Der Sündenfall in der Tech-Branche?

24.06.2020

Foto: © beeboys - stock.adobe.com

Der Wirecard-Skandal hat Zweifel an der Erfolgsstory der gesamten deutschen Technologie-Branche aufkommen lassen. Doch ist nicht jedes Unternehmen ein Fall „Wirecard“, wie Kurt Cruickshank und Jamie Mills O’Brien, die Fondsmanager des Aberdeen Standard SICAV I - German Equity Fund, in einem Kommentar zum deutschen Technologiesektor am Beispiel ihrer Favoriten aufzeigen:

„Der deutsche Technologiesektor wurde von den Ereignissen rund um Wirecard und dem damit verbundenen drastischen Einbruch des Aktienkurses des Unternehmens erschüttert. Ursache waren Vorwürfe, die Gewinne wichtiger Tochtergesellschaften seien in betrügerischer Weise aufgebläht worden. Wir selber haben die Aktie in unserem Aberdeen Standard SICAV I - German Equity Fund bereits im Juni 2019 aufgrund von Zweifeln an der Governance verkauft. Diese Entwicklungen sollte jedoch nicht den Blick auf den beeindruckenden Wandel, den der Sektor im vergangenen Jahrzehnt durchlaufen hat, verstellen. Dabei verfügen einige unserer Technologie-Engagements über starke Wettbewerbspositionen in wachsenden Märkten, was für eine solide und attraktive Cashflow- und Gewinnentwicklung im Laufe der nächsten fünf bis zehn Jahre spricht. Zwar sind wir uns bewusst, dass Berlin so bald nicht zur Westküste der USA aufschließen dürfte. Dennoch sollten insbesondere Scout24, Zalando und Delivery Hero als drei „Technologie-Sterne“ am deutschen Markt nicht unerwähnt bleiben.

Scout24 ist unseres Erachtens der attraktivste Kleinanzeigenanbieter weltweit. Als dominierendes Immobilienportal in Deutschland zeichnet sich das Unternehmen durch solide Cashflows sowie eine äußerst attraktive Eigenkapitalrendite aus. Die etablierten Beziehungen zu Maklern bieten zusätzliche Monetarisierungsmöglichkeiten. Wir sind daher zuversichtlich, dass das Unternehmen auch in Zukunft zweistellige Erträge erwirtschaften wird. Im Online-Handel profitiert Zalando in hohem Maße vom Wachstum des E-Commerce innerhalb der Branche, welche auch die Umstellung des Unternehmens auf ein Plattformmodell beschleunigt. Dies ermöglicht es Zalando, seine Lagerbestände zu verringern und gleichzeitig höhere sowie robustere Gewinnmargen zu erzielen. Das Ertrags- und Cashflow-Potenzial des Unternehmens dürfte im Zuge des Übergangs zu diesem kapitalschonenderen Modell unseres Erachtens deutlich zunehmen. Delivery Hero ist einer der weltweit größten Lebensmittellieferdienste und verfügt über eine starke Stellung an einigen der im globalen Vergleich attraktivsten Märkte in diesem Bereich, darunter Südkorea und der Nahe Osten. Dies sind Länder und Regionen mit in der Regel gut etablierter Take-Away-Kultur und hoher Bevölkerungsdichte. Delivery Hero ist in diesen Regionen der dominierende Marktführer, was Mitbewerbern den Markteintritt deutlich erschwert und gleichzeitig mit einer sehr hohen operativen Wirtschaftlichkeit einhergeht.

Dies sind drei Unternehmen, die von kompetenten und zuverlässigen Managementteams geführt werden, welche unserer Auffassung nach über die Fähigkeiten verfügen, sich diese umfangreichen und attraktiven Marktchancen zunutze zu machen. Sie stellen überdies eine eindringliche – und möglicherweise notwendige – Erinnerung daran dar, dass auch Deutschland in der Lage ist, global führende Technologiefirmen hervorzubringen. Wir sind zuversichtlich, dass diese Dynamik bis weit in die Zukunft Bestand haben wird und halten die langfristigen Aussichten für den deutschen Technologiesektor für attraktiv.“ (ah)