige Ton der Europäischen Zentralbank bestätigt unsere Meinung, dass die Zinssenkungen nicht vor dem Sommer beginnen werden. Die Europäischen Zentralbank ist nach wie vor besorgt über die anhaltende stabil hohe Inflation.“, erklärt Linsin. „Dementsprechend erwarten wir im zweiten Quartal weiterhin eher verhaltene Aktivitäten am Immobilieninvestmentmarkt, wenngleich wir bereits größere Einzeltransaktionen und Portfolios in der Vermarktung beziehungsweise in der Vorbereitung für eine Ansprache am Markt sehen. Zunehmend wird es zu Notverkäufen kommen, da es weiterhin Akteure, Immobilien und Portfolios gibt, die anderweitig nicht refinanziert werden können. Für das Gesamtjahr rechnen wir weiterhin mit einem Transaktionsvolumen bei Wohn- und Gewerbeimmobilien von bis zu 35 Milliarden Euro“, sagt Klein. (ah)