Der herausfordernde Markt

24.07.2024

Foto: © JIRMoronta - stock.adobe.com

Im Jahr 2023 konfrontierte der Immobilienmarkt Käufer mit erheblichen Herausforderungen: Angetrieben durch gestiegene Zinsen, hohe Inflation und wirtschaftliche Unsicherheiten wurde der Erwerb von Immobilien zunehmend anspruchsvoller.

Auch im Jahr 2024 hält Unsicherheit auf dem Immobilienmarkt weiterhin an, obwohl die Bauzinsen im Vergleich zu den Höchstständen aus 2023 leicht gesunken sind. Dennoch scheinen sich inmitten dieser Schwierigkeiten neue Chancen zu eröffnen, besonders hinsichtlich der Verhandlung von Kaufpreisen, da Verkäufer angesichts der veränderten Marktdynamik wieder zu Preisnachlässen bereit sind. Diese Konstellation erfordere eine „umsichtige und strategische Planung, um die sich bietenden Möglichkeiten optimal nutzen zu können“, schlägt Ricardo Tunnissen, ehemaliger Banker und diplomierter Bankbetriebswirt, Finanzblogger und Geschäftsführer bei Baufi Deutschland GmbH, vor. Eine sorgfältige Budgetplanung sei unerlässlich, um geeignete Immobilienangebote auszuwählen. Käufer sollten eine detaillierte Aufstellung ihrer regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben anfertigen, um das verfügbare monatliche Budget realistisch zu bewerten. Auch mögliche zukünftige Einkommensschwankungen und Veränderungen im Lebensumfeld, wie etwa die Familienplanung, müssen berücksichtigt werden, um die langfristige Finanzierbarkeit der Immobilie zu gewährleisten.

Weitere Kosten nicht außer Acht lassen

Die Kaufnebenkosten sind ein oft unterschätzter Bestandteil der Gesamtkosten beim Immobilienkauf. Diese umfassen in Deutschland üblicherweise die Grunderwerbsteuer (3,5 % bis 6,5 % des Kaufpreises, abhängig vom Bundesland), Notar- und Grundbuchgebühren (ca. 1,5 % bis 2 % des Kaufpreises) sowie ggf. Maklergebühren (3 % bis 7,14 %

inkl. MwSt.). Die Kaufnebenkosten können die monatliche Rate erheblich erhöhen, sofern sie nicht aus Eigenkapital finanziert werden. Eine präzise Kalkulation dieser Kosten ist entscheidend, um die Gesamtkosten realistisch einzuschätzen und die Hausfinanzierung auf eine solide Basis zu stellen. Die laufenden Kosten eines Hauses gehen weit über die Darlehensrate hinaus und umfassen beispielsweise Ausgaben für Heizung und Strom, Wasser, Müllabfuhr, Grundsteuer, Gebäudeversicherung und gegebenenfalls Wartungskosten. Diese Posten können monatlich erheblich zu Buche schlagen. „Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, raten wir, vor dem Kauf eine detaillierte Aufstellung aller erwarteten Betriebskosten zu erstellen. Dies hilft dabei, ein umfassendes Bild der monatlichen finanziellen Belastungen zu gewinnen“, erklärt Tunnissen. Um auf unvorhergesehene Ereignisse vorbereitet zu sein, sei das Bilden finanzieller Reserven zwingend erforderlich. Diese Rücklagen tragen dazu bei, in Notfällen wie dringenden Reparaturen oder plötzlichen Einkommensverlusten Flexibilität zu bewahren. „Bei Baufi Deutschland empfehlen wir, zusätzlich zum Kaufpreis und den Nebenkosten mindestens 5 bis 10 % des Kaufpreises als Rücklage zu bilden bzw. als Eigenkapital zur Verfügung stehen zu haben.“

Augen auf beim Immobilienkauf

Die gründliche Besichtigung einer Immobilie sollte niemals unterschätzt werden. Neben der Begutachtung durch den potenziellen Käufer selbst empfiehlt es sich, einen qualifizierten Gutachter hinzuziehen. Dieser kann versteckte Mängel wie Feuchtigkeit, Schimmel, Schädlingsbefall oder Baumängel erkennen, die für Laien oftmals nicht offensichtlich sind. Die Kosten für ein solches Gutachten sind eine Investition in die Sicherheit, zu viel für das Haus zu bezahlen oder später teure Sanierungen finanzieren zu müssen.

Eine der größten Chancen und spannendsten Entwicklung seit Beginn des Jahres 2023: Kaufpreise für Immobilien lassen sich mittlerweile wieder verhandeln. Was in den letzten Jahren nahezu unmöglich war, erweist sich nun wieder als effektiv und auch in der Praxis umsetzbar. Geschickte Verhandlungen können erhebliche Preisnachlässe bewirken. Interessenten sollten vergleichbare Objekte in derselben Region analysieren und dabei Faktoren wie Lage, Zustand und Ausstattung berücksichtigen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einsichtnahme in das Grundbuch und andere Dokumente, um mögliche Belastungen oder Rechte Dritter aufzudecken, die als Verhandlungsgrundlage dienen können. „Wir raten, das Gespräch mit dem Verkäufer offen und sachlich zu führen und dabei eine klare Vorstellung des eigenen Budgets zu haben. Emotionale Argumente sollten vermieden werden; stattdessen sind Fakten und rationale Argumente entscheidend. Das Hinzuziehen eines unabhängigen Gutachters kann ebenfalls sinnvoll sein, um technische Mängel oder Renovierungsbedarfe zu identifizieren, die den Kaufpreis zusätzlich beeinflussen können“, rät der Experte. Indem man Bereitschaft zeige, bei künftigen Kosten oder Übernahmeterminen entgegenzukommen, können oft bessere Konditionen im Hauptverhandlungspunkt erzielt werden. Das rechtzeitige Einreichen aller erforderlichen finanziellen Unterlagen bei Finanzierungsvermittlern stärkt die Verhandlungsposition der Käufer. Es ermöglicht ihnen, bei attraktiven Immobilienangeboten schnell handlungsfähig zu sein, eine sogenannte „vorläufige“ Finanzierungsbestätigung vorzulegen und sich gegenüber Konkurrenten, allein durch Schnelligkeit und Vorbereitung, durchzusetzen.

„Wir empfehlen, alle relevanten Dokumente, einschließlich Einkommensnachweise und Bonitätsunterlagen, frühzeitig vorzubereiten und einzureichen. So kann die eigene Bonität in Ruhe geprüft, mögliche Finanzierungsbausteine besprochen und der finanzielle Rahmen festgelegt werden. Interessenten erhalten dadurch nicht nur schnell eine vorläufige Finanzierungszusage, sondern gewinnen auch an Selbstvertrauen bei der Suche, da sie ihr eigenes Budget kennen und die Sicherheit haben, einen starken Finanzierungspartner an ihrer Seite zu wissen“, so Tunnissens abschließender Rat. (fw)