Der Preis ist nicht alles

06.06.2018

Für viele Firmenkunden von Versicherer ist der Preis nur eines von vielen Kriterien / Foto: ©- stock.adobe.com

Viele Versicherer schätzen die Gründe für Kundenloyalität falsch ein. Dem Preis kommt dabei nur eine Basisrolle zu. Um Kunden langfristig zu binden, müssen Versicherer hingegen schon mehr aufbieten. Einige Versicherer haben dies bereits erkannt und bieten entsprechende Angebote.

Die aktuelle Studie „Uncovering the Elements of Value in Commercial Insurance” zeigt, dass viele Versicherer derzeit den Wettbewerb um Firmenkunden vor allem über den Preis austragen. Als Gründe hierfür nennt die Studie, dass es in diesem Bereich wenig Kundenkontakt, viele Anbieter am Markt und eine starke Stellung der Makler gebe. Die meisten Kunden würden zwar erklären, dass Risikobegrenzung und Preis für sie die entscheidenden Punkte, nach dem sie ihren Versicherer auswählen würden. Jedoch zeigt das Handeln der Kunden, dass auch Kriterien wie Produktqualität, Expertise und Erreichbarkeit von großer Bedeutung sind.

„Die Angebote von Versicherungen ähneln sich auf den ersten Blick, so dass viele Kunden vor allem auf die Risikoabdeckung und den Preis achten“, erklärt Dr. Christian Kinder, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Versicherungen im deutschsprachigen Raum. „Gelingt es den Anbietern aber, während und nach dem Vertragsabschluss einen Mehrwert zu bieten, rücken andere Kriterien in den Vordergrund.“

Versicherer haben vielfältige Handlungsoptionen

Welche Faktoren den Wert einer Dienstleistung oder eines Produkts ausmachen, hat Bain in einer Pyramide systematisiert, deren Aufbau sich an der Maslowschen Bedürfnispyramide orientiert. Die Bain-Pyramide wurde auf Basis von quantitativen und qualitativen Analysen über drei Jahrzehnte hinweg erstellt. Aspekte wie ein akzeptabler Preis befriedigen demnach lediglich Grundbedürfnisse der Kunden. Erst mit weiteren Aspekten wie hoher Reaktionsgeschwindigkeit und individuellem Mehrwert für den jeweiligen Kunden, etwa indem er in ein Netzwerk eingebunden wird, gelingt es Versicherern, Kunden langfristig an sich zu binden. Versicherungsunternehmen könnten durch einen spürbaren Mehrwert auch die Marktmacht und die Kundennähe der Makler herstellen und damit die wohl größte Hürde für eine tiefe Firmenkundenbeziehung herstellen. So verlässt sich laut der Bain-Studie die Hälfte der Kunden auf die Wechselempfehlungen des Maklers. Dies hängt vor allem mit der Komplexität der Materie zusammen. Wenn der Kunde den Mehrwert seines Versicherers über das reine Produkt hinaus erkannt, steigt dessen Loyalität und die Wechselbereitschaft sinkt somit.

Auf diesen Aspekt setzen die Vorreiter der Brachen. Beispielsweise bietet die Zurich Insurance Group mit ihrem „Risk Advisor“ Unternehmen die Möglichkeit, Risiken selbst einzuschätzen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Chubb/ACE hingegen bietet ein internetbasiertes Portal zur Schadensverfolgung. Die Kunden haben jederzeit den Überblick über den Stand der Bearbeitung von Schäden und können zudem über ein Dashboard die Kosten von Risiken kalkulieren.

Digitalisierung schafft neue Ansatzpunkte für Werttreiber

Laut der Studie sind die Schadensverfolgung sowie die fortlaufende Risikobegrenzung und Risikobewertung dafür prädestiniert, die Kundenloyalität zur steigern.

An diesen Interaktionspunkten – wenn sie gelungen sind – nimmt die mit dem Net Promoter Score® (NPS®) von Bain gemessene Loyalität besonders stark zu. Gleichzeitig verhelfen digitale Technologien den Versicherungen zu noch mehr Kundenorientierung.

„Viele Versicherer haben im Firmenkundengeschäft damit zu kämpfen, dass die Kunden ihre Produkte für austauschbar halten“, betont Dr. Henrik Naujoks, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Financial Services in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika. „Mit digitalen Innovationen und Mehrwertdiensten können sie einen erkennbaren Zusatznutzen für die Kunden schaffen, deren Loyalität stärken und sich so nachhaltig vom Wettbewerb abheben.“ (ahu)

www.bain.de