Der "perfekte Inflationsschutz"

20.07.2021

Werner Krämer - Foto: © Lazard Asset Management Deutschland

Inflation ist aktuell eines der bestimmenden Themen. Doch wie kann man sich als Anleger dagegen wappen, speziell im Anleihensegment? finanzwelt sprach mit  Werner Krämer, Geschäftsführer & Economic Analyst bei Lazard Asset Management Deutschland.

finanzwelt: Herr Krämer, warum sind inflationsgeschützte Anleihen im jetzigen Marktumfeld möglicherweise ein geeignetes Instrument? Werner Krämer: An den Kapitalmärkten hat das Thema „Inflation“ in diesem Jahr alles andere dominiert. Einerseits hat die extrem expansive Geld- und Fiskalpolitik seit Beginn der Pandemie im März 2020 zu einer gewollten Reflationierung der Weltwirtschaft geführt, die sich naturgemäß nicht nur in einer Erholung des Sozialprodukts, sondern auch in steigenden Preisen manifestiert hat. Andererseits führten einige Basiseffekte wie die Einführung einer CO2-Steuer in Deutschland, geänderte Warenkörbe bei der Ermittlung der Konsumentenpreise oder der explosionsartig gestiegene Ölpreis zu einer (vorübergehenden) Überzeichnung der Inflationsrisiken, so dass die Konsumentenpreiseinflation beispielsweise in den USA den höchsten Stand seit Sommer 2008 erreicht hat. Die Hauptsorge der Märkte ist gegenwärtig, dass dieses Inflationsrisiko nicht nur vorübergehend besteht, sondern ein größeres strukturelles Problem beinhaltet. Daher ist der Wunsch nach strategischem „Inflationsschutz“ gerade für Anleger, deren Verpflichtungsseite stark mit der Inflationsseite schwankt, von fundamentaler Bedeutung. Inflationsindexierte Anleihen bieten als einzige Vermögensanlage (auf lange Sicht) eine fast perfekte, direkte Absicherung gegen Inflation.

finanzwelt: Welche Charakteristika weisen sie auf? Krämer: Inflationsindexierten Anleihen liegt das Ziel zugrunde, die Kaufkraft der Anleihen durch eine direkte Kopplung der Erträge an die Inflation während der gesamten Laufzeit zu sichern. Linker beinhalten daher zwei Formen der Vergütung: den zu Beginn der Laufzeit fixierten Realzins und zusätzlich einen Ausgleich für den Kaufkraftschwund, der sowohl die Kuponzahlungen als auch den Nominalbetrag der Anleihe schützt. Bei einer inflationsindexierten Anleihe ist der reale Ertrag über die Laufzeit sicher, sofern man sie bis zur Endfälligkeit hält, der nominale Ertrag wird dagegen erst ex post (in Abhängigkeit von der tatsächlichen zukünftigen Inflation) ermittelt. Damit stellt die Assetklasse „Inflationsindexierte Anleihen“ für eine ganze Reihe von Investoren den idealen Proxy für die Vorstellung eines perfekten Inflationsschutzes dar.

finanzwelt: Welches Renditepotenzial ist bei ILB kurz- bis mittelfristig realistisch? Krämer: Die Hauptfunktion von Inflation Linked Bonds im Portfolio ist der (dauerhafte) Inflationsschutz, weniger der kurzfristige Ertrag, der stark von (fast zufälligen) Schwankungen von Realzinsen und kurzfristigen Inflationserwartungen sowie von den Aktivitäten der EZB, die Inflationsgeschützte Anleihen im Rahmen ihrer diversen Wertpapierkaufprogramme erwirbt, abhängt. Generell gesagt erwirtschaften Inflationsindexierte Anleihen auf lange Sicht und in normalen Inflationszeiten ähnliche Erträge wie Nominalanleihen, sind aber in Zeiten sich beschleunigenden Wachstums und steigender Inflationsraten die sich besser entwickelnde Kapitalanlage. Man beurteilt die relative Attraktivität von Linkern im Vergleich zu Nominalanleihen über die sogenannte Break-Even-Inflation. Das ist die Inflationsrate, die über die Laufzeit eines Linkers verglichen mit einer Nominalanleihe gleicher Laufzeit im Durchschnitt auftreten muss, damit der Nominalertrag der beiden Anleihen am Ende gleich hoch ist. Liegen die Inflationserwartungen eines Anlegers höher als die Break-Even-Inflation, sollte er den Kauf einer Inflationsindexierten Anleihe dem Kauf einer Nominalanleihe vorziehen. (ah)