Der Postbank Wohnatlas 2024

13.05.2024

Foto: © Sophie Otto - Pexels

Der diesjährige „Postbank Wohnatlas“ – unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) – prognostiziert weiterhin sinkende Preise für Eigentumswohnungen in mehreren Regionen Deutschlands in den kommenden 11 Jahren. In rund 40 % aller 400 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte fallen die Preise für Eigentumswohnungen real und liegen bis 2035 um mindestens 2 % unter dem heutigen Niveau. In jedem 8. Gebiet stagnieren die Preise zwischen -0,15 und +0,15 % pro Jahr. Das entspricht einer absoluten realen Preisveränderung gegenüber heute zwischen +1,8 % und -1,8 %.

Auch in den kommenden Jahren wird es am deutschen Immobilienmarkt Regionen geben, in denen Immobilienbesitzer und -besitzerinnen mit einem realen Wertzuwachs rechnen können. Reale Preiszuwächse sagen die Prognosen für weite Teile des südlichen und nordwestlichen Raums, die Big 7 und ihr Umland sowie weitere Großstädte und Ferienregionen vorher. Leicht sinkende oder stagnierende Preise werden in ländlich geprägten Regionen im westlichen Mitteldeutschland erwartet. Stärkere Preiseinbrüche prognostizieren die Fachleute für den ländlichen Raum der ostdeutschen Bundesländer abseits der Großstädte und des Großraums Berlin.

In den vergangenen zwei Jahren gab es vor allem sinkende Preise den Markt für Wohnimmobilien in Deutschland und die Prognose geht weiterhin von Stagnation aus. Doch das gilt nicht für alle Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland gleichermaßen. In wachsenden Regionen mit hohen Anteilen jüngerer, gutverdienender Erwerbstätiger an der Bevölkerung dürfen Käufer und Eigentümer von Wohnungen bis 2035 mit Wertzuwächsen rechnen. Fast durchgehend gute Rahmenbedingungen für Wohnimmobilien finden Eigentümer und Kaufinteressierte in vielen Großstädten und ihrem Umland. Auch in den Flächenländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein steigen die Kaufpreise im Durchschnitt über alle Regionen ebenso wie in den beiden Stadtstaaten Berlin und Hamburg bis 2035 real an.

Unter den Big Seven der deutschen Metropolen wird der stärkste Preisanstieg erneut in München erwartet. Der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen in Deutschlands derzeit teuerster Großstadt wird nach Berechnungen der HWWI-Fachleute bis 2035 jährlich real nochmals um fast 2 % wachsen. In Hamburg, der derzeit zweitteuersten Stadt unter den Big 7, verläuft die Preisentwicklung demgegenüber deutlich moderater. In der Hansestadt können Besitzer von Eigentumswohnungen mit einem Wertzuwachs von 0,43 % pro Jahr bis 2035 rechnen.

Demografischer Wandel spielt eine große Rolle

Im Rahmen der Kaufpreisprognose für die 400 kreisfreien Städte und Landkreise werden Angebots- und Nachfrageentwicklungen auf Basis verschiedener Regionaldaten zur Bevölkerungs- und Altersstruktur, Haushaltsgröße, Einkommensentwicklung sowie zu Wohnausgaben und Wohnungsangebot modelliert. Das HWWI-Wohnungsmarktmodell vollzieht nach, wie sich diese Faktoren wechselseitig beeinflussen. Am Ende der Modellrechnung steht die Kaufpreisprognose für den Zeitraum 2023 bis 2035. Ausgewiesen wird der durchschnittliche jährliche reale Preistrend.

„Langfristig werden die Wertentwicklungen auf dem Immobilienmarkt vor allem durch die demografischen sowie die wirtschaftlichen Entwicklungen der jeweiligen Regionen bestimmt. In Städten und Gebieten mit starkem Zuzug, vielen Arbeitsplätzen und steigenden Löhnen bleiben Eigentumswohnungen begehrt und die Preise ziehen künftig an“, erklärt Manuel Beermann, Leiter Produktmanagement Immobilien der Privatkundenbank in Deutschland.

Big 7 weiter begehrt

Die Big 7 und ihr Umland bleiben für Anleger und Selbstnutzer attraktiv. Das liegt unter anderem an den erwarteten Bevölkerungszuwächsen. Für Frankfurt am Main prognostizieren die Wissenschaftler einen Zuwachs von rund 4,8 % bis 2035. Für Berlin liegen die Erwartungen bei rund 3,8 %. Es folgen Hamburg mit gut 3,3 % und Stuttgart mit 2,6 %. Neben der demografischen Entwicklung wird hier auch die erwartete Einkommensentwicklung die Kaufpreise treiben. Das verfügbare Einkommen der Haushalte wird real in allen sieben Metropolen bis 2035 steigen. Die stärksten Zuwächse sagen die Fachleute in München mit real 2,7 % und Frankfurt mit real 2,5 % pro Jahr vorher. Für Berlin berechnen die Fachleute Einkommenszuwächse von 1,7 % pro Jahr. Bevölkerungszuwächse und steigende Haushaltseinkommen befeuern die Wohnnachfrage und treiben die Preise in den zentralen Lagen nach oben, da vielerorts das Wohnangebot weit hinter der Nachfrage zurückbleibt.

Jenseits der größten Metropolen wird das insgesamt größte Bevölkerungswachstum mit mindestens 6 % bis 2035 in den bayrischen Landkreisen Dachau, Erding, Ebersberg und der kreisfreien Stadt Landshut erwartet. Auch die Städte Leipzig (5,7 %), Potsdam (5,1 %) und Augsburg (5 %) liegen in den Top 10 mit den größten erwarteten Bevölkerungszuwächsen.

Alternativen für Kaufinteressierte

Die positiven Entwicklungen in der Bevölkerung haben einen großen Einfluss auf die prognostizierten Immobilienpreise. Für Leipzig rechnen die Fachleute deutschlandweit mit den stärksten realen Preiszuwächsen; sie werden voraussichtlich bis 2035 jährlich real bei 2,2 % liegen. Die künftige Preisdynamik bis 2035 in der sächsischen Metropole ist damit sogar höher als in Deutschlands teuerster Stadt München (1,8 %). Auf dem zweiten Platz der Regionen mit den größten prognostizierten Preiszuwächsen liegt die Stadt Potsdam im Umland von Berlin mit rund 2 %. Für die kreisfreie Stadt Landshut im Alpenvorland, den Landkreis Dachau in der Metropolregion München und den Bodenseekreis können Wohnungsbesitzer*innen ebenfalls mit einem höheren Preiswachstum rechnen als in der teuren bayerischen Metropole München.

„Hohe Preise im Stadtgebiet in Kombination mit mehr Homeoffice-Möglichkeiten haben die Attraktivität des Umlands nochmals erhöht. Das zeigen die Beispiele Dachau und Potsdam, in denen sogar stärkere Preiszuwächse als in den nahegelegenen Metropolen München und Berlin prognostiziert werden“, so Beermann. „Jenseits der Speckgürtel der Big Seven ist vor allem Leipzig deutlich beliebter geworden. Die Stadt führt das Ranking der bis 2035 prognostizierten Immobilienpreissteigerungen an, liegt auf Platz 5 beim erwarteten Bevölkerungswachstum und auf Rang 2 bei den vorhergesagten Einkommenszuwächsen. Hier finden sich noch zahlreiche Stadtteile, die gute Wohnqualität mit noch relativ erschwinglichen Kaufpreisen und einem prognostizierten Wertzuwachs kombinieren.“

Nachholeffekte für Leipzig

Für Leipzig wirken in den kommenden Jahren noch Nachholeffekte bei den Immobilienpreisen. In der sächsischen Metropole liegen sie mit rund 3.300 Euro / qm noch deutlich unter denen der nächstgrößeren Städte Düsseldorf und Stuttgart (5.000 und 4.900 Euro) sowie unter denen im Alpenvorland sowie München und dessen Umland. Die Dominanz der bayerischen Landkreise und Städte in den Top-Ten mit den größten realen Preiszuwächsen pro Jahr hat in der diesjährigen Prognose abgenommen. Dort sind die Preise für Eigentumswohnungen bereits auf extrem hohem Niveau angekommen. Neben Leipzig gehört auch der Landkreis Lüneburg in Niedersachsen zu den Aufsteigern im Ranking der erwarteten Preisentwicklung bis 2035. Der Landkreis Lüneburg mit seiner gleichnamigen Kreisstadt, einer Hanse- und Universitätsstadt mit historischem Kern, gehört zur Metropolregion Hamburg. Derzeit liegen die Preise im Durchschnitt des Landkreises Lüneburg für Eigentumswohnungen bei knapp über 3.500 Euro / qm, sollen sich laut HWWI-Prognose jedoch bis 2035 besonders dynamisch entwickeln. „Der Landkreis Lüneburg mit seiner attraktiven Mittelstadt und Verkehrsanbindung an eine Metropole ist ein Beispiel für potenzielle Investitionschancen: Vergleichsweise moderate Preise mit Aussicht auf Wertsteigerungen in den kommenden Jahren“, meint Manuel Beermann. „Heute müssen Kaufinteressierte genauer hinsehen, um Objekte in Regionen mit positivem Preistrend zu finden. Im Einzelfall sollten angehende Immobilienbesitzer Ausstattung, Lage und Renovierungsstand der Immobilie genau betrachten – und sich im Zweifelsfall den Rat von Fachleuten einholen. Dies gilt mit Blick auf die energetischen Standards umso mehr.“

Die Studie zeigt aber auch, dass die Preise nicht nur in den oben genannten Regionen sowie den Big Seven künftig anziehen, sondern auch für weitere Großstädte sowie Landkreise jährliche Preiszuwächse bis 2035 erwartet werden können. Unter den kreisfreien Städten mit mehr als 100.000 Einwohner*innen prognostizieren die Fachleute neben den bereits genannten Großstädten auch für Dresden (Sachsen), Regensburg (Bayern), Münster (Nordrhein-Westfalen), Ingolstadt und Augsburg (Bayern), Jena (Thüringen), Freiburg im Breisgau (Baden-Württemberg), Mainz und Trier (Rheinland-Pfalz) sowie Kiel (Schleswig-Holstein) positive reale Preisentwicklungen von mehr als 1 % pro Jahr.

Eigentumswohnung auch bei negativem Preistrend?

Käufer und Besitzer drohen hingegen Wertverluste bei Immobilien in strukturschwachen Regionen mit sinkenden Bevölkerungszahlen. Deutliche Bevölkerungsrückgänge werden für viele Regionen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen erwartet. Da dort gleichzeitig die Bevölkerung überdurchschnittlich altert, werden die Kaufpreise in Folge stark sinken. In den ostdeutschen Bundesländern ist insbesondere der ländliche Raum betroffen. Eigentumswohnungen in der Stadt Suhl (Thüringen) und im Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) werden von allen deutschen Regionen voraussichtlich am stärksten an Wert verlieren. Unter den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern wird laut Prognose vor allem die Stadt Remscheid (Nordrhein-Westfalen) trotz ihrer Nähe zur Big-Seven-Metropole Düsseldorf von Preisrückgängen betroffen. Weiterhin gehören die Ruhrgebietsstädte Hagen, Herne, Gelsenkirchen, Mülheim an der Ruhr und Bochum zu den Großstädten mit den höchsten erwarteten realen Wertverlusten bis 2035. Für Würzburg (Bayern), Heilbronn (Baden-Württemberg), Salzgitter (Niedersachsen) und Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) werden ebenfalls deutliche reale Preisrückgänge erwartet.

Weitgehend stagnierende Preise für Eigentumswohnungen prognostizieren die Fachleute des HWWI für viele Regionen in Westdeutschland. Im südlichen Teil liegen bayerische Städte und Landkreise wie Bayreuth oder Passau, das rheinland-pfälzische Kaiserslautern oder das baden-württembergische Baden-Baden. Im Norden sind beispielsweise das schleswig-holsteinische Neumünster und das niedersächsische Delmenhorst zu finden. In Hessen gehören der Landkreis Marburg-Biedenkopf und in Nordrhein-Westfalen die Stadt Bielefeld und der Rheinisch-Bergische Kreis dazu.

„Kaufinteressierte sollten beachten, dass die Prognosen jährliche Durchschnittswerte für die gesamte betrachtete Region wiedergeben. Je nach Anbindung, Lage und Ausstattung können sich im Einzelfall deutliche Abweichungen von den Durchschnittswerten ergeben“, so Beermann. „Wer keine Wertanlage sucht, sondern langfristig ein Eigenheim für die Familie selbst nutzen will, kann sich auch in Regionen mit stagnierenden oder leicht sinkenden Preisen den Traum erfüllen. Abbezahlte Immobilien können ein wichtiger Baustein für die Altersvorsorge sein.“ (ml)