Der Tanz mit der Kurve

21.04.2020

Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock / Foto: © BlackRock

Die DACH-Region steht bisher in der Coronavirus-Krise vergleichsweise gut da. Mit bisher 55 Sterbefällen pro Million Einwohner in Deutschland und 50 in Österreich hat die Epidemie in unserer Region Stand heute einen milderen Verlauf gehabt als anderswo.

„In der Schweiz liegt die Zahl mit 161 zwar deutlich höher, allerdings dürfte hier die Nähe zum schwer getroffenen Norditalien und ein entsprechender zeitlicher Vorlauf zu Buche schlagen, außerdem haben die Schweizer Gesundheitsbehörden mit 25.600 PCR-Tests pro Million Einwohner auch noch intensiver getestet als Deutschland (20.600) und Österreich (19.900). Um wieviel weniger tragisch die Krise aber bisher in der DACH-Region verläuft, wird mit Blick auf unsere südwestlichen Nachbarn deutlich. Frankreich, das mit 7.100 Tests pro Million Einwohner bisher vergleichsweise wenig Fälle erfasst zu haben scheint, registriert bis heute bereits mehr als 302 Verstorbene, Italien und Spanien bei rund dreimal so hohen relativen Testquoten sogar respektive 391 und 427 pro Million Einwohner. Positiv scheinen sich die schon früh umgesetzten Lockdown-Maßnahmen bei unseren östlichen Nachbarn in Polen auszuwirken. Dort sind bisher „nur“ zehn Sterbefälle pro Million Einwohner zu beklagen, bei allerdings verhalten angelaufenen Tests (5.400 pro Million).

Angesichts der abgeflachten Infektionskurve und einer auf deutlich unter eins gesunkenen Reproduktionszahl hat vor allem in Deutschland die öffentliche Debatte um die richtige Exit-Strategie in den letzten Tagen an Schärfe zugenommen. Diese Debatte ist für Volkswirtschaft und Märkte hoch relevant, denn die Dauer des Lockdowns bestimmt den kumulierten Verlust an Output und Nachfrage, während aus Investorensicht die Frage nach eventuellen Folgeschäden, etwa für den mittelfristigen Wachstumsausblick, entscheidende Bedeutung besitzt. Zurzeit scheinen zwei Strategien die besten Chancen auf Umsetzung zu haben.

Da ist zum einen die „Hammer and Dance“-Strategie, bei der angesichts abflachender Infektionszahlen die Shutdown-Maßnahmen (also der „Hammer“, unter dem die Wirtschaft leidet) frühzeitig, aber vorsichtig gelockert werden, um sie schnell bei Anzeichen wieder steigender Ansteckungszahlen erneut hochfahren zu können. Dieser „Tanz mit der Kurve“ mit dem Ziel, Neuinfektionen zu jeder Zeit unterhalb der Kapazitäten der Intensivmedizin zu halten, wäre dann bis zum Vorliegen eines Impfstoffs durchzuhalten, im Zweifel also noch rund ein Jahr. Der Nachteil dieser Strategie besteht darin, dass für diesen langen Zeitraum die wirtschaftliche Aktivität gewissermaßen nur mit Handbremse laufen könnte.

Welche Nachteile diese Strategie mit sich bringt und welche Folgen für Investoren zu erwarten sind, lesen Sie auf Seite 2